26. Juni 2019

Leserbrief

„Unsinnige Entscheidungen unterhöhlen das Vertrauen“

Zum Kommentar „Lieber nochmal nachdenken“ in der Ausgabe vom 19. Juni erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Michael Kaiser. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer an info@schwalbacher-zeitung.de.

Ihr Motto „Lieber nochmal nachdenken“ finde ich so interessant, wie angemessen. Ihre Conclusio jedoch geht – nach meiner Auffassung von Demokratie und „Demokratie-Müdigkeit“ an des Pudels Kern völlig vorbei – zumindest bei Bürgern, die ihren gesunden Menschenverstand noch „einigermaßen“ beisammen haben.
Das Problem besteht – jedenfalls für diese genannte Bevölkerungsgruppe – tatsächlich nicht, wie sie schreiben: „Denn es ist gefährlich. Denn die Skandalisierung von ganz normalen Mehrheitsentscheidungen erschüttert das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und verstärkt die Politikverdrossenheit.“
Das Vertrauen des „aufgeklärt mitdenkenden“ und „demokratisch sozialisierten“ Teils der Bevölkerung besteht im Gegenteil zu Ihrer Aussage daraus, dass unkluge, un- bis geradezu tatsächlich schwachsinnige, offensichtlich parteiinteressen- oder klientel-gesteuerte und willkürliche Entscheidungen gefällt und umgesetzt werden.
Dies – und nichts anderes – unterhöhlt Vertrauen und Glauben in unsere Demokratie. Ich lebe in der Rhein-Neckar-Metropolregion. Und auch hier haben wir den Fall der Fällung von hunderten Platanenbäumen, die angeblich alle „schlagartig“ gefährdet sind, auf einer zentralen Einfallstraße – aus rein ästhetischen Gründen. Die direkten Anwohner und die ganze Stadt haben jetzt das Nachsehen. Die jungen Bäume benötigen 30 bis 50 Jahre, bis sie auch nur annähernd das Luftfiltervermögen der alten Bäume haben werden.
Wenn eine Privatmann in seinem Garten einen einzingen Baum fällt, ohne vorher eine Freigabe zu erwirken, kann er „richtig Ärger“ bekommen – mit Recht, wie ich finde.
Aber auf kommunaler Ebene wird seit Jahrzehnten, ganz nach städteplanerischer Lust und Laune am Zerstören gefällt, was das Zeug hält.
Solcher – und dies sind natürlich „die allerkleinsten Entscheidungen gegen jeden gesunden Menschenverstand“ – Unsinn führt zwangsläufig dazu, dass bald kaum noch einer an ein gesunde demokratische Basis glaubt.
Genau dies ist der Nährboden, auf dem die deutsche Rechte ihren Zulauf findet – gerade Hessen macht damit ja gerade leider besonders schreckliche Erfahrungen.
Ihnen mag mein Bogen vielleicht ein wenig „überspannt“ erscheinen – aber ich sehe eine Vielzahl von aktuellen Entwicklungen – gerade auch in Verbindung mit einer demokratischen Erziehung, die tatsächlich noch dieses Begriffes ‚würdig‘ war, sowohl an der Schwalbacher Friedrich-Ebert-Schule, als auch der GOS, dem heutigen „Albert-Einstein-Gymnasium“ – in tiefem und direktem Zusammenhang zueinander.

Michael A. Kaiser,
Mannheim

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