8. Dezember 2014

Leserbrief

„Eine schöne Bescherung: Schwalbach wird braun“

Zur „braunen Tonnen-Pflicht“ erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer an info@schwalbacher-zeitung.de.

 

In unserem Haushalt betreiben wir als umweltbewusste Bürger seit vielen Jahren Müllvermeidung und Mülltrennung. Wir sortieren den Abfall sorgfältig nach Glas, Papier, Gartenabfällen, Sondermüll, Kunststoffen sowie Restmüll. Doch in der Adventszeit plagt uns wie in jedem Jahr das schlechte Gewissen. Warum? Unsere graue Mülltonne ist das ganze Jahr nur zu zwei Dritteln gefüllt. Ausgerechnet in der besinnlichen Vorweihnachtszeit erhöht sich ihr Füllpegel. Der jahreszeitlich bedingte Konsum an Nüssen, Äpfeln und Kohl führt bei uns alle Jahre wieder zu vermehrtem Bioabfall. Doch naht dieses Jahr Erlösung dank einer ganz tollen Bescherung: Schwalbach wird kurz nach Weihnachten braun.
Denn schon bald werden alle Schwalbacher Haushalte mit der wunderschönen braunen Mülltonne beglückt. Wie mir unsere Bürgermeisterin schriftlich mitteilte, komme Schwalbach dabei nur einer gesetzlichen Pflicht nach. Solche Geschenke dürfe man nicht ablehnen, mahnt sie. Gehorsam und Gesetzestreue sind erste Bürgerpflicht und zudem eine schöne deutsche Tradition. Argumente wie fehlender Bedarf und Abstellplatz finden kein Gehör mehr. Denn auch Kleinhaushalte müssen sich nun fügen. Haben Sie keinen Platz oder Bedarf für die braune Tonne? Dann schaffen Sie welchen!
Zurück zu unserem eigenen Müll-Haushalt: Rund 40 Wochen im Jahr haben wir kaum Bioabfälle, in der übrigen Zeit fallen bei uns mehr Gartenabfälle an, als dass sie eine einsame braune Tonne aufnehmen könnte. Hierbei schafft in Schwalbach der Bauhof in effizienter und bewährter Weise Abhilfe.
Vernunft und Augenmaß scheinen in Zeiten des um sich greifenden Umwelt-Furors eher lästige Tugenden zu sein. Der Bürger wird nicht mehr nach seinem haushaltsspezifischen Bedarf gefragt, sondern als Abfallverursacher erzogen, bevormundet, gegängelt und zwangsversorgt. Ein gut gemeinter Rat zum bevorstehenden Fest des Schenkens: Bitte stellen sie platzraubende Anschaffungen, wie die begehrte Couch-Garnitur oder die ersehnte Werkbank im Keller vorerst zurück. Auch die für das Frühjahr vorgesehene Neugestaltung Ihres Vorgartens sollten Sie sorgfältig abwägen.
Denn in Schwalbach haben nun die Mülltonnen Priorität bei der Platzbeanspruchung. Sollten Sie in Schwalbach noch nicht zu den glücklichen Nutzern der braunen Tonne gehören, dann reservieren Sie in Ihren Wohn- und Kellerräumen oder auf ihrem Grundstück bitte schon jetzt ausreichend Stellfläche. Noch besser: Sorgen Sie bereits heute vor für die nächste Pflicht-Tonne. Das diese kommt, dürfte so sicher sein wie die nächste Erhöhung der Müllgebühren.
Aber alles hat auch seine guten Seiten, zumal wenn Sie einem Kleinhaushalt angehören: Müll vermeiden müssen Sie nun dank der braunen Errungenschaft nicht mehr. Viele Politiker machen das auch nicht, und dies ganz ohne ein schlechtes Gewissen. Die gut meinende Bevormundungs-Bürokratie will beschäftigt werden. Der sogar juristisch abgesicherte Wahnsinn hat nämlich Methode.
Noch ein Insider-Tipp für Platz-Geplagte und Tonnen-Überversorgte: Wenn Sie Ihren Vorgarten nicht mit zusätzlichen Mülltonnen dekorieren wollen oder in Ihren vier Wänden nicht enger zusammenrücken möchten, dann können Sie die schöne braune Tonne nach erfolgter Bescherung gerne im Bürgerbüro der Stadt Schwalbach abstellen. Das Rathaus hat noch einige Stellplätze zu vergeben. Platzreservierungen werden in der Müllberatungsstelle bis Jahresende entgegen genommen.
Vor einigen Tagen wurde ich früh morgens unsanft und schweißnass aus den Schlaf gerissen: Ich hatte von gelben Mülltonnen geträumt. Eine dunkle Vorahnung? Diese Farbe ist mir zumindest sympathischer als braun. Für eine rote Tonne hätte ich übrigens bereits heute Verwendung. Freuen wir uns gemeinsam auf bunte Zeiten in Schwalbach.

Jürgen Vits, Schwalbach

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