16. November 2018

Leserbrief

„Vor der Wirkung steht die Ursache“

Zum Leserbrief „Ein neues öffentliches Wohnzimmer“ in der Ausgabe vom 14. November erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Herbert Ochs. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.

Die exzellent ins Sarkastische übertragene Beschreibung der einschlägigen örtlichen Auswüchse von Herrn Alles zeigt uns – und hoffentlich allen – in unmissverständliche Weise, dass sich der zivile Geduldsfaden seinem Ende nähert. Der Sarkasmus zeugt allgemein – und nicht auf den Briefeschreiber bezogen – schon von Hoffnungslosigkeit. Zudem zeigt der Brief die Unfähigkeit, unter dem damit verbundenen übertriebenen technischen Aktionismus einer Kommune, einem kleinen – wohlbemerkt polizeibekannten – Grüppchen das Handwerk zu legen.
Leider ist diese Art der Hilflosigkeit nicht nur auf Schwalbach beschränkt, sondern lässt sich auf geradezu tragische Weise auf das gesamte Bundesgebiet übertragen. Ich erwähne das in jenem Zusammenhang des neuen alten Zeitgeistes, der sich auch auf diese Weise (nämlich aus empfundener rechtstaatlicher Schwäche) seine Nahrung holt. Um es deutlich zu formulieren: Es reicht nicht aus, mit dem Wachhalten einschlägiger Erinnerungen, entsprechende Entwicklungen in der Gegenwart bekämpfen zu wollen, wie es auch Herr Schlosser in seinem Statement der `Schwalbacher Spitzen` vorschlägt.
Vor der Wirkung kommt bekanntlich die Ursache – die oftmals bloß durch eine Stimmung ausgelöst wird; wenn also das schlummernde „Es“ das „Ich“ über das „Über Ich“ dirigiert. Die Menschheitsgeschichte ist voll davon.
Hier nur die folgenschwersten Daten mit einem bekannten Gleichnis voran: Der oft zitierte Flügelschlag eines Schmetterlings kann ein Erdbeben auslösen. Der Auslöser des ersten großen Krieges war (wie jeder weiß) der Doppelmord im fernen Sarajevo an dem eher unbedeutenden Prinzen Ferdinand und Ehefrau. Die erste rein europäische Katastrophe des Jahres 1618 wurde durch einen banalen Fentersturz in Prag eröffnet, ohne dass die Opfer zu Tode kamen.
Hoffen wir also, dass Schwalbach nicht auch einmal zu einer (im negativen Sinne) geschichtsträchtigen Stadt wird – weil die Ursache nicht im Keim erstickt werden konnte. Herbert Ochs, Schwalbach

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