Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Main-Taunus (CJZ) hatte am vergangenen Donnerstag zu Beginn der „Woche der Brüderlichkeit“ zu zwei Veranstaltungen eingeladen. Im Bürgerhaus wurde die Ausstellung „Vielfalt – Schule ohne Rassismus“ eröffnet. In der Stadtbücherei folgte eine Lesung mit Annette Hess zu ihrem Roman „Deutsches Haus“.
Im Bürgerhaus ist die Ausstellung noch bis zum 29. März zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen. Bürgermeisterin Christiane Augsburger würdigte die Albert-Einstein-Schule und die Werke der Schüler als hoffnungsvolles Zeichen, gerade unter dem Eindruck des rechtsextremistischen Terroranschlages in Hanau.
„Die Schüler, die heute hier ausstellen“, betonte Günter Pabst, „machen es uns vor. Sie sorgen dafür, mit ihren Möglichkeiten, dass ihr Lernort, ihre Schule, eine Schule ohne Rassismus wurde und bleibt. Dieses Engagement ist, gerade heute, nicht hoch genug einzuschätzen.“ Schulleiterin Anke Horn wies auf den hohen Stellenwert und die Bedeutung hin, die „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ für die Albert-Einstein-Schule im Unterricht und im Schulalltag hat. André Steinborn, Leiter des Kunstprojektes, erläuterte, wie das Projekt vorbereitet worden ist.
André Steinborn zufolge wurden bildhaft–künstlerische Darstellungsstrategien entwickelt, die das Thema ihrerseits vorurteilsfrei umsetzen konnten. Das Resultat seien 23 Bilder, die klare und ausdrucksstarke, figurativ–gegenständliche Bildmotive haben: die Selbstportraits der Schüler. Das Thema Vielfalt selbst wird vor allem durch Farbe beziehungsweise Farbsymbolik sowie durch symbolische Gegenstände in die Bilder gebracht.
Vier Schülerinnen, Constanze Junghans, Alishia Bent Khodabakhsh, Laura Heidicker und Hristina Petkova stellten ihre Werke einzeln vor, schilderten ihre Motivation und Gedanken zur Motivwahl. Hristina Petkova, die aus Bulgarien stammte, vor acht Jahren nach Deutschland kam und nun kurz vor dem Abitur steht, schilderte in bewegenden Worten die Unterstützung, die sie insbesondere am Anfang erhielt – von den Eltern über die Mitschüler und die Schule.
Der Abend wurde dann in der Stadtbücherei fortgesetzt. Mit Unterstützung des Arbeitskreises Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus luden die Kulturkreis GmbH und die Stadtbücherei zu einer Lesung mit Annette Hess ein. Die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Drehbuchautorin las aus ihrem ersten Roman „Deutsches Haus“. Im Mittelpunkt steht eine Dolmetscherin beim ersten Auschwitzprozess in Frankfurt. Sie erfährt in diesem Prozess erschreckende Details über das Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz und beginnt Fragen zu stellen. Annette Hess führte uns mit ihrem Buch in eine Zeit der Bundesrepublik, in der die Mehrheit am liebsten einen Schlussstrich unter die Zeit des Nationalsozialismus und die Verbrechen der Deutschen gezogen hätten.
In den sechziger Jahren waren es die jungen Studenten, die Fragen stellten. Im Buch ist es die junge Dolmetscherin, die allen Widerständen zum Trotz nach der Wahrheit sucht. In der sich anschließenden Diskussion ließ Annette Hess keinen Zweifel, wie wichtig ihr die Auseinandersetzung um die Erinnerungsarbeit ist. Sie selbst erlebte als zehnjährige Schülerin bei einem Film über die Nürnberger Prozesse die Notwendigkeit zu fragen, die sie bis heute nicht loslässt und letztendlich zu dem Roman führte. Dass sie bei den Zuhörern einen Nerv getroffen und die Neugierde geweckt hatte, zeigte die lange Schlange beim Signieren des Buches. red