Einer der letzten noch lebende Widerständler gegen die Hitlerjugend und das NS-Regime, Berry Westenberger, las Ende Februar in der „Stadtinsel“ auf Einladung des Bundes Deutscher Pfadfinder (BDP) Main-Taunus und der „Wilden Rose im BDP“ aus seinem Lebenswerk „Wir pfeifen auf den ganzen Schwindel“. Etwa 20 Zuhörer lauschten gebannt den Erzählungen des körperlich gebrechlichen Mannes im Rollstuhl.
Berry Westenbergers Aufgewecktheit und Mutterwitz wirkten wie ein brillantes Feuerwerk. Begeistert berichtete er von der Zeit illegaler Fahrten als Jungenschaftler, immer im Clinch mit dem HJ-Streifendienst, der damaligen Jugendpolizei. Die heimliche Freundesclique flog auf und er – damals Konditorlehrling – fand sich im Frankfurter Gefängnis „Klapperfeld“ wieder und wurde von der Gestapo drangsaliert. Schließlich wurde er entlassen, allerdings direkt zum Militär und fand sich im Krieg in Nordafrika wieder.
Während er für „Führer und Vaterland“ kämpfen musste, wurde seine Mutter als „Halbjüdin“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Von den US-Streitkräften gefangen, fand er sich in einem Kriegsgefangenenlager in Alabama wieder. Auch dort gelang ihm ein Ausbruch, der aber nur von kurzer Dauer war.
Schließlich kam er nach Kriegsende wieder im zerstörten Frankfurt an und traf einige alte Freunde wieder, die nicht im Krieg umgekommen war. Er engagierte sich bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und sah sich in der Adenauer-Ära erneut Bespitzelungen ausgesetzt.
Unpathetisch gab er den jungen Zuschauern bei seiner Lesung in Schwalbach die Botschaft mit, dass es notwendig sei, sich gegen Neonazis zu engagieren und sich immer für den Frieden einzusetzen. Mit 95 Jahren ist er vermutlich einer der letzten noch lebenden Widerständler gegen HJ und NS-Regime.
Als nächste Aktion ruft der BDP zu einer Gedenkwanderung am 26. März in den Bad Sodener Eichwald ein. Dort wurden vor 70 Jahren zwei junge Soldaten als Deserteure erschossen. red