Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten hat die SPD-FDP-Koalition einen Antrag der Opposition abgelehnt, nun unverzüglich das Heizwerkgrundstück in der Adolf-Damaschke-Straße zu kaufen. Im Stadtparlament sorgte das am vergangenen Donnerstag für heftige Diskussionen. Bericht mit zusätzlichem Infomaterial
Nach der CDU im Herbst hatten die Grünen Anfang Februar den Antrag gestellt, dass der Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2012 erneuert werden soll, nachdem der Magistrat über einen Kauf des Grundstücks verhandeln soll. Die Opposition macht Druck, weil die Nassauische Heimstätte als Grundstückseigentümer jetzt endlich bereit ist, das Areal an die Stadt zu verkaufen. Arnold Bernhardt von den Grünen spricht von einer „historischen Chance, einen Geburtsfehler der Limesstadt zu beseitigen“.
Vor fünf Jahren waren sich noch alle Fraktionen mit Ausnahme der FDP einig, dass die Stadt durch einen Kauf des Areals von der Nassauischen Heimstätte in die Lage kommt, mit RWE beziehungsweise dem Nachfolgeunternehmen „Innogy“ über faire Fernwärmepreise zu verhandeln.
Wie berichtet zahlen die Bewohner der Limesstadt und einiger angrenzender Straßen offenbar seit Jahren viel zu viel für das Beheizen ihrer Wohnungen. Das Bundeskartellamt hat deswegen ein Verfahren gegen RWE eröffnet und die Interessengemeinschaft Fernwärme geht von einem zweistelligen Millionenbetrag aus, den die Schwalbacher allein seit dem Jahr 2002 zu viel an RWE gezahlt haben.
Darüber, dass sich das ändern soll, herrscht nach wie vor Konsens in der Stadtverordnetenversammlung. Ob das Heil in einem Kauf des Grundstücks in der Adolf-Damaschke-Straße liegt, darüber sind sich CDU und Grüne einerseits und die SPD andererseits jedoch nicht mehr einig. Zusammen mit ihrem Koalitionspartner FDP – der schon immer gegen einen Kauf war – hat die SPD den jüngsten Antrag der Grünen abgelehnt.
Die werfen den Sozialdemokraten nun „Wahlbetrug“ vor, weil sich die SPD noch im Wahlkampf für einen Kauf ausgesprochen hatte. „Die SPD will sich hier aus der Verantwortung stehlen“, schreiben die Grünen in einer Pressemitteilung. Sie sehen keine Risiken im Kauf des Grundstücks. Im Gegenteil: Bei der aktuellen Pacht würde das Grundstück nach Berechnungen der Grünen eine Rendite von vier Prozent pro Jahr abwerfen.
Das halten andere Stadtverordnete jedoch für ein verbotenes Spekulationsgeschäft. „Ein Beschluss zum Kauf eines Grundstücks mit der Übernahme von Verpflichtungen in unbekannter Höhe ist eindeutig rechtswidrig“, meint zum Beispiel Enrico Straka, der Mitglied der SPD-Fraktion ist. Er spricht sich daher wie auch Fraktionsvorsitzender Hartmut Hudel für eine genaue Prüfung der Risiken aus. Grundsätzlich rücke die SPD nicht von dem Plan ab, das Heizwerkgrundstück zu kaufen, bekräftigte Hudel am vergangenen Donnerstag mehrfach. Aber wenn man eine Immobilie kaufen wolle, müsse man sie natürlich vorher besichtigen.
Das Risiko, das SPD und FDP fürchten, liegt vor allem in einer möglichen Entschädigungszahlung an den Kraftwerksbetreiber „Innogy“. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat schließlich geurteilt, dass „Innogy“ eine Entschädigung für die Anlagen auf dem Grundstück zusteht, falls das Erbbaurecht nicht verlängert wird. Wie hoch diese ist, weiß zurzeit niemand. Zehn Millionen Euro sollen es aber in jedem Fall sein.
Einen neuen Aspekt hat nun die FDP ins Spiel gebracht. Sie schlägt vor, „Innogy“ über den Konzessionsvertrag in die Pflicht zu nehmen, der zwischen der Stadt und dem Kraftwerksbetreiber besteht. Fraktionsvorsitzender Christopher Higman regte an, diesen neu zu verhandeln und dabei Klauseln festzuschreiben, die zu fairen Preisen führen. Einen Kauf des Grundstücks in der Adolf-Damaschke-Straße ohne Risikoprüfung hält auch die FDP für ein unzulässiges „Spekulationsgeschäft“. MS
Zur Dokumentation hier einige aktuellen Stellungnahmen und Pressemitteilungen zum Thema im Wortlaut: