14. Juni 2023

Am Kronberger Hang soll ab Herbst ein weiteres Rechenzentrum gebaut werden

Zauneichechsen müssen umziehen

So soll das Rechenzentrum auf der heutigen Brachfläche gegenüber der Aldi-Filiale am Kronberger Hang einmal aussehen. Grafik: DC-Datacenter-Group

Am Kronberger Hang soll ab Herbst ein weiteres großes Rechenzentrum gebaut werden. Auf der seit Jahrzehnten brach liegenden Fläche gegenüber der Aldi-Filiale will die Firma „Data Castle“ ein angeblich „grünes Data Center“ errichten. Als erstes verlieren dafür geschützte Zauneidechsen ihr Zuhause.

Wie „grün“ das Rechenzentrum wirklich wird, ist unklar. Denn auch wenn eine Pressemitteilung vollmundig von einem „Vorzeigeprojekt“ spricht, wird die Energie-Effizienz der Anlage bei Inbetriebnahme nur geringfügig unter den dann geltenden gesetzlichen Grenzwerten liegen. Die entstehende Abwärme soll zwar über eine Schnittstelle „zur Wärmegewinnung“ genutzt werden. Konkrete Vereinbarungen darüber gibt es aber genauso wenig wie eine angebliche Kooperation mit der Stadt Schwalbach über 20 Ladestationen für Elektroautos. Man habe da lediglich „mal drüber gesprochen“, erklärt Bürgermeister Alexander Immisch auf Anfrage der Schwalbacher Zeitung.

Offen ist gar, ob das Rechenzentrum überhaupt so gebaut werden kann, wie es „Data Castle“ und sein Generalübernehmer „DC-Datacenter-Group“ in bunten Animationen darstellen. Denn bis Ende Mai lag noch kein Bauantrag beim Main-Taunus-Kreis vor. Das gemeindliche Einvernehmen für das Projekt hat die Stadt Schwalbach laut Alexander Immisch noch nicht erteilt. Zurzeit wird in Hofheim und Schwalbach wohl über die Details verhandelt.

Fakten sind aber bereits auf dem Grundstück zu sehen. Das wurde bereits im Februar – vorschriftsmäßig außerhalb der Brut- und Setzzeit – weitgehend gerodet. Bevor die Arbeiten aber beginnen können, müssen noch die geschützten Zauneidechsen umgesiedelt werden, die auf dem Areal nahezu ideale Lebensbedingungen vorfinden. Wohin die kleinen Reptilien gebracht werden, will Sonja Philipp, Teamleiterin Marketing bei der „DC-Datacenter-Group“, nicht verraten. Man habe dazu „Vertraulichkeitsvereinbarungen“ unterzeichnet, arbeite aber eng mit dem städtischen Bauamt und der Unteren Naturschutzbehörde zusammen.

Die Stadt Schwalbach erklärt allerdings, dass sie mit der Umsiedelungs-Aktion nichts zu tun hat. Kreissprecher Dr. Johannes Latsch bestätigt, dass die Umsiedlung von einem Fachgutachter durchgeführt wird und mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt ist.

Die Tiere müssen einzeln mit einer Art Mini-Lasso gefangen und dann in ihrem neuen Lebensraum wieder freigelassen werden. Dort sind zum Beispiel kleine Steinhaufen und Totholzhaufen als neue Unterschlüpfe angelegt worden. Das Ganze ist sehr aufwendig und kann Kosten im fünfstelligen Bereich verursachen.

Ausgesucht wurde für die Zauneidechsen vom Kronberger Hang eine Wiese in der Nähe des Schafhofs auf Kronberger Gemarkung. Während die Untere Naturschutzbehörde keine Einwände gegen diese Fläche hat, hält der örtliche Naturschützer Markus Trepte den Ersatzlebensraum für ungeeignet. Er hat dort im Frühjahr „hunderte Zauneidechsen“ beobachtet und fürchtet nun, dass es durch die Neuankömmlinge zu einer Überpopulation kommen wird. Trepte erklärt, dass die Stadt Schwalbach geeignete Ausgleichsflächen besitzt, auf denen noch keine Zauneidechsen leben.

Die Untere Naturschutzbehörde in Hofheim will jetzt den Hinweisen von Markus Trepte nachgehen. Grundsätzlich hätten die Bauherren aber ein Gutachten über die Eignung des Areals in Kronberg vorgelegt. Dass dort bereits Zauneidechsen leben, sei kein Ausschlusskriterium, sondern deute darauf hin, dass dort sehr gute Lebensbedingungen für die Tiere herrschen. MS

 

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