18. November 2021

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

In ihrem Debütroman „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ erzählt C Pam Zhang von der Sehnsucht, an einem Ort und einer Identität anzukommen, die sich über die Grenzen von Herkunft und Gender hinwegsetzt. „Nacht der Bestimmung“ von Anar Ali ist die berührende Geschichte eines Generationenkonflikts innerhalb einer Familie von Einwanderern. Georg Kleins neuer Roman „Bruder aller Bilder“ führt uns in die Redaktion einer traditionsreichen süddeutschen Regionalzeitung – und in das Zwischenreich von Medialität und belebter Natur.

 

„Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“

Mit einer Pistole in den Händen und der Leiche des Vaters auf dem Rücken des Pferdes sind die chinesischen Waisenkinder Lucy und Sam auf der Flucht durch die Prärie. Amerika ist ein unbarmherziges Land, von Bisonknochen übersät und dem Goldrausch verfallen. Die Geschwister wollen den Vater gemäß dem chinesischen Ritual begraben – mit zwei Silberdollars auf den Augen. Nur auf diese Weise kann Ba nach Hause finden. Doch wo in dieser fremden Welt ist für Lucy und Sam das Zuhause, das so unerreichbar scheint wie das versprochene Gold in den Hügeln?

Mit wilder Sprachmagie erzählt C Pam Zhang, Tochter chinesischer Einwanderer in Amerika, in ihrem Roman „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ von der Sehnsucht anzukommen – an einem Ort und in einer Identität, die sich über die Grenzen von Herkunft und Gender hinwegsetzt.

C Pam Zhang wurde 1990 in Peking geboren, ist aber hauptsächlich ein Kind der Vereinigten Staaten. Sie hat bislang in dreizehn Städten gelebt und ist immer noch auf der Suche nach einem Zuhause. Zahllose Schreibstipendien wurden ihr verliehen, darunter das des renommierten Iowa Writers‘ Workshops. Ihre Literatur erschien u.a. in Harper’s Bazaar und im New Yorker. „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ ist ihr Debütroman, der in den USA zur hochgelobten Überraschungssensation des Jahres wurde. Der Bestseller schaffte es sogar auf die Longlist des Booker Prize und wurde 2020 zu einem von Obamas Lieblingsbüchern. Zhang lebt zurzeit in San Francisco.

C Pam Zhang: „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“
Übersetzt von Eva Regul
S. Fischer Verlag, 2021. 352 Seiten, 22 Euro.

 

„Nacht der Bestimmung“

Es ist das Jahr 1998. Mansoor Visram lebt nun schon seit 25 Jahren in Kanada, seit Diktator Idi Amin sämtliche Südostasiaten aus Uganda vertrieben hat. Mansoor, seine Frau Layla und ihr kleiner Sohn Ashif mussten ein erfolgreiches Leben hinter sich lassen und fliehen. Aber an alte Erfolge anzuknüpfen und die Familie in Kanada zusammenzuhalten ist viel schwieriger, als er erwartet hatte. Immer deutlicher treten die Risse zutage, die bereits vor Generationen – und auf anderen Kontinenten – entstanden sind. Vor allem der Konflikt zwischen Mansoor und seinem inzwischen erwachsenen Sohn spitzt sich immer weiter zu.

In der „Nacht der Bestimmung“, der wichtigsten Nacht des Ramadan, in der sich das Schicksal für das kommende Jahr entscheidet, ereignet sich eine schreckliche Tragödie, die das Leben der Visrams für immer verändern wird, und die sie zwingt, sich endlich den Geistern der Vergangenheit zu stellen.

Anar Ali lebt in Toronto und arbeitet als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen. Ihr erstes Buch, der Kurzgeschichtenband „Baby Khaki’s Wings“, stand auf der Shortlist für den Commonwealth Writer’s Prize, den Trillium Book Award und den Danuta Gleed Literary Prize. „Nacht der Bestimmung“ ist ihr Romandebüt.

Anar Ali: „Nacht der Bestimmung“
Übersetzt von Jan Karsten
Culturebooks Verlag, 2021. 248 Seiten, 22 Euro.

 

„Bruder aller Bilder“

Irgendetwas führt Sportreporter Addi Schmuck im Schilde, als er arrangiert, dass seine junge Kollegin Moni Gottlieb für ihn von allen redaktionellen Pflichten freigestellt wird. Ebenso zwingend selbstverständlich scheint, dass sie ihr Smartphone zu Hause lassen muss, bevor sie die Arena des Bundesliga-Clubs am Südrand der Stadt ansteuern. Der dortige Greenkeeper hat mit einem rätselhaften Naturphänomen zu kämpfen und erhofft sich von Schmuck einen rettenden Rat. Allerdings ist Schmuck in dieser Frage selbst des Beistands bedürftig. Er macht seine Kollegin mit einem brüderlichen Freund bekannt, der ein merkwürdig verwachsenes Refugium bewohnt und nur „der Auskenner“ genannt wird. Ein Spiel zu dritt beginnt. Und Moni Gottlieb, die ebenso vorsichtig wie hellsichtig ist, darf erfahren, wie sich Diesseits und Jenseits verflechten können.


Georg Klein, 1953 in Augsburg geboren, veröffentlichte die Romane „Libidissi“, „Barbar Rosa“, „Die Sonne scheint uns“, „Sünde Güte Blitz“, „Die Zukunft des Mars“ und „Miakro“ sowie die Erzählungsbände „Anrufung des Blinden Fisches“, „Die Logik der Süße“ und „Von den Deutschen“. Für sein Werk wurden ihm der Niedersächsische Staatspreis, der Brüder-Grimm-Preis und der Bachmann-Preis verliehen; für „Roman unserer Kindheit“ erhielt er den Preis der Leipziger Buchmesse 2010.

Georg Klein: „Bruder aller Bilder“
Rowolth Verlag, 2021. 272 Seiten, 22 Euro.

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