26. Mai 2015

Schwalbach zahlt Erzieherinnen deutlich mehr und wird trotzdem bestreikt

„Das ist ein verbrieftes Recht“

Eine Abordnung streikender Erzieherinnen übergab am vergangenen Freitag eine Petition an Bürgermeisterin Christiane Augsburger (links), die versprach, sich für die Arbeitnehmerinteressen zu verwenden. Foto: mag

In ganz Deutschland streiken die Erzieherinnen, auch in Schwalbach. Sowohl in Alt-Schwalbach als auch in der Limes-Stadt hält die Stadt einen Notdienst aufrecht. Dabei verdienen die Erzieherinnen in Schwalbach deutlich mehr als die meisten ihrer Kolleginnen in Deutschland.

Nach Angaben von Bürgermeisterin Christiane Augsburger (SPD) bezahlt die Stadt Schwalbach ihr Personal in den Kindertagesstätten und Schulkinderhäusern freiwillig nach der Entgeltgruppe S8, statt wie im derzeit gültigen Tarifvertrag geregelt nach der Entgeltgruppe S6. Eine junge Erzieherin im ersten Berufsjahr erhält so brutto pro Monat 2.478,17 Euro statt 2.366,68 Euro. Bei älteren Kollegen in der Stufe 5, die in Schwalbach monatlich 3.496,91 Euro erhalten, beträgt der Unterschied sogar 388,78 im Monat. Schwalbach liegt damit je nach Altersstufe zwischen fünf und elf Prozent über dem Tarifvertrag. Zentrale Forderung der Gewerkschaft „ver.di“ im aktuellen Tarifkonflikt ist eine Lohnerhöhung von rund zehn Prozent.
Aus Solidarität mit ihren schlechter bezahlten Kollegen streikt der bei „ver.di“ organisierte Teil der Schwalbacher Erzieher trotzdem schon nunmehr in der dritten Woche. Zu einem Gespräch mit der Schwalbacher Zeitung war keiner der Streikenden bereit.
Nach Angaben der Stadtverwaltung befinden sich derzeit 28 der insgesamt 58 Mitarbeiter in den Kitas und Schulkinderhäusern im Ausstand. Mit Notdiensten versucht die Stadt, die Kinderbetreuung halbwegs aufrecht zu erhalten. Doch mittlerweile müssen die ersten berufstätigen Eltern Urlaub nehmen um ihre Kinder selbst zu betreuen.
Christiane Augsburger hat trotzdem großes Verständnis für die Streikenden: „Erfreulich ist so ein Streik natürlich nie. Aber die Forderungen sind ja nicht abwegig“, sagt sie. Außerdem sei es das „verbriefte Recht“ der Mitarbeiter, für ihre Ziele zu streiken.
Ungerecht behandelt fühlt sie sich nicht, weil Schwalbach bestreikt wird, obwohl es schon jetzt deutlich mehr bezahlt. Die Solidarität sei wichtig und außerdem könnten die Stadtverordneten die Schwalbacher Zusatz-Bezahlung ja jederzeit streichen. Am Freitag übergaben ihr einige der streikenden Mitarbeiterinnen eine Petition und die Bürgermeisterin versprach, sich beim Arbeitgeberverband dafür zu verwenden, in der aktuellen Tarifauseinandersetzung auf die Arbeitnehmerinteressen zuzugehen.
Wann die Erzieherinnen wieder die Arbeit aufnehmen, war bei Redaktionsschluss noch offen. Der Streik könnte durchaus noch einige Zeit andauern. Finanzielle Entschädigung können die betroffenen Eltern lediglich beim Essensgeld erwarten. Die Gebühren müssen dagegen trotz Streiks in voller Höhe bezahlt werden. MS

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