Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, Zimt, Nelken und andere Gewürze in billigen Rotwein zu werfen, das Ganze mit Zucker zu süßen, zu erhitzen und dann stundenlang in einem großen Topf schmurgeln zu lassen? Es muss irgendein antiker Küchenclown gewesen sein, denn schon die Römer kannten das Gesöff unter dem Namen „Conditum Paradoxum“ – wahrscheinlich, weil es so paradox ist, dem edlen Rebensaft auf derartige Weise den Garaus zu machen. Nicht einmal die schlechteste rumänische Mädchentraube hat eine solche Folter verdient.
In den 50er-Jahren wusste man noch um die Barbarei. Da erhielt der Augsburger Kaufmann Rudolf Kunzmann ein dickes Bußgeld, weil sein Glühwein als Verstoß gegen das Weinrecht angesehen wurde. Doch später wurde das Gebräu dann einfach legalisiert wie in Holland das Haschisch und Kunzmann war ein gemachter Mann.
Jetzt fließt es in Strömen über die Weihnachtsmärkte und Menschen, die sonst Rotwein andächtig aus riesigen Bauchgläsern schlürfen, spülen die merkwürdige Cuvée tassenweise herunter und beinahe hat man das Gefühl, dass es ihnen auch noch schmecken würde.
Doch wem das alles nicht genug ist, für den gibt es auf hessischen Weihnachtsmärkten noch einen geschmacklichen Sturz ins Bodenlose, der sich tatsächlich nur mit Gewürzen und ganz viel Zucker ertragen lässt: lauwarmer Apfelwein.
28. November 2018