14. Dezember 2021

Mit einem Trick setzt die SPD-CDU-Koalition den neuen Ersten Stadtrat durch

Opposition spricht von „Rechtsbeugung“

Thomas Milkowitsch soll nach dem Willen der CDU hauptamtlicher Erster Stadtrat in Schwalbach werden. Archivfoto: Schlosser

Beim letzten Mal verließen SPD und CDU noch wutentbrannt den Sitzungssaal, weil Katja Lindenau (B90/Die Grünen) mit einer vermeintlichen persönlichen Erklärung gegen die Geschäftsordnung des Parlaments verstoßen hatte. Am vergangenen Donnerstag nahm es nun die Koalition selbst nicht so genau mit den Regeln des Stadtparlaments.

Die hätten ziemlich eindeutig verlangt, dass der Antrag von SPD und CDU, den neuen Posten eines hauptamtlichen Ersten Stadtrats zu beschließen, am Ende der Sitzung beraten werden muss, weil ihn die beiden Parteien erst vor wenigen Tagen eingebracht haben. Denn Anträge müssen immer der Reihe nach abgearbeitet werden. Bei der Länge der Tagesordnung hätte der Beschluss damit aber mit großer Wahrscheinlichkeit vertagt werden müssen, weil die Stadtverordneten nicht länger als bis 22 Uhr tagen sollen.

Da die Koalition aber unbedingt noch in diesem Jahr den Beschluss herbeiführen wollte, setzte Stadtverordnetenvorsteher Günter Pabst (SPD-Fraktion) den Antrag entgegen der Geschäftsordnung weiter nach vorne. Seine Begründung lautete, dass der Antrag in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Haushalt für 2022 stehe und folglich auch zeitnah beraten werden müsse. Im Zusammenhang mit dem Haushalt stehen allerdings alle Anträge, die irgendwie Geld kosten.

So gelang es der Koalition, den teuren und umstrittenen Posten des Ersten Stadtrats um Punkt 21.55 Uhr zu beschließen. Entsprechend verärgert waren die Oppositions-Parteien Grüne und FDP/Freie Bürger. Deren Fraktionsvorsitzende Stephanie Müller sagt: „Mit diesem Vorgehen hat Günter Pabst die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung und ihrer Ausschüsse missachtet.“ Es sei ein „starkes Stück“, die Geschäftsordnung auszuhebeln. Stephanie Müller: „SPD- und CDU-Fraktion können so ihre eigenen Anträge grundsätzlich auf der Tagesordnung jeweils ganz vorne platzieren und damit dafür sorgen, dass Anträge der Opposition im schlechtesten Fall gar nicht mehr beraten werden können.“ Sie spricht von „Rechtsbeugung“. Schön wäre es, wenn die Schwalbacher Stadtverordnete Nancy Faeser (SPD), die seit kurzem auch Bundesinnenministerin ist, den beiden Faktionsvorsitzenden von SPD und CDU die parlamentarischen Spielregeln erklären würde. SPD-Fraktions-Chef Eyke Grüning ist der Ehemann von Nancy Faeser.

Die Grünen fürchten, dass künftig „Willkürentscheidungen“ der großen Koalition an die Stelle einer ausgewogenen Machtbalance treten werden. Fraktionsvorsitzende Barbara Blaschek-Bernhardt schreibt in einer Stellungnahme: „Der neue hauptamtliche Stadtrat muss mit dem Makel leben, dass seine um ein paar Wochen beschleunigte Ernennung nur durch einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Parlaments ermöglicht wurde. Und selten ist eine Ankündigung, dass der neue Stadtrat `Brücken zur Opposition bauen wolle´, schon von vornherein so unglaubwürdig erschienen.“

„Es gibt genug zu tun“

Über die Notwendigkeit eines weiteren politischen Beamten im Rathaus gab es während der Debatte vollkommen unterschiedliche Auffassungen zwischen Koalition und Opposition. Axel Fink (CDU) erklärte eine Stadt von der Größe Schwalbachs habe „mehr als genug Aufgaben“ für zwei Personen an der Spitze. Außerdem sei es ja nur eine von 175 Stellen bei der Stadt Schwalbach.

Stephanie Müller erinnerte daran, dass der Bund der Steuerzahler eine solche Stelle erst für Städte ab 20.000 Einwohner empfiehlt und forderte CDU und SPD dazu auf, zumindest so ehrlich zu sein und zu erklären, dass es sich um ein „rein politisches Amt“ handelt. Barbara Blaschek-Bernhardt erklärte, sie sei „entsetzt“ über das Vorgehen: „Der Haushalt 2022 belastet viele Familien. Und die CDU bekommt als Dankeschön den Posten des Ersten Stadtrats.“

Wie hoch die Kosten sind, die durch die neue Stelle entstehen, ist unklar. Axel Fink geht von 134.000 Euro im Jahr aus. FDP/Freie Bürger und Grüne rechnen mit mehr als 200.000 Euro pro Jahr, so dass die sechsjährige Amtszeit von Thomas Milkowitsch, der den Posten bekommen soll, die Stadt mehr als eine Million Euro kosten würde. MS

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