2. Dezember 2021

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

In seinem neuen Buch „Glück ist kein Ort“ erzählt der Journalist Juan Moreno Geschichten von unterwegs. Florian Illies erweckt in einem virtuosen Epochengemälde „Liebe in Zeiten des Hasses“ die dreißiger Jahre zum Leben. Vier Fifa-Funktionäre sterben in „SoKo Fußballfieber“ von Gerhard Henschel eines gewaltsamen Todes.

 

„Glück ist kein Ort“

Als der Reporter Juan Moreno von einer seiner Auslandsreisen zurückkommt, sieht er nervös die Drogenspürhunde am Zoll – er ist sich sicher, nach Kokain geradezu zu stinken. Er hat bei kolumbianischen Rebellen im Dschungel auf Kokainplatten geschlafen, anders ging es nicht – aber wie erklärt man das einem deutschen Zollbeamten?

Juan Morenos Geschichten von unterwegs sind eine großartige Lektüre, überraschend, dramatisch, packend. Moreno fährt viertausend Kilometer quer durch Europa mit einem Kleinbus voller Arbeitsmigranten, spricht mit Killern der Farc-Guerilla über Auftragsmord und mit Mike Tyson über Schmerz und Ruhm. Mit kubanischen Fischern fährt er aufs Meer, und er überlebt die gefährlichste Flüchtlingsroute der Welt, den Darién Gap. Als er eine Auszeit braucht, geht er ein Jahr lang auf Weltreise. Aber das Abenteuer wartet auf den, der es versteht, auch anderswo: ob zu Hause, bei den frommen Pilgern auf dem Jakobsweg oder in der Heimat Spanien. Dies alles erzählt Moreno in dem typischen Sound, der ihm seit Jahren eine große Leserschaft sichert: mit Witz und Tiefgang, stilistisch elegant und scharf beobachtet.

Juan Moreno, geboren 1972 in Huércal-Overa (Spanien), arbeitete zunächst für den WDR, dann für die „Süddeutsche Zeitung“. Seitdem ist er vor allem für den „Spiegel“ in aller Welt unterwegs. Moreno hat mehrere Bücher geschrieben, u.a. „Teufelsköche“ (2011), „Uli Hoeneß“ (2014) und zuletzt „Tausend Zeilen Lüge“ (2019) über den Fall Relotius, einen der größten Medienskandale der Nachkriegsgeschichte. Das Buch wurde zum Nr.-1-Bestseller, Juan Moreno als „Journalist des Jahres 2019“ ausgezeichnet. 2020 startete er für den „Spiegel“ den vielbeachteten Auslands-Podcast „Acht Milliarden“.

Juan Moreno: „Glück ist kein Ort“
Rowohlt Verlag, 2021. 304 Seiten, 22 Euro.

 

„Liebe in Zeiten des Hasses“

Als Jean-Paul Sartre mit Simone de Beauvoir im Kranzler-Eck in Berlin Käsekuchen isst, Henry Miller und Anaïs Nin wilde Nächte in Paris und „Stille Tage in Clichy“ erleben, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway sich in New York in leidenschaftliche Affären stürzen, fliehen Bertolt Brecht und Helene Weigel wie Katia und Thomas Mann ins Exil. Genau das ist die Zeit, in der die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland ergreifen, Bücher verbrennen und die Gewalt gegen Juden beginnt.

1933 enden die „Goldenen Zwanziger“ mit einer Vollbremsung. Florian Illies führt uns zurück in die Epoche einer singulären politischen Katastrophe, um von den größten Liebespaaren der Kulturgeschichte zu erzählen: In Berlin, Paris, im Tessin und an der Riviera stemmen sich die großen Helden der Zeit gegen den drohenden Untergang. Eine mitreißend erzählte Reise in die Vergangenheit, die sich wie ein Kommentar zu unserer verunsicherten Gegenwart liest: Liebe in Zeiten des Hasses.

Mit Eleganz und Leichtigkeit verwandelt Florian Illies vergangene Epochen in lebendige Gegenwart. Er zieht überraschende Querverbindungen zwischen den Protagonisten und verknüpft Szenen und Momentaufnahmen zu mitreißenden Panoramen. Sein Welterfolg „1913. Der Sommer des Jahrhunderts“, mit dem Illies ein neues Genre begründete, führte monatelang die Spiegel-Bestsellerliste an. Illies, geboren 1971, studierte Kunstgeschichte in Bonn und Oxford. Er war Feuilletonchef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ und der „Zeit“, Verleger des Rowohlt Verlages, leitete das Auktionshaus Grisebach und gründete die Kunstzeitschrift „Monopol“. Heute ist Florian Illies Mitherausgeber der „Zeit“ und freier Schriftsteller. Er lebt in Berlin.

Florian Illies: „Liebe in Zeiten des Hasses“
S. Fischer Verlag, 2021. 432 Seiten, 24 Euro.

 

„SoKo Fußballfieber“

Vier Fifa-Funktionäre sterben eines gewaltsamen Todes: in Uelzen, in Seoul, in einem argentinischen Nationalpark und in Piräus. Und das ist erst der Auftakt einer Serie grausamer Morde. In Athen tritt eine internationale Sonderkommission zusammen, der sich auch Kommissar Gerold Gerold und Kommissarin Ute Fischer aus Uelzen anschließen.

Wie sich zeigt, helfen in diesem Fall nur außergewöhnliche Methoden. Kommissarin Fischer wird als verdeckte Ermittlerin in die Zürcher Fifa-Zentrale eingeschleust, und Kommissar Gerold verfolgt eine Spur, die ihn nach Hannover, Greetsiel, Casablanca und immer weiter um die Welt führt. Währenddessen kämpft der deutsche Dichter Thomas Gsella sich durch den Mittleren Osten, bis sich in Asien ein mörderischer Showdown anbahnt. Können Gsella, Gerold und die Fischerin die größte Katastrophe der Fußballgeschichte verhindern?

Gerhard Henschel, geboren 1962, lebt als freier Schriftsteller in der Nähe von Hamburg. Sein Briefroman „Die Liebenden“ (2002) begeisterte die Kritik ebenso wie die Abenteuer seines Erzählers Martin Schlosser. Henschel ist außerdem Autor der SoKo-Krimis „Heidefieber“ und „Fußballfieber“ sowie zahlreicher Sachbücher. Er wurde unter anderen mit dem Hannelore-Greve-Literaturpreis, dem Nicolas-Born-Preis und dem Georg-K. Glaser-Preis ausgezeichnet.

Gerhard Henschel: „SoKo Fußballfieber“
Hoffmann und Campe, 2021. 432 Seiten, 24 Euro.

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