28. August 2018

Leserbrief

„Die Politik belügt sich selbst“

Zum Kommentar „Nur wenig passiert“ in der Ausgabe vom 15. August erreichte die Redaktion nachfolgendre Leserbrief von Katja Lindenau. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.

Ihre Schwalbacher Spitzen haben Sie ja vorsichtig formuliert. Meiner Meinung nach hat sich die Politik zu viel vorgenommen und viele Projekte in den Haushalt 2018 eingestellt, für die Schwalbach weder in diesem Jahr, noch in den nächsten Jahren Geld ausgegeben wird. Und da sind wir auch gleich bei Schwalbachs politischen Lieblingsthemen: einem Standortkonzept für die Feuerwehr, für den Bauhof, für neuen Wohnraum und die dringend benötigte Erweiterung der Nachmittagsbetreuung an der Geschwister-Scholl-Schule (GSS) in Alt-Schwalbach.
Hier herrscht unter den politisch Verantwortlichen nicht nur Konzeptlosigkeit, sondern sogar eine gewisse Ignoranz gegenüber den selbst zitierten, als sehr dringend bezeichneten und einzuleitenden Maßnahmen. Das ist laut SPD/FDP in Schwalbach zuallererst der Wohnungsbau und danach die Ganztagsbetreuung der Grundschüler. Aber wenn die Koalition am Donnerstag in der Stadtverordnetenversammlung die Wohnbebauung „Am Erlenborn“ beschließt, dann bedeutet das nicht, dass hier schnellstmöglich Geld ausgegeben wird und neuer Wohnraum entsteht. Nein, die Sanierung des Miethauses nebenan wird ebenfalls beschlossen und hat Priorität, wird aber auch nicht vor 2020 umgesetzt sein. Und damit belügt sich die Schwalbacher Politik schon wieder selbst.
Beginnt sie mit der Sanierung des Bestandsgebäudes „Am Erlenborn“, dann gibt es an diesem Standort in den nächsten Jahren weder neuen Wohnraum und natürlich auch keine Erweiterung der Nachmittagsbetreuung im bereits versprochenen SPD/FDP-Schulkinderhaus für die GSS. Zuversichtlich bleibt hier allein unsere Bürgermeisterin, wenn sie sagt, sie hoffe, dass es bald zu einer Einigung mit dem Kreis kommt. Nach meiner Lesart bedeutet das doch eher, man hat noch nichts unternommen oder man kommt nicht voran, weil Schwalbach niemals ein Schulkinderhaus auf dem Kreisgelände bauen wird.
Und so stelle ich mir zwei grundsätzliche Fragen: Haben unsere politisch Verantwortlichen ihre Projekte aus dem Haushalt 2018 zu Ende gedacht und/oder haben sie Luftschlösser bewilligt? Drei Baustellen – 1. Sanierung des Wohnhauses, 2. Neubau von Wohnungen und 3. ein Schulkinderhaus auf dem Schulgelände – lassen sich am Verkehrsknotenpunkt Am Erlenborn/Hauptstraße/Eschborner Straße weder gleichzeitig, noch schnell realisieren. Und weil man um diese Schwierigkeiten weiß, macht die Politik lieber keinen Zeitplan und beschließt kein Standort-Konzept und sagt auch nicht öffentlich, wie man zukünftig mit den fehlenden Plätze für die Nachmittagsbetreuung an der GSS umgehen will, oder wie viele Steuergelder hier noch verschwendet werden?
Und deshalb frage ich weiter: Wieso wird erst bestehender Wohnraum saniert und viele Jahre später nebenan neuer Wohnraum gebaut und die kostenintensive Schulkinderbetreuung in der Schulstraße und den anderen Zweigstellen läuft noch Jahre/Jahrzehnte weiter? Wäre es nicht sinnvoll, erst die Schulkinderbetreuung auszubauen, damit sich Familien durch zwei Einkommen gegebenenfalls etwas teureren Wohnraum leisten können? Und sollten wir nicht endlich die Steuerverschwendung für die Schulkinderhaus-Zweigstellen beenden und das Geld besser einsetzen? Oder sollte man nicht zuerst neue Wohnungen „Am Erlenborn“ bauen und diese den Mietern des sanierungsbedürftigen Wohnhauses zur Anmietung anbieten, um anschließend die leerstehenden Wohnungen im Bestandsgebäude zu renovieren? Damit spart man die teuren Zwischenlösungen, die den Mietern für den Sanierungszeitraum ihrer jetzigen Wohnungen angeboten werden müssten. Auch darüber hat noch niemand öffentlich nachgedacht, also braucht Schwalbach ein schlüssiges Konzept.
Na ja, ein Gutes hat das ganze Dilemma mit dem „Nichtabrufen“ bereits bewilligter Haushaltsgelder: Mit dem Jahresabschluss 2018 kann sich die Stadtverwaltung wieder für ihre Sparsamkeit feiern lassen. Schließlich startete Schwalbach wegen der vielen Wunschausgaben mit einem defizitären Haushalt in das Jahr 2018 und geht – oh Wunder – mit einem satten Plus nach Hause. Das liegt diesmal nicht nur an zu gering prognostizierten Gewerbesteuereinnahmen, sondern einfach an den vielen Projekten, die man sich und uns versprochen hatte, für die man aber bisher kein Geld ausgeben musste. Katja Lindenau, Schwalbach

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