Zum Thema Bücherschrank im Bahnhofsgebäude erreichte die Redaktion nachfolgendre Leserbrief von Monika Eckhardt. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.
Bücherschränke sind eine schöne Sache: Des einen abgelegter Schmöker ist des anderen kommende Urlaubslektüre und das kostenfrei, kommunal und offline. Bei der Nutzung des Schwalbacher Bücherschranks stellen sich dem euphorischen Bücherschranknutzer allerdings einige Hindernisse in den Weg. Man kommt an die Schätze nämlich überhaupt nicht ran. Die Tür der ehemaligen Telefonzelle – eigentlich eine schöne Idee – geht nur schwer auf, bleibt nicht von alleine offenstehen, sondern ist genauso schnell eingeschnappt wie ich, als ich den Bücherschrank betrete.
Kurz bevor sich nämlich klaustrophobische Gefühle einstellen, ist man auch schon in Ohnmacht gefallen. Es riecht und zwar nicht heimelig nach Büchern, sondern nach Altpapier; sehr altem Altpapier. Und das fasst mit einem Wort auch den Bestand des Schrankes zusammen. Nachdem ich meine Begleitperson als Türstopper in die Telefonzellentür geklemmt habe, möchte ich nämlich erstmal keine zukünftige Lektüre aussuchen, sondern Gummihandschuhe anziehen und aufräumen. Auf dem Boden stapeln sich Werbeprospekte und zerfledderte Zeitschriften, es sieht aus wie an einem Ort, an dem ich lieber nicht wäre.
Und nach Betrachtung der eingestellten Bücher wird es auch nicht besser: Das neueste Buch stammt aus den 80-er Jahren und das Relevanteste ist eine von Hedwig Courts-Mahlers Herzschmerz-Schmonzetten. Relevant deswegen, weil man beim Betreten dieses stinkigen Altpapier-Schranks nichts als Herzschmerz empfinden kann. Mir reicht es, ich entferne meinen lebenden Türstopper und suche das Weite.
Ein paar Tage später kommt es noch schlimmer: Nach einem Flohmarkt-Samstag sind die Restanten der Standbesucher oder -betreiber offensichtlich einfach in den Bücherschrank gekippt worden. Diesmal steht die Tür weit offen, aber nur deswegen, weil sich eine Ausgabe von „Ernährung mit gesunden Ölen“ darunter verkeilt hat; Jahrgang 1982. Leicht verdaulich geht anders, finde ich.
Aus Büchern lernt man viel und aus Bücherschrankbesuchen offensichtlich auch: Estens bei beschädigten, fleckigen und vergammelten Büchern ist die Grenze zwischen Buch und Altpapier fließend. Zweitens: Obwohl etwas umsonst ist, empfiehlt sich ein respektvoller Umgang. Das schließt auch die Besucher des Schrankes mit ein. Drittens: Ein Bücherschrank sollte keine bequeme Alternative zur Müllentsorgung sein. Monika Eckhardt, Schwalbach
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