Zum Artikel „Spende für Kindertaler“ und zur Diskussion über die Spendenvergabe auf Facebook erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Günter Pabst. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.
Sehr geehrter Herr Nordmeyer, ich bin kein ständiger Facebook-Nutzer und die Anzahl der Personen, die ihre Antwort gelesen haben, ist sicher nicht so groß. Trotzdem habe ich mich entschlossen, Ihnen mit einem „Offenen Brief“ zu antworten.
Sie schreiben: „Mir wäre es lieber, der neue Bürgermeister würde endlich strukturell an dem Problem der Benachteiligung einiger Schwalbacher Kinder arbeiten und nicht, wie seine Vorgängerin, einfach nur Mitglied in dem Verein werden, der öffentlichkeitswirksam an den Symptomen rumwurstelt. Die Wiedereröffnung der Kinderbetreuung in Schwalbach müsste zum Beispiel dringend geklärt werden und möglichst weitreichend sein.“
Wieviel Neid und auch Ärger auf die gewählten Repräsentanten der Stadt steckt in Ihnen, dass Sie sich zu solchen Äußerungen hinreißen lassen? Warum wäre es Ihnen lieber gewesen, dass Kindertaler den Preis nicht bekommen hätte?
Ja, es reicht unserer Gesellschaft nicht zu ehren, dass die „Tafeln“ einen seit Jahren andauernden Missstand versuchen zu beheben und notleidenden Menschen mit Lebensmitteln helfen müssen. Uns allen ist schon lange bewusst, dass wir eine Aufgabe übernehmen, die eigentlich von staatlicher Seite übernommen werden müsste. Die ehrenamtlichen Helfer und auch der Verein Kindertaler „wursteln an Symptomen“ herum, wie Sie schreiben. Aber sollen wir die Hände in den Schoß legen und zuschauen, wie diese Familien mit ihren Kindern mehr schlecht als recht leben müssen? Warum werten Sie diesen selbstlosen Einsatz von Ehrenamtlichen so ab? Statt Anerkennung erhalten sie von Ihnen nur Häme und Kritik.
Unsere Gesellschaft wäre noch um ein Vielfaches ärmer, gebe es diese Arbeit nicht. Sprechen Sie einmal mit den Betroffenen und Sie erfahren, wie wichtig ihnen diese Hilfe ist. Gäbe es eine Politik, die diese Arbeit überflüssig macht, Deutschland wäre gerechter und solidarischer. Gäbe es einen Mindestlohn, eine Grundsicherung, die den Namen verdient, bezahlbare Wohnungen, so wäre der Gang zur „Tafel“ nicht mehr notwendig.
Eine eigentlich machbare Politik für den Bund, das Land und auch in der Umsetzung für die Städte, Landkreise und Kommunen. Für die in der Kommunalpolitik Verantwortlichen, also auch für die Bürgermeister, sind bisher die rechtlichen Möglichkeiten sehr begrenzt. Dies ist Ihnen als Stadtverordneter natürlich auch bekannt. In Ihrer Häme gegen die ehemalige Bürgermeisterin und den jetzigen Bürgermeister schalten Sie die sachliche Auseinandersetzung aus.
Im Übrigen sollten Sie sich bei ihrem Magistratsmitglied besser über die Bewältigung der Corona-Krise im Hinblick auf die Kinderbetreuung informieren, dann würden Sie nicht solche Sätze posten. Oder Sie tun es, wider besseres Wissen, und das wäre noch schlimmer. Was schlagen Sie dem Bürgermeister vor, wenn Sie „strukturelle“ Verbesserungen fordern, die die Arbeit von Kindertaler überflüssig machen würde?
Von anderen Städten werden wir um unseren Verein „Kindertaler“ beneidet. Kindertaler kann nur wirken, da es in der Schwalbacher Bevölkerung eine hohe Bereitschaft zur Unterstützung und Solidarität für die Benachteiligten gibt, sowohl bei Bürgern, als auch bei Geschäften und Firmen.
Sprechen Sie doch mal mit den Lehrern, die froh sind, dass wir Familien finanziell und unbürokratisch unterstützen, damit ihre Kinder auch an der Klassenfahrt teilnehmen können! Kinder erhalten bei Schuleintritt einen guten Schulranzen mit Ausstattung – zu Weihnachten, in Kooperation mit der Stadtverwaltung, ein Geschenk.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der jährlichen Unterstützungen. In der Corona-Krise konnte Kindertaler mit einem Spendenaufruf die Aktion der „Tafel“ mit zusätzlichen Lebensmittelgutscheinen für Kinder unterstützen. Soeben haben drei Schwalbacher Schulen insgesamt Notebooks im Wert von fast 15.000 Euro für das „Homeschooling“ erhalten. Die Geräte erhalten die Kinder als Eigentum und sie werden so in die Lage versetzt, am digitalen Unterricht teilzunehmen. Wir können nicht warten bis irgendwann die versprochenen staatlichen Hilfen zur Digitalisierung bei den Schülern ankommen. Wirken Sie auf ihre Parteifreunde im Kreis und im Land ein, dass die Hilfen schnell und ausreichend die Schulen erreichen.
Kindertaler ist froh, dass die überwältigende Mehrheit der Schwalbacher nicht ihre Position teilt, sondern den Verein Kindertaler positiv bewertet und mit Spenden die Arbeit unterstützt. Überdenken Sie den Facebook-Eintrag, nehmen Sie ihn zurück und entschuldigen Sie sich! Günter Pabst, Kindertaler e.V., Schwalbach