Seit August 2017 betreibt der Tierschutzverein Bad-Soden/Sulzbach einen Gnadenhof für Tauben. Dort leben bereits über 60 verwilderte Haustauben.
„Immer wieder wurden in den letzten Jahren verletzte Stadttauben oder aufgefundene Rassetauben im Tierheim abgegeben und wir mussten einen Weg finden, diese Vögel gut zu versorgen. Denn bei diesen Tieren handelt es sich nicht um Wildtiere wie Eichhörnchen, sondern um verwilderte Haustiere. Sie wurden vom Menschen gezüchtet und dann aus welchen Gründen auch immer ihrem Schicksal überlassen. Die Tauben, die im Gnadenhof bleiben dürfen, könnten in der freien Natur nicht überleben“, informiert Stephan Finkel, stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins.
Der Gnadenhof besteht aus drei großen Volieren und einem Innenbereich mit vielen Sitzregalen und Nistplätzen. Die Nistplätze sind notwendig, da Tauben zuchtbedingt bis zu sieben Mal pro Jahr brüten. „Aber im Gnadenhof werden die Eier mit Gipseiern ersetzt, denn selbstverständlich möchten wir keinen Taubennachwuchs“, erklärt Kathrin Finkel, die im Verein die Ansprechpartnerin für das Thema Tauben ist.
Grundsätzlich ist die Reduzierung der Taubenbestände im Main-Taunus-Kreis ein Ziel der Tierschützer. Kathrin Finkel verweist auf die bereits etablierten Taubenprojekte in den Städten Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt. Taubenhäuser nach dem „Augsburger Modell“ sind ein richtiger Ansatz um Tauben aus den Städten schonend und tierschutzgerecht umzusiedeln, sie mit artgerechtem Futter zu versorgen, Eier auszutauschen und schwache und verletzte Tiere nicht ihrem Schicksal zu überlassen, sondern sie aus den Schwärmen herauszunehmen.
Werden verletzte oder geschwächte Tauben im Einzugsgebiet des Tierschutzvereins gefunden, dann werden sie so schnell wie möglich von ehrenamtlichen Helfern zum Tierarzt gebracht und dann erst einmal auf privaten Pflegestellen betreut. Erst wenn sie sich erholt haben und die notwendigen Impfungen vorgenommen wurden, können sie in den Gnadenhof. Stadttauben ohne gesundheitliche Einschränkungen können teilweise auch auf eine kontrollierte Futterstelle im Main-Taunus-Kreis gebracht werden.
Taube Bibo ist ein typisches Beispiel für die Bewohner des Gnadenhofs. Bibo ist in Eschborn mit voller Wucht gegen die Fensterscheibe eines Bürogebäudes geflogen. Zum Glück hat eine Büroangestellte dies mitbekommen und nach der Taube geschaut. Sie lag hilflos auf dem Boden. Die Dame hat die Taube in eine Kiste gesetzt und dann im Tierheim angerufen. „Ich habe sie abgeholt und zum Tierarzt gebracht. Aufgrund des Aufpralls wurde sein rechtes Auge stark verletzt“, berichtet Kathrin Finkel.
In den darauffolgenden 14 Tage habe sie Bibo bei sich zuhause gepflegt. Schnell stellte sich heraus, welch einen starken Lebenswillen er hat. Er ist recht zutraulich geworden, aber sein rechtes Auge konnte leider nicht gerettet werden.
Die Arbeit im Gnadenhof wird zurzeit von fünf ehrenamtlichen Helfern erledigt. Alle zwei Tage wird der Innenbereich komplett gereinigt, das Wasser in den Badewannen erneuert, die Eier ausgetauscht, der Sand gereinigt und die Futterschalen aufgefüllt.
Der jetzige Gnadenhof ist eine improvisierte Lösung, die relativ schnell umgesetzt wurde und nun an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Die Tierschützer würden gerne ausbauen und ein verbessertes Konzept umsetzen. Weitere Volieren und einfacher zu reinigende Einrichtungen im Innenbereich stehen auf der Wunschliste der Tierschützer. „Die Versorgung der Tauben wird bisher mit einem recht geringen Kostenaufwand von etwa 3.500 Euro im Jahr umgesetzt. Der größte Teil davon sind Tierarztkosten“, erklärt Stephan Finkel.
Wer den Gnadenhof unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende mit dem Stichwort „Tauben“ auf das Spendenkonto DE95 5019 0000 0000 1638 05 bei der Frankfurter Volksbank.
Aktuell sucht der Verein auch noch Helfer, die bei der Versorgung der Tauben. Tipps, wie man sich verhalten soll, wenn man eine Taube in Not findet, gibt es unter www.tierschutzverein-bad-soden-sulzbach.de im Internet. red