Mit den drei Charakterisierungen „Genie, Reformer und Barbar“ hatte Dieter Kunze seinen Vortag über den Architekten „Le Corbusiers“ unterlegt, den er in der vergangenen Woche im gut gefüllten Bürgerhaus hielt.
Dieter Kunze, selbst Architekt, skizzierte das abwechslungsreiche Leben des schweizerisch-französischen Allround-Talents, das immer von sich überzeugt war. Er war Maler. Über 32.000 Skizzen sind von ihm überliefert. Er war aber auch Architekt mit etwa 200 Projekten. Und er war ein Stadtplaner, der mit seinem Konzept der „strahlenden Stadt“ die traditionellen Städte mit der Natur versöhnen wollte. Außerdem war er Poet und Agitator mit über 40 Büchern.
Anhand gut aufbereiteter Beispiele analysierte Dieter Kunze eingehend den besonderen Stil des Architekten und Planers. Er ging auf die Weißenhof-Siedlung in Stuttgart sowie die „Sonnenstadt“ von Marseille ein, ein monströses Gebäude, das in sechsfacher Ausfertigung die gesamte Limesstadt mit etwa 10.000 Einwohnern aufnehmen könnte.
Er berichtete auch über Le Corbusiers Pläne zur Umgestaltung des Zentrums von Paris oder zur Neugestaltung von Algier. Schließlich referierte Dieter Kunze auch über die Gesamtplanung und Gestaltung des Regierungsviertels der indischen Provinzhauptstadt Chandigarh. Bei seinem Vortrag erwähnte er auch die Villa Savoye bei Paris sowie die Kapelle „Notre Dame du Haut“ von Ronchamp, deren Glasfenster der umstrittene Maler und Architekt eigenhändig bemalt hat.
Insgesamt entstand ein recht kritisches Bild des Mannes, der sich immer gut in Szene zu setzen verstand und unerbittlich gegen die Traditionen polemisierte. Es wurde aber auch sehr deutlich, dass seine Architektur, vor allem in den riesigen Wohngebäuden, und seinen Vorstellung der neuen Stadt doch auch unmenschliche und totalitäre Züge trug. red