21. Juli 2021

Die Frauen und Männer hinter den Schwalbacher Straßennamen

Eine Straße trägt meinen Namen

13 Straßen in Schwalbach sind nach Personen benannt. Die Schwalbacher Zeitung stellt sie vor. Collage: Brehm

In Schwalbach sind 13 Straßen nach Persönlichkeiten benannt. Nach einem gemeinsamen Antrag von SPD, CDU und Eulen sollen diese nun „auf den Prüfstand“. Die Schwalbacher Zeitung hat die Arbeit bereits gemacht und stellt in einer Serie die Namensgeber Schwalbacher Straßen von A wie Adolf Damaschke bis W wie Wilhelm Leuschner vor. Die ganze Serie lesen Sie schon jetzt hier.

• Folge 1 – Adolf Damaschke

• Folge 2 – Albert Richter

• Folge 3 – Elly Beinhorn

• Folge 4 – Ernst-Elias Niebergall

• Folge 5 – Ferdinand Graf von Zeppelin

• Folge 6 – Friedrich Ebert

• Folge 7 – Friedrich Ludwig Jahn

• Folge 8 – Friedrich Stoltze

• Folge 9 – Hans-Bernhard Reichow

• Folge 10 – Julius Brecht

• Folge 11 – Katharina Paulus

• Folge 12 – Rudolf Dietz

• Folge 13 – Wilhelm Leuschner

 

Folge 1:
Adolf Damaschke – Der Pädagoge und Reformer

Die Adolf-Damaschke-Straße liegt in der Limesstadt am Anfang des Ostrings. Er war ein Pädagoge und ein führender Vertreter der Bodenreform in Deutschland. Im Jahre 1865 wurde Adolf Damaschke in eine ärmliche Tischlerfamilie in Berlin geboren. Mit 15 Jahren lernte er die freikirchliche Christuskirche kennen und engagierte sich seitdem in der Kirchengemeinde und leitete dort die Sonntagsschule.

Der Bodenreformer Adolf Damaschke hatte einen großen Einfluss auf die frühe Weimarer Republik.

Drei Jahre später ließ er sich zum Volksschullehrer ausbilden und setzte sich danach für das Wohlergehen seiner Schüler ein. Er kämpfte zum Beispiel öffentlich für die Lehrmittelfreiheit. Daraufhin wurde er strafversetzt. Ab 1893 schrieb er für die Zeitschrift „Naturarzt“ und propagierte die heilenden Kräfte von Licht, Luft, Wasser und einer simplen Ernährung für ein gesundes Leben. Daraufhin verließ er 1896 die Schule und wurde zum Chefredakteur der „Kieler Neusten Nachrichten“ ernannt. Zwei Jahre später fing er an sich aktiv für die staatliche Kontrolle von Grundstücken einzusetzen und gründete den „Bund deutscher Bodenreformer“. Er stellte sich gegen die Ansammlung von Grundstücken in den Händen weniger Privatpersonen.

Adolf Damaschke bezog seine Ideen häufig auf die Bibel, zum Beispiel diene das Land laut ihm nur als Leihgabe von Gott und der Mensch dürfe den Ertrag seiner Arbeit zwar nutzten, habe aber keinen Anspruch auf den Geldwert des Bodens. Dieser sollte laut Adolf Damaschke vom Staat über Steuern abgezogen werden und für soziale Zwecke eingesetzt werden.

Viele dieser Ideen wurden 1920 in der Weimarer Republik umgesetzt. Am Anfang dieser Zeit hatte Adolf Damaschke eine große Anhängerschaft und wurde sogar zum Kandidaten für das Amt des Reichspräsidenten vorgeschlagen. Jedoch blieb er immer parteilos, weswegen sich über die Zeit viele seiner Reformideen nicht durchsetzen ließen. 1935 starb er an einer schweren Krebserkrankung in Berlin. Robin Brehm

Folge 2:
Albert Richter – Der Sportler und Nazi-Gegner

Der Weg „Am Sportplatz“ wurde erst 2020 zum Albert-Richter-Weg umbenannt und befindet sich befindet sich zwischen den Sodener Krankenhaus und den Sportplätzen.

Portrait des von den Nazis ermordeten Radsportler Albert Richter Foto: Wikipedia

Albert Richter war ein Radsportler in der Weimarer Republik. Er wurde 1912 in Köln geboren. Gegen den Willen seines Vaters trainierte er heimlich das Radfahren und trat mit 16 Jahren bei seinem ersten Rennen an. 1932 gewann er den „Grand Prix de Paris“ bei den Amateuren und wechselte danach zu den Profis, bei denen er den Preis noch zwei weitere Male gewann. Nachdem die Nazis an die Macht gekommen waren, trug er aus Protest auf internationalen Veranstaltungen den Reichsadler als Trikot und nicht das Hakenkreuz und verweigerte den „deutschen Gruß“ zu propagieren. Außerdem hielt er an seinem jüdischen Trainer fest.

Zum Beginn des zweiten Weltkrieges ging Albert Richter nach Deutschland zurück. Die Regierung stellte ihn umgehend unter Beobachtung aufgrund seiner Haltung gegen das Regime und vermutetem Gagenschmuggels, denn Sportlergagen mussten während des Krieges zum größten Teil an das Regime abgegeben werden.

Am 31. Dezember 1939 wollte Albert Richter mit dem Zug vor den Nazis zu einem jüdischen Freund in die Schweiz fahren. In seinem Fahrradreifen hatte er 12.700 Reichsmark des Freundes versteckt, die er über die Grenze schmuggeln wollte. In Weil am Rhein wurde der Zug von den Nazis kontrolliert und diese durchsuchten gezielt sein Gepäck. Noch am selben Abend wurde er inhaftiert. Am nächsten Tag wollte sein Bruder ihn im Gefängnis besuchen, jedoch lag seine Leiche schon blutverschmiert und mit zerrissenen Kleidern in der Leichenhalle. Offiziell hieß es vom Nazi-Regime, dass er Selbstmord begangen habe. Robin Brehm

Folge 3:
Elly Beinhorn – Die Flugpionierin und Journalistin

Die Elly-Beinhorn-Straße befindet sich an der Grenze vom Schwalbach zu Eschborn im Gewerbegebiet Camp-Phönix-Park und ist nur zu einem Teil in Schwalbach. Elly Beinhorn war eine deutsche Fliegerin in der Weimarer Republik. Sie ist 1907 in eine bürgerliche Familie als einziges Kind in Hannover geboren. In ihrer Jugend entschloss sie Fliegerin zu werden und trat gegen den Willen ihrer Eltern 1928 der „Deutschen Luftfahrt GmbH“ bei. Dort macht sie eine Ausbildung zu Fliegerin und zog mit 21 Jahren alleine nach Berlin. Ein Jahr später schloss sie ihre Ausbildung ab und machte daraufhin einen Kunstflugschein. Später erwarb sie zudem noch einen Seeflugschein und machte eine Blindflugausblidung.

Ihr erstes Flugzeug kaufte sie sich kurz nach der Ausbildung und musste dafür einen großen Kredit aufnehmen. Damit nahm sie an ihren ersten Kunstflügen Teil und machte sie sich schnell einen Namen und konnte den Kredit abzahlen. Sie konnte von den Kunstflügen zwar leben, aber ihr eigentlicher Wunsch war es Langstreckenflüge zu unternehmen.

Im Jahre 1931 hatte sie daraufhin die Gelegenheit bei einer Afrikaexpedition zu fliegen. Als sie nach einigen Schwierigkeiten auf ihrem Rückweg in der Nähe von Timbuktu notlanden musste, wurde ihr von der Berliner Zeitung ein Ersatzflugzeug gespendet. Damit flog sie bis nach Berlin zurück. Bei ihrer Ankunft wurde sie von einem Fluggeschwader empfangen und die Berliner Zeitung veröffentlichte einen ausführlichen Bericht. Dadurch wurde sie schlagartig zu einer nationalen Bekanntheit.

Ende des Jahres startete Elly Beinhorn ihr Flugzeug für ihr nächstes großes Projekt, eine Weltumrundung im Alleinflug. Anfang Dezember flog sie in Berlin los. Sie reiste über Asien nach Australien. Von Dort aus ging es mit einem Schiff nach Süd-Amerika und dann wieder mit einem Schiff zurück nach Europa. Im Juli 1932 kam sie in Bremerhaven an und wurde dort jubelnd erwartet. Ihre Erlebnisse veröffentlichte sie in ihrem ersten Buch.

Die Sportfliegerin Elly Beinhorn kurz nach ihrer Weltumrundung Foto: Wikipedia

Durch den Erflog der Weltumrundung finanzierte sie ihre Umrundung Afrikas 1933 und eine Amerikareise 1934. Danach hatte sie die Idee für einen Rekordflug. Sie wollte innerhalb von 24 Stunden nach Asien und wieder zurück fliegen. Am 13. August 1935 flog sie in Gleiwitz im heutigen Polen los und landete sechs Stunden später in Istanbul. Von dort aus flog sie direkt wieder zurück und landete abends um 6 Uhr in Berlin. Damit hatte sie einen Weltrekord aufgestellt.

Ein Jahr später heiratete sie den Rennfahrer Bernd Rosemeyer. Während der Ehe unternahm sie mehrere Langstreckenflüge. Bei einem Rennen auf der heutigen A5 starb ihr Mann 1939 tragisch. Am Parkplatz Bornbruch-West steht heute noch ein Denkmal zu seinen Ehren. Nachdem sie eine Biografie über ihren Mann geschrieben hatte, fing sie wieder an zu fliegen und unternahm eine weitere Asienreise.

Kurz nach ihrer Rückkehr begann der zweite Weltkrieg. Während des Krieges heiratete Elly Beinhorn ihren zweiten Ehemann Karl Wittmann. Sportfliegen war in dieser Zeit nicht erlaubt und da ihre Tochter 1942 auf die Welt gekommen war, entschloss sich Elly Beinhorn in Berlin zu bleiben. Sie ist nie der NSDAP beigetreten, allerdings hat sie sich in dieser Zeit auch nicht gegen das Regime positioniert.

Nach dem zweiten Weltkrieg fing Sie wieder an zu fliegen und arbeitete als „Reporterin in der Luft“. In den 50er-Jahren fing sie an im WDR zu moderieren und schrieb weitere Bücher. 1979 gab sie ihren Flugschein mit 72 Jahren freiwillig ab. 2007 feierte sie ihren 100. Geburtstag und ihr wurde es ermöglicht ein letztes Mal in einem Flugzeug mit zu fliegen.  Wenige Monate später starb sie. Sie wurde in Berlin neben ihrem ersten Ehemann Bernd Rosemeyer begraben. Robin Brehm

Folge 4:
Ernst-Elias Niebergall – Der Dichter und Lehrer

Als junger Mann erschuf Ernst-Elias Niebergall das Theaterstück „Datterrich“ Foto: Stadtarchiv Darmstadt

Der Niebergallweg in Schwalbach befindet sich in der Dichter-Siedlung an der Berliner Straße und ist nach dem Darmstädter Schriftsteller Ernst Elias Niebergall benannt. Dieser wurde 1815 als siebter Sohn eines Musikers in Darmstadt geboren. Er studierte Theologie in Gießen und wurde danach Lehrer für Latein, Griechisch und Geschichte in Darmstadt.

Von 1837 bis 1841 veröffentlichte er unter einem Pseudonym kleine Erzählungen im Frankfurter Journal. 1841 schrieb er sein bekanntes, im Dialekt gesprochenes Theaterstück „Datterich“, das bis heute in Darmstadt aufgeführt wird. Schon mit 28 Jahren verstarb er 1843 an einer Lungenentzündung und erlebte die Uraufführung seines Theaterstückes nicht mehr. Robin Brehm

Folge 5:
Ferdinand Graf von Zeppelin – Der Soldat und Erfinder

Die Graf-Zeppelin-Straße befindet sich im Gewerbegebiet Camp-Phönix-Park und wurde nach dem Luftschiff-Erfinder Graf Ferdinand von Zeppelin benannt. Er wurde 1838 in Konstanz geboren und wuchs im Schloss Girsberg auf. 1855 trat er mit 17 Jahren der Württembergischen Armee bei und wurde 1858 Leutnant. Er studierte Maschinenbau und Chemie und trat danach dem Militär bei. Danach reiste er nach Amerika und nahm 1863 am amerikanischen Bürgerkrieg teil. Dort fuhr er zum ersten Mal Ballon und erkannt das Potenzial des Fluggeräts.

Ihm wurde wegen seinem Dienen im preußisch-österreichischen Krieg das Ritterkreuz verliehen. Im Jahre 1869 heiratete er seine Frau Isabella Freiin von Wolff-Alt-Schwanenburg. Später wurde Graf Zeppelin durch seinen Erkundungsritt im deutsch-französischen Krieg bekannt, den Theodor Fontane später niederschrieb und veröffentlichte.

1874 notierte er erste Ideen für ein lenkbares Luftschiff und wurde in der Zeit zum Major befördert. Ein paar Jahre später erfolgte eine weitere Beförderung zum Oberst. Mehrmals bat er den württembergischen König lenkbare Luftschiffe entwerfen zu lassen. Doch wurden seine Gesuche nicht herhört.

Nachdem er von einem General negativ bewertet worden war, stieg er aus dem Militärdienst aus und widmete sich der Konstruktion eines starren Luftschiffes. Der Kaiser rief eine Kommission ein, die untersuchen sollte, ob sich das Vorhaben lohnt. Diese riet dem Kaiser von einem solchen Unternehmen ab. Daraufhin fehlte Ferdinand von Zeppelin die Unterstützung, um seinen Traum zu erfüllen.

Er gab allerdings nicht auf und kratzte eine Millionen Mark zusammen, zum größten Teil aus seiner eigenen Tasche. 1898 hatte er dann genug Geld, um einen Prototyp zu bauen und beantragte ein Patent. Obwohl die Umsetzung kurz bevor stand, wurde seine Idee jedoch verspottet. Nachdem die ersten Erfolge gemeldet worden waren, schwenkte die Stimmung aber in Euphorie um. Der Kaiser fing an ihn zu unterstützen und verlieh ihm eine Medaille.

Als Erfinder revolutionierte Ferdinand von Zeppelin die Luftfahrt Foto: Wikipedia

Nachdem 1908 der vierte Prototyp verunglückte, kam es zu einer nationalen Aktion, den Grafen zu unterstützen, bei der Spendenaktion kamen sechs Millionen Reichsmark zusammen, diese ermöglichten es dem Grafen die Luftschiffbau Zeppelin GmbH zu gründen. Er kaufte ein Grundstück in Potsdam und fing an die Luftschiffe kommerziell zu bauen. Bis zum ersten Weltkrieg wurden fast 1.500 Fahrten mit seinen Luftschiffen unternommen. Am Anfang des Krieges wurden die Luftschiffe häufig als Bomber oder Aufklärer benutzt, bis sie immer mehr durch die wendigeren Flugzeuge ersetzt wurden.

Graf Ferdinand von Zeppelin war jedoch vorrausschauend genug, um in die neueren Flugzeuge zu investieren und unterstützte Maßgebend den Bau von sogenannten „Riesenflugzeugen“. Den ersten Flug erlebte Zeppelin noch. Er starb 1917 in Berlin im Alter von 79 Jahren. Durch den Versailler Vertrag wurde der Bau von Zeppelinen vorerst verboten. In den 30er-Jahren erlebten die Luftschiffe jedoch eine Renaissance, bis zum Unglück der Hindenburg 1937. Robin Brehm

Folge 6:
Friedrich Ebert – Der Sattler und Reichspräsident

Die Friedrich- Ebert-Straße, die vom Westring bis in die Altstadt führt, wurde nach dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik benannt. 1871 wurde er in Heidelberg geboren und stammte aus einer bescheidenen, ländlichen Familie.

Nach der Volksschule machte er von 1885 bis 1888 eine Ausbildung zum Sattler, jedoch legte er nie die Gesellenprüfung ab und ging lieber auf Wanderschaft. In Mannheim erfuhr er von der sozialistischen Bewegung und trat 1889 der SPD und den Gewerkschaften bei. Dort lernte er das erste Mal die Bücher Karl Marx und die Werke Ferdinand Lassalles kennen. Aufgrund seines Engagements in der Partei und der Gewerkschaft wurde Friedrich Ebert ab dann vom Kaiserreich beobachtet.

1891 ging er nach Bremen. Dort übernahm er die Leitung einer Gastwirtschaft, in der er die Bedürfnisse und Notstände der Arbeiterklasse kennenlernte, die seine politischen Meinungen und seine Arbeit dominierten. Zusätzlich engagierte er sich weiter in der SPD und war eine Zeit lang im Parteivorsitz in Bremen. Als Vorsitzender des Sattlerverbandes wurde er 1900 als Arbeitersekretär in der Gewerkschaft angestellt. Dort setzte er sich dafür ein, dass nicht nur Mitglieder, sondern alle Ratsuchenden geholfen wird. Gleichzeitig war er auch Mitglied im Stadtparlament und wurde dort zum Fraktionsvorsitzenden der SPD ernannt.

Als erster Reichspräsident der Weimarer Republik prägte er die 20er-Jahre mit. Foto: Wikipedia

Friedrich Ebert verfolgte zu dieser Zeit eine klare marxistische Politik, das heißt er hielt am Klassenkampf fest, forderte die Überführung des Privateigentums in Gemeinbesitz und setzte auf den Zusammenbruch des kapitalistischen Systems. Durch sein Engagement stieg in dieser Zeit sein Ansehen in der Partei. Jedoch verlor er in Bremen durch linkere Politiker, die ihn verdrängten, an Einfluss und bewarb sich deswegen 1905 auf die Stelle des Parteisekretärs in Berlin. Somit war er im Vorstand der Partei. Dort war er zwar nur für die bürokratischen Dinge zuständig, jedoch half er dort maßgebend dabei die Organisation der Partei auf lokaler Ebene zu fördern. Abgesehen von der administrativen Arbeit erlangte Friedrich Ebert nach und nach Ansehen bei den übrigen Vorstandsmitgliedern und übernahm auch mehr politisch bedeutsame Aufgaben. 1912 kandidierte er für den Reichstag und war somit Teil der damals größten politischen Kraft. Ein Jahr später wurde Friedrich Ebert neben Hugo Haase zum Vorsitzenden der Partei ernannt.

Nach dem Attentat von Sarajevo, auf das der erste Weltkrieg folgte, versuchte er die SPD zusammen zu halten, denn die Kriegsgegner innerhalb der Partei und die Kriegsbefürworter um Friedrich Ebert standen immer mehr im Konflikt. Nachdem sich die Pazifisten offen gegen den Krieg aussprachen und somit der Parteilinie widersprachen, wurden sie aus der Partei ausgeschlossen und gründeten 1917 die USPD. Ebert blieb in der Krise Parteivorsitzender der SPD. 

1918 bemühte sich die Partei um die Parlamentarisierung des Kaiserreiches, dies war im Interesse des Kaisers, denn die Niederlage im Krieg war eindeutig geworden und man wollte die Schuld den Parteien zuschieben. Deswegen wurde im Oktober, kurz vor der Novemberrevolution die Verfassung geändert. Friedrich Ebert strebte dabei eine parlamentarische Monarchie wie in England an, drängte jedoch auf die Abdankung des Kaisers und seines Sohnes zugunsten eines neuen Thronfolgers. Auf diese Weise positionierte sich die Partei an der Spitze der Proteste gegen den Krieg und den Kaiser und somit auch an der Spitze der Novemberrevolution.

Nachdem die Republik von der SPD ausgerufen worden war und der Kaiser endgültig abgedankt hatte, wurde Friedrich Ebert zum Reichskanzler ernannt. Da er seine Regierung jedoch als Provisorium sah, leitete er zügig die ersten Wahlen ein, durch die er zum ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt wurde. 

Da es viel Kritik an der rasch gegründeten Republik gab, kam es 1920 zu einem Putschversuch, den Friedrich Ebert verhindern konnte. Außerdem schlug er einen Aufstand gegen die Regierung im Ruhrgebiet nieder. Bei den nächsten Wahlen war danach ein starker politischer Rechtsruck zu sehen.

Kurz vor seinem Tod war er in einen Prozess verwickelt, bei dem ihm von einem Journalisten vorgeworfen wurde, Landesverrat begangen zu haben. Dieser Prozess beschädigte sein Bild in der Öffentlichkeit nachhaltig und bestätigte die politisch rechte Seite in ihrem Hass auf die Republik. 1924 starb er im Alter von 54 an einer Blinddarm-Entzündung. Robin Brehm

Folge 7:
Friedrich Ludwig Jahn – Der Turnvater und Nationalist

Die Jahnstraße liegt an der Turnhalle der TGS in Alt-Schwalbach. Sie wurde nach dem „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn benannt. Dieser wurde 1778 in Lanz an der Prignitz im heutigen Mecklenburg-Vorpommern geboren. In jungen Jahren wurde er von seinem Vater, einem Pfarrer, unterrichtet bis er 1791 das Gymnasium besuchte. 1794 verließ er die Schule ohne Abitur und immatrikulierte sich an der Universität in Halle um Theologie zu studieren.

Jahn verfasste dort die Schrift „Patriotismus in Preußen“ und trat damit für die „Reinheit der deutschen Sprache“ ein. Daraufhin musste er Halle verlassen und ging nach Breslau. 1800 wurde ihm ein Verbot für alle Universitäten erteilt. Ab dann hielt er sich für sieben Jahre an verschiedenen Universitäten ohne Immatrikulation auf. 1807 traf er auf Johann Christoph Friedrich Gutsmuths, dessen Lehren das Turnen vorwegnahmen.

Die napoleonischen Kriege bewegten ihn sehr und förderten seine nationalistische Haltung. Er forderte gleiche Bürgerrechte für alle Deutschen, faire Aufstiegschancen und die nationale Einheit. Gleichermaßen ging er gegen alles vor, was er nicht als deutsch ansah. Sein Hass richtete sich vor allem gegen Frankreich. Deutschland war seiner Meinung nach allen Nationen überlegen und müsse eine größere Rolle in Europa spielen. Im schwebte dabei ein „Großdeutschland“ vor, das auch die Schweiz, Holland, Dänemark und Österreich beinhaltet.

1810 gründete er den geheimen deutschen Bund, aus dem jüdische Deutsche explizit ausgeschlossen wurden. In dieser Zeit begann er mit den Schülern, die er unterrichtete zu turnen und eröffnete den ersten Turnplatz in Berlin, mit Geräten und Übungen nach Guthsmuths, dem Vorreiter des Turnens. Allerdings erweiterte Jahn die Lehren Guthsmuths durch Spiele, Schwimmen, Fechten und Wandern. 1811 gründete er den ersten Turnverein, dessen Ideologien er eng mit seinem Nationalismus verband. Nach diesem Vorbild wurden in den folgenden Jahren 150 Turnvereine gegründet.

Zweck der Turnbewegung war nicht nur der Sport, sondern die nationalistische Willensbildung und eine paramilitärische Ausbildung für den Fall eines Befreiungskrieges. Die Turner sollten dabei zu Guerilla-Kämpfern im Vorbilde Spaniens erzogen werden. Im Jahre 1816 veröffentlichte er das Buch „Die deutsche Turnkunst“, das von Turnern und seinen Anhängern als eine Art Bibel für die nationalistische Erziehung gesehen wurde.

Vom Wiener Kongress, der nach Napoleons Niederlage stattfand, war Friedrich Ludwig Jahn enttäuscht, denn die herbeigesehnte deutsche Einheit wurde nicht durchgesetzt. Daraufhin forderte er öffentlich einen neuen Krieg gegen Frankreich, um Deutschland endgültig zu einen.

Die Turnbewegung stand im engen Zusammenhang mit den Burschenschaften, denn diese verfolgten das gleiche nationalistische Ziel. Am Höhepunkt der Turnbewegung 1817 fand das Wartburgfest statt, bei dem, auf Friedrich Ludwig Jahns Initiative die erste moderne Bücherverbrennung stattfand. Er nahm zwar nicht direkt daran teil, jedoch waren seine Schüler anwesend und er stellte die Liste der Bücher zusammen, die verbrannt wurden. Außerdem lobte er das Wartburgfest in der Öffentlichkeit.

Friedrich Ludwig Jahn kurz vor seinem Tod 1852. Eine Gemälde von Georg Engelbach Bild: Wikipedia

Daraufhin wurde Friedrich Ludwig Jahn immer mehr zum Feindbild des Reiches. Nachdem der russischer Generalkonsul August von Kotzbue, der sich auch öffentlich gegen Friedrich Ludwig Jahn geäußert hatte, von einem Burschenschaftler und Turner ermordet wurde, wurde 1819 durch die Karlsbader Beschlüsse ein Turnverbot für das Kaiserreich ausgerufen. Deswegen wurde Friedrich Ludwig Jahn im selben Jahr verhaftet und vom Richter und romantischen Autor E.T.A. Hoffmann zu fünf Jahre Haft verurteilt. 1825 wurde er wieder freigelassen unter der Bedingung, dass er in keiner Universitätsstadt leben darf und weiterhin unter Beobachtung steht.

Daraufhin zog er nach Freyburg an der Unstrut. Dort lebte er als Pensionär und ließ, mit der Hilfe von Spenden die älteste noch stehende Turnhalle Deutschlands erbauen. Im Laufe der Jahre wurden die Bestimmungen gegen ihn gelockert, er hielt jedoch an seiner nationalistischen Haltung fest und äußerte mehrmals seine Unzufriedenheit mit dem Vormärz und den sogenannten „Jungen Deutschland“.

1840 wurde er von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen vollständig rehabilitiert. Zwei Jahre später wurde daraufhin das Turnverbot aufgehoben. Die neu gegründeten Turnvereine verehrten ihn als „Turnvater“ und unterstützten Friedrich Ludwig Jahn mit Spenden. Weitere sechs Jahre später wurde Friedrich Ludwig Jahn in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Er engagierte sich dort für Ruhe und Ordnung. Von der Turnbewegung wandte er sich ab, denn diese orientierte sich in eine demokratische Richtung. 1852 starb er in Freyburg und wurde dort an der Turnhalle begraben.

Seine nationalistische Orientierung wird in der Geschichte immer noch diskutiert. Die Nazis verehrten ihn zwar und hielten ihn für einen Vorboten des Nationalsozialismus. Heutige Forscher führen seine antijüdischen Tendenzen und seinen Frankreichhass jedoch eher auf eine Überreaktion der Zeit zurück. In vielen Städten wurden Wege, Hallen und Denkmäler zu seiner Ehre errichtet. Vielerorts werden Umbenennungen diskutiert. Robin Brehm

Folge 8:
Friedrich Stoltze – Der Dichter und Satiriker

Die Friedrich-Stoltze-Straße ist eine Seitenstraße der Berliner Straße, in der „Dichter Siedlung“. Die Straße wurde nach dem berühmten Frankfurter Dichter und Journalisten Friedrich Stoltze benannt. Dieser wurde 1816 in Frankfurt geboren und wuchs im Gasthof „Zum Rebstock“ auf, der seinem Vater gehörte und sich in der heutigen neuen Altstadt befindet auf.

Als Dichter ist Friedrich Stoltze vor allem für sein Frankfurt Gedicht bekannt Foto: Wikipedia

Friedrich Stoltze Heimatliebe hatte er seinem Großvater zu verdanken, der einen großen Einfluss auf ihn hatte. Sein liberales und demokratisches Gedankengut hingegen bekam er vermutlich aus dem Gasthof seines Vaters, der als Treffpunkt liberal gesinnter Bürger galt. 1831 machte er nach der Schule vorerst eine kaufmännische Ausbildung, die er zwei Jahre später, nach dem Tod seines Vaters abbrach, um seine Mutter im Gasthof zu unterstützen. Er setzte daraufhin die Ausbildung fünf Jahre später in Frankreich fort und beendete diese dort 1840. Als er danach nach Frankfurt zurückkehrte, veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband.

1848 nahm Friedrich Stoltze an den Septemberunruhen teil und wurde danach verhaftet, jedoch wurde er am gleichen Tag wieder freigelassen.1849 heiratete der evangelische Friedrich Stoltze seine katholische Frau Marie, die zu dieser Zeit schon zum dritten Mal mit einem Kind von ihm schwanger war.

Neben seinen Mundart-Gedichten plante er gleichzeitig eine eigene Zeitung zu gründen und arbeitete deswegen zunächst in der Redaktion des „Volksblatt für Rhein und Main“, wo er sich weiter für eine Revolution aussprach. 1860 verwirklichte er sich seinen Traum und gründetet die freiheitlich-demokratisch orientierte Wochenzeitung „Frankfurter Latern“, in der er seine satirischen Texte veröffentlichte. Die Zeitung wurde außerhalb Frankfurts, auf Grund der Anti-preußischen Haltung Friedrich Stoltze ständig von der Zensur verfolgt. Für fünf Jahre wurde die Zeitung sogar komplett verboten. In dieser Zeit veröffentlichte er eine fast identische Zeitung unter anderem Namen.

Nach der Gründung des Kaiserreiches 1871 konnte der „Frankfurter Latern“ wieder regelmäßig bis zu seinem Tod erscheinen. Er gerat zwar immer wieder in Konflikte mit der Zensurbehörde, jedoch konnte er durch die Skandale stetig neue Leser gewinnen. 1891 starb Friedrich Stoltze als der, nach Goethe populärste und bekannteste Frankfurter. Seit 1978 gibt es das Stoltze-Museum in Frankfurt, das sich seit 2019 in der neuen Altstadt am Marktplatz befindet, gegenüber von seinem Geburtshaus. Robin Brehm

Folge 9:
Hans-Bernhard Reichow – Der Architekt und Stadtplaner

Der Mittelweg, der gerade durch die Limesstadt führt, wurde erst vor wenigen Jahren nach dem Architekten Hans Bernhard Reichow benannt.

Als Architekt entwarf Hans-Bernhard Reichow nicht nur die Limesstadt sondern auch viele weitere autogerechte Städte Foto: Hans-Bernhard Reichow Stiftung

Dieser wurde 1899 in Roggow im heutigen Polen geboren. Nach dem ersten Weltkrieg studiert er Architektur in Danzig. Ab seiner Promotion 1926 arbeitete er zuerst freischaffend und dann 1928 als Stadtplaner in Dresden. Nach seinem Eintritt in die NSDAP 1937 wurde er rasch zum Baudirektor in Stettin befördert. Außerdem war er während der Nazi-Zeit Mitarbeiter am „Generalplan Ost“, der auf eine „Kolonisierung“ Polens durch das NS-Regime aus war und er war in dem Ausschuss beteiligt, der den Wiederaufbau der zerstörten Städte während des Krieges plante. Diese Posten hatte er bis 1945 inne und unterstützte so das NS-Regime aktiv mit.

Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete er wieder als freier Architekt und plante in den späten 50er-Jahren unter anderem die Schwalbacher Limesstadt. Außerdem veröffentlichte er verschiedene Publikationen, die sich mit der autogerechten Städteplanung beschäftigen. Ab 1961 war er Vorsitzender der Gesellschaft für pommersche Geschichte, Altertumskunde und Kunst. 1966 wurde ihm das große Bundesverdienstkreuz verliehen. 1974 starb Hans-Bernhard Reichow in Bad Mergentheim. Die Nazi-Vergangeheit von Hans-Bernhard Reichow spielte bei der Umbenennung des Mittelwegs keine Rolle. Robin Brehm

Folge 10:
Julius Brecht – Der SPD-Politiker und NSDAP-Funktionär

Julius Brecht zu seiner Zeit im Bundestag Foto: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Julius-Brecht-Straße liegt am Anfang des Westringes in der Limesstadt. Ihr Namensgeber war der deutsche SPD-Politiker Julius Brecht. 1900 wurde er in Ühlingen im Süden Baden-Württembergs geboren. Er war gelehrter Bankkaufmann und wurde Ende der 20er-Jahre Direktor des Wohnungsunternehmens „Westfälische Heimstätte“ in Münster. 1935 nahm er dieselbe Funktion im Saarland ein. Zwei Jahre darauf trat er der NSDAP bei und kurze Zeit später leitete er den „Reichsverband des deutschen gemeinnützigen Wohnungswesens“ in Berlin. Diese Position hatte er bis Ende des Krieges inne.

Erst nach dem zweitem Weltkrieg trat er der SPD teil und saß für sie bis 1953 im Hamburger Landesparlament. 1957 wurde er in den Bundestag gewählt und setzte sich für das Wohnungs- und Bauwesen ein. 1962 später starb er im Alter von 62 Jahren. 2019 entschied ein Expertenkomitee, die nach ihm benannte Straße in Freiburg im Breisgau aufgrund seiner Mitgliedschaft in der NSDAP umzubenennen. In anderen Städten wurden ähnliche Vorschläge aber noch nicht umgesetzt. Robin Brehm

Folge 11:
Katharina Paulus – Die Flugpionierin und Luftakrobatin

Die Katharina-Paulus-Straße befindet sich im Gewerbegebiet Camp-Phönix-Park. Sie ist nach der ersten Fallschirmspringerin Käthe Paulus benannt. Sie wurde 1868 in der Nähe von Seligenstadt geboren und lebte dort in ärmlichen Verhältnissen. 1876 zog sie mit ihrem Vater nach Frankfurt, der dort als Tagelöhner arbeitete. Nach der Volksschule machte sie eine Ausbildung zur Näherin, war aber schon immer an der Akrobatik interessiert.

Als Flugpionierin setzte Katharina Paulus ein Zeichen für alle Frauen. Foto: Wikipedia

1889 heiratet sie den Ballonfahrer Hermann Lattemann, der sie für die Luftschifffahrt begeisterte und ihr die Kunst des Fallschirmsprungs und des Ballonfahrens beibrachte. Als Näherin half sie ihrem Mann bei der Herstellung der Ballons und Fallschirme, bis sie 1893 zum ersten Mal eine eigene Ballonfahrt durchführte. Gemeinsam mit ihrem Mann fuhr sie dann von Stadt zu Stadt und führte ihre „aeronautischen Vorführungen“ vor. Im Juni 1894 stieg sie mit ihrem Mann in die Lüfte. Nachdem sie wie geplant abgesprungen war fiel ihr Mann im Ballon in die Tiefe, während sie nur zuschauen konnte. Ihr Mann wurde für Tod erklärt bevor sie am Boden ankam. Ein Jahr später starb ihr Sohn mit vier Jahren an Diphterie.

Trotzdem schaffte sie es eine Existenz als Luftakrobatin aufzubauen. In Frankfurt stieg sie bis 1912 insgesamt 516 Mal am Zoo auf und sprang 147 Mal kunstvoll mit dem Fallschirm in die Tiefe. 1912 siedelte sie nach Berlin über, um im Auftrag der Kaiserreiches Aufklärungsballons und Fallschirme zu produzieren. 1914 gab sie deswegen ihre Ballonfahrten auf.

Ausgelöst durch den Tod ihres Mannes entwickelte sie den heute weitverbreiteten und wesentlich sichereren Paketfallschirm. Zu Zeit des ersten Weltkrieges galt sie deswegen als Expertin für Ballonaufklärer-Truppen und produzierte Ballonhüllen und Fallschirme für das Militär. 1917 bekam sie das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen. Nach dem Krieg wurde die Luftfahrt in Deutschland eingestellt. Durch die Inflation verlor sie ihr angelegtes Vermögen und Käthe Paulus führte danach eine bescheidene Existenz als Rentnerin. 1935 starb sie nach einer langen Krebserkrankung in Berlin. Bei ihrer Beerdigung waren nur wenige Gäste anwesend. Unter anderem Elly Beinhorn und Hanna Reitsch, denen sie den Weg bereitete. Robin Brehm

Folge 12:
Rudolf Dietz – Der Heimatdichter und Judenhasser

Der Rudolf-Dietz-Weg ist der vermutlich kontoversteste Straßenname in Schwalbach. Denn über die Umbenennung wird schon lange in der Politik diskutiert. Der Weg ist nach dem Nauroder Heimatdichter benannt und befindet sich in der Dichter-Siedlung unterhalb der Limesstadt.

Rudolf Dietz wurde 1863 in Naurod in der alten Schule geboren und besuchte diese auch später, bei seinem Vater als Lehrer. Danach machte er von 1878 bis 1885 eine Ausbildung zum Volksschullehrer in Herborn und legte am Ende seine Lehrerprüfung ab. Dort begann er auch seine Gedichte und Theaterstücke zu schreiben. Nach seinem darauf folgendem Militärdienst und einer Weiterbildung wurde er 1898 wieder in seine Heimat Wiesbaden versetzt und veröffentlichte seine Gedichte. 1925 wurde er pensioniert.

Rudolf Dietz schrieb in seiner Zeit viele Gedichte. Seinem Hass ließ er dabei freien Lauf Bild: Seifert

Zum Beginn der Weimarer Republik trat er dem völkisch-faschistischen, rassistischen und antisemitischen „Deutschbund“ bei, der laut der NSDAP das Gedankengut Hitlers vorweg nahm. Zu dieser Zeit bis zu seinem Tod verbreitete Rudolf Dietz neben seinen Heimatdichtungen antisemitische und rassistische Gedichte und Texte in Schulen und bejubelte mehrmals den Aufstieg Hitlers. Er nutzte die lokalen Propagandastellen des NS-Regimes aus, um seine Gedichte weiter zu verbreiten. Das Stadtarchiv Wiesbadens schrieb dazu in einer Stellungnahmen: „Rudolf Dietz hat in einer ganzen Reihe seiner Gedichte antijüdische Ressentiments und Klischees reproduziert. Die jüdische Minderheit wurde dabei zum Ziel eines unverkennbar rassistisch ausgerichteten Spotts. So hat er keinen Zweifel an seiner Meinung aufkommen lassen, dass die Zugehörigkeit zur jüdischen Minderheit rassistisch determiniert sei“.

Neben seinen rassistischen Ausfällen publizierte Rudolf Dietz aber vor allem hessische Heimatgedichte und –geschichten, die politisch unverfänglich waren und nur regionale Bedeutung erlangten.

Er starb 1942 in Wiesbaden. Im Herbst 2019 haben die Stadtverordneten auf Antrag der Grünen eine Umbenennung diskutiert. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen, da zunächst eine Bürgerversammlung mit den betroffenen Anwohnern gehalten werden sollte. Bis zum Ende der vergangenen Legislaturperiode fand diese Corona-bedingt jedoch nicht statt. Robin Brehm

Folge 13:
Wilhelm Leuschner – Der Innenminister und Widerstandskämpfer

Die Wilhelm-Leuschner-Straße befindet sich in der Limesstadt am Naturbad. Sie wurde nach dem hessischen SPD-Innenminister während der Weimarer Republik und Widerstandskämpfer während der Nazi-Zeit Wilhelm Leuschner benannt. Er wurde 1890 in Bayreuth in eine Arbeiterfamilie geboren. 1904 machte er eine Ausbildung zum Holzbildhauer und trat kurz danach in die Gewerkschaft ein. Anschließend ging er auf Wanderschaft und heiratete 1911 Elisabeth Batz in Darmstadt. 1913 trat er der SPD bei und engagierte sich weiter in der Gewerkschaft.

Mit 26 Jahren wurde er in Folge des ersten Weltkrieges nach Weißrussland beordert und später nach Frankreich. Dort wurde er während der Novemberrevolution einstimmig zum Vorsitzenden eines Soldatenrates gewählt. In der Zeit des Krieges lernte er mehrere Sprachen und beschäftigte sich viel mit dem orthodoxen Judentum, von dem er sehr fasziniert war.

Nach dem Krieg wurde er Stadtverordneter und Vorsitzender der Darmstädter Gewerkschaften und zog 1924 als SPD-Abgeordneter in den hessischen Landtag. Vier Jahre später wurde Wilhelm Leuschner zum Innenminister in Hessen ernannt und positionierte sich deutlich gegen die NSDAP und wurde dadurch schnell zu einem der meistgehassten Gegner der Nazis.

Wilhelm Leuschner widersetzte sich den Nazis und kämpfte für seine Ideale Foto: Wikipedia

Nach der Machtergreifung der NSDAP legte er 1933 sein Amt notgedrungen nieder. Als die Gewerkschaften, in denen er immer noch aktiv war, zerschlagen wurden, fing er an über einen Putsch nachzudenken. Im Juni 1933 wurde er daraufhin inhaftiert und ein Jahr lang im Konzentrationslager gefangen gehalten und misshandelt. Jedoch gelang es den Nazis nicht seinen Geist zu brechen. Als er wieder frei kam, begann er mit dem Aufbau eines landesweiten Widerstandsnetzwerkes und übernahm die Leitung einer kleinen Fabrik die zur Zentrale der illegalen Gewerkschaftsleitung wurde. Er führte enge Beziehungen mit verschiedenen Widerstandsgruppen. Er galt als demokratie-freundliche, antinazistische Größe in seinem Umfeld.

Leuschner sollte bei Erfolg des Stauffenberg Attentats als Vizepräsident eingesetzt werden. Nachdem der Putschversuch 1944 scheiterte, wurde er festgenommen und zum Tode verurteilt. Kurz darauf wurde er im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. 158 Straßen wurden in Deutschland nach ihm benannt, die meisten davon in Hessen. Außerdem gibt es seit 1964 die Wilhelm-Leuschner-Medaille als höchste Auszeichnung im Land Hessen. Robin Brehm

 

 

2 Gedanken zu „Eine Straße trägt meinen Namen

  1. Es ist gut und wichtig, eine Diskussion über Namensgeber von Straßen zu führen und wachzuhalten. Ob es aber richtig ist, Straßennamen zu ändern?
    „Entfernt“ man damit nicht auch ein Stück Geschichte aus dem öffentlichen Bewusstsein? Und: wieweit soll das gehen? Keine Martin-Luther -Straße mehr? War er nicht auch ein Stück weit „judenfeindlich“?
    Natürlich darf heute keine Straße noch nach Hitler benannt sein. Wo aber wollen wir eine „Grenze“ ziehen?
    Mir ist auch „zuwider“, dass viele Straßen nach Militärpersonen, Generälen und Kriegsherren benannt sind – aber sie alle umbenennen?
    Zudem klingen manche Straßennamen so. als seien sie deutsch-französischer oder deutsch-belgischer Freundschaft usw. entstanden. In Wirklichkeit sollten sie jedoch an gewonnene „Schlachten“ in Kriegen erinnern. Soll man sie nun umbenennen oder vielleicht doch besser nur „umwidmen“?

  2. Es ist gut und wichtig, eine Diskussion über Namensgeber von Straßen zu führen und wachzuhalten. Ob es aber richtig ist, Straßennamen zu ändern?
    „Entfernt“ man damit nicht auch ein Stück Geschichte aus dem öffentlichen Bewusstsein? Und: wieweit soll das gehen? Keine Martin-Luther -Straße mehr? War er nicht auch ein Stück weit „judenfeindlich“?
    Natürlich darf heute keine Straße noch nach Hitler benannt sein. Wo aber wollen wir eine „Grenze“ ziehen?
    Mir ist auch „zuwider“, dass viele Straßen nach Militärpersonen, Generälen und Kriegsherren benannt sind – aber sie alle umbenennen?
    Zudem klingen manche Straßennamen so. als seien sie deutsch-französischer oder deutsch-belgischer Freundschaft usw. entstanden. In Wirklichkeit sollten sie jedoch an gewonnene „Schlachten“ in Kriegen erinnern. Soll man sie nun umbenennen oder vielleicht doch besser nur „umwidmen“?

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