Rassismus scheint zurzeit das einzige Thema zu sein, dass sich noch gegen Corona durchsetzen kann. Manche riskieren bei den aktuellen Demos sogar, dass Corona wieder die Oberhand gewinnt, in dem sie dicht an dicht niederknien und die Faust in den Himmel recken.
Wenn das Weiße machen, sieht das immer ein bisschen merkwürdig aus. Denn wer nie erfahren hat, wie es ist, offen oder auch nur versteckt einzig wegen seiner Hautfarbe benachteiligt zu werden, dem fällt es leicht, Solidarität zu bekunden und der verwechselt auch schon mal Rassismus mit Vorurteilen.
Denn denen sitzt man auf, wenn man beim Gang über den Mittelweg für einen kurzen Augenblick hinter jedem arabisch aussehenden Jugendlichen einen Kleinkriminellen vermutet oder wenn man die Limesstadt meidet, weil dort angeblich so viele Kopftücher zu sehen sind.
Ortsschilder, die Schwalbach als „Stadt gegen Rassismus“ ausweisen oder gar einen „Aktionsplan gegen Rassismus“ brauchen wir daher nicht. Denn auch wenn vielleicht mehr Schwalbacher als gewünscht gegenüber Migranten Vorurteile pflegen, so sind sie noch lange keine Rassisten, die die Überlegenheit der weißen Rasse predigen und einem Schwarzen zehn Minuten lang mit dem Knie den Hals zudrücken. Sie fühlen sich von manchen Dingen einfach nur gestört – manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht. Mit der übergroßen Rassismus-Keule wird man sie von ihren Vorurteilen nicht befreien können.
11. Juni 2020