„Was ist ein Kilogramm“, fragte Professor Dr. Heinz Werntges die Zuhörer beim WiTechWi-Vortrag am Mittwoch vergangener Woche. Diese zunächst etwas verwirrende Frage war der Einstieg in einen interessanten Vortrag über ein gar nicht so trockenes Thema. Es ging um das SI-System, das am weitesten verbreitete Einheitensystem für physikalische Größen.
Die Geschichte dieses Systems begann im Jahr 1790, als die französische Akademie der Wissenschaften von der französischen Nationalversammlung den Auftrag erhielt, ein einheitliches System von Maßen und Gewichten zu entwerfen. Zunächst wählte man folgende Grundeinheiten: ein Meter als zehnmillionster Teil des Erdmeridianquadranten, ein Kilogramm als Gewicht, später als Masse von einem Liter reinem Wasser bei vier Grad Celsius und einem Druck von 760 Millimeter Quecksilbersäule, eine Sekunde als 1/86.400ster Teil des mittleren Sonnentages.
Später wurden weitere Einheiten hinzugefügt und es ergaben sich daraus die sieben SI-Basiseinheiten: Meter, Kilogramm, Sekunde, Ampere (Stromstärke), Kelvin (Temperatur), Mol (Stoffmenge) und Candela (Lichtstärke). Heinz Werntges erklärte, wie diese Einheiten definiert wurden und wie sich diese Definitionen im Laufe der Zeit veränderten, um die Einheiten, die ja die Basis aller physikalischen Messungen sind, an die gestiegenen Anforderungen bezüglich ihrer Genauigkeit anzupassen.
Das Meter war zum Beispiel zunächst als Bruchteil des Erdumfangs definiert, später als realer Gegenstand – eine Stange aus einer Platin-Iridium Legierung. Diese Festlegung erwies sich als zu ungenau. Jede Kopie des Urmeters wich immer minimal vom Original ab, die Länge des Urmeters war im Laufe der Zeit nicht absolut konstant. So wurde das Meter ab 1960 als Vielfaches der Wellenlänge einer bestimmten atomaren Strahlung definiert. Inzwischen nutzt man die Tatsache, dass Geschwindigkeit sich als zurückgelegter Weg in einer bestimmten Zeit definiert. Wenn man dann als Geschwindigkeit die Naturkonstante Lichtgeschwindigkeit einsetzt, kann man die Länge, wie Meter, in Abhängigkeit davon festlegen. Dieses „Schicksal“ der immer neuen Definition der Einheiten mussten alle SI-Basiseinheiten „erleiden“.
Der Referent zeigte, wie es dann gelang, die Definition aller Einheiten mit Hilfe von Naturkonstanten vorzunehmen. Dazu mussten die Größen dieser Konstanten zunächst erstmals genau und als unveränderlich bestimmt werden. Dann kann man mit Hilfe physikalischer Gesetze alle Basiseinheiten auf verschiedene Naturkonstanten zurückführen. Diese neuen Definitionen treten am 20. Mai 2019 in Kraft.
Heinz Werntges vermittelte auf unterhaltsame und auch für Laien verständliche Weise wie sich daraus ein in sich schlüssiges, verbessertes Maßsystem mit optimaler Genauigkeit ergibt. Viele aktuelle Erkenntnisse der Wissenschaft konnten nur mit Hilfe genauer Messgrößen und modernster Messmethoden gewonnen werden.
Der nächste Vortrag findet am Mittwoch, 8. Mai, statt. Dann berichten Schüler des Biologie Leistungskurses Q2 der Albert-Einstein-Schule (AES) über ihr Schulprojekt Weinherstellung „Von der Rebe ins Glas“. Beginn ist um 19.30 Uhr im Hörsaal der AES. red