Mit einem Eklat endete gestern Abend die jüngste Sitzung der Schwalbacher Stadtverordnetenversammlung. Bei einer „persönlichen Erklärung“ der Grünen Katja Lindenau verließen große Teile der SPD- und der CDU-Fraktion den Saal.
Inhaltlich ging es um die misslungenen Festgeldanlagen von Bürgermeister Alexander Immisch (SPD) bei der insolventen Greensill-Bank, die die Stadt Schwalbach voraussichtlich 19 Millionen Euro kosten werden.
Katja Lindenau hatte bei Stadtverordnetenvorsteher Günter Pabst (SPD-Fraktion) vor der Sitzung eine persönliche Erklärung angekündigt, ohne deren Inhalt preiszugeben. Der Parlamentsvorsitzende schloss daher um wenige Minuten vor 22 Uhr die offizielle Tagesordnung, um Katja Lindenau die „persönliche Erklärung“ zu ermöglichen.
Laut Geschäftsordnung sind persönliche Erklärungen „Darstellungen eines Mitglieds der Stadtverordnetenversammlung, die es aufgrund eines Ereignisses abgibt, das nicht im Zusammenhang mit den Beratungen in der laufenden Sitzung steht“. Ferner dürfen persönliche Erklärungen bereits abgeschlossene Themen nicht wieder aufgreifen. Persönliche Erklärungen werden zum Beispiel abgegeben, wenn ein Stadtverordneter aufgrund eines Umzugs seinen Rücktritt erklärt.
Mit den Festlegungen der Geschäftsordnung nahm es Katja Lindenau gestern nicht so genau. Sie nutzte das Mittel der persönlichen Erklärung, um ihr Missfallen über die Arbeit und den Abschlussbericht des Akteneinsichtsausschuss zur Greensill-Affäre auszudrücken und erhob heftige Kritik gegen Ausschussvorsitzenden Eyke Grüning (SPD) und die Ausschussmitglieder der SPD-Fraktion. Den Wortlaut der Erklärung finden Sie hier.
Als Katja Lindenau Grüning vorwarf, er habe die „Würde seines Amtes beschädigt und das Vertrauen der Stadtverordneten missbraucht“, wurde es laut. Mit Zwischenrufen versuchte die SPD-Fraktion Stadtverordnetenvorsteher Günter Pabst dazu zu bringen, Katja Lindenau das Wort zu entziehen, da es sich nicht um eine persönliche Erklärung im Sinne der Geschäftsordnung handele.
Pabst ließ Katja Lindenau jedoch gewähren und die legte in Richtung SPD nach: „Zu viert haben Sie das formale Verfahren eines Akteneinsichtsausschusses ausgenutzt, um einen Freund zu schützen (Bürgermeister Alexander Immisch, d. Red.) und städtisches Personal zu demontieren.“
Da reichte es den meisten Parlamentariern von SPD und CDU. Sie standen auf und verließen unter lautstarkem Protest den Saal. Was die SPD-Fraktion von den Ausführungen Katja Lindenaus hält, hat sie zwischenzeitlich in einer eigenen Stellungnahme erläutert, die Sie hier lesen können.
Katja Lindenau redete weiter, wurde aber am Ende doch noch von Günter Pabst gestoppt, der Katja Lindenau zwar wegen der Unterbrechungen eine Minute mehr als die erlaubten fünf Minuten Redezeit gewährte, ihr aber nach sechs Minuten das Wort entzog.
Im Foyer des Bürgerhauses kam es nach Ende der Sitzung kurz darauf zu weiteren unschönen Szenen mit wechselseitigen Beschuldigungen. FDP-Vertreter nannten den Auszug der Koalition „das Letzte“, wofür sie von einem SPD-Stadtverordneten als „Abschaum“ tituliert wurden.
Ob und wenn ja welche Konsequenzen der Vorfall hat, steht zurzeit noch nicht fest. MS
Greensill, Schwarzbuch, Abschaum!
Als Sozialdemokratin und Bürgerin der Stadt Schwalbach, kann ich die Ausführungen von Frau Lindenau gut nachvollziehen. Ich habe den öffentlichen Sitzungen des Akteneinsichtsausschusses und der Stadtverordnetenversammlung im September beigewohnt! Ich vermisse eine klare und objektive Haltung der Parteien SPD/CDU. Es geht nicht darum einzelne Personen zu diskreditieren, aber für die Geldanlage von 19 Mio, der Stadt Schwalbach ist Kompetenz und Verantwortung das Gebot der Stunde. Dem wurde nicht entsprochen. Die SPD, an der Spitze der Bürgermeister, wurden gewählt, um das Wohl der Menschen in den Vordergrund zu stellen und danach zu handeln. Das Gegenteil ist der Fall. In der Stadtverordnetenversammlung wurde der Entwurf des Haushaltsplanes vorgestellt. Es muss gespart werden. 19 Mio Greensill, Corona, Samsung und Gewerbesteuerrückzahlungen, reissen ein Loch in die Kasse, um das zu stopfen, soll der Rotstift u.a. , durch Erhöhung der Beiträge für Kindergärten und Kitas angesetzt werden. Überdenken Sie das bitte. Das ist der falsche Ansatz! Durch die Pandemie haben auch Eltern ihren Job verloren und die Kasse ist leer. Den Posten des hauptamtlichen Ersten Stadtrates nicht zu besetzen, wäre ein Zeichen für die Bürger und Bürgerinnen. Machen Sie doch einfach Ihre Arbeit z.B., dass mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Pflegen Sie Ihre Eitelkeiten wo immer sie wollen, aber nicht zum Nachteil der Menschen, die hier leben. Lassen sie bitte Beschimpfungen “ wie Abschaum“. Hier bleibt der Respekt auf der Strecke. Sorgen sie dafür, dass Schwalbach schnellstens aus dem Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler verschwindet. Sorgen sie dafür, dass im Schwalbacher Rathaus Sachlichkeit, Kompetenz, Respekt und Menschlichkeit wieder in den Fokus gerät.