2. Februar 2022

Leserbrief

Einfach „Digital“

Zum Thema „Digitalisierung im Rathaus“ erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Dieter Gais. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.

Dabei ist das zugrunde liegende Problem eher „analog“ – nämlich ein fehlender Mülltonnendeckel. Ein Anruf durch den Mieter beim Müllentsorgungsunternehmen „Knettenbrech + Gurdulic“, welches kostenpflichtig auch mit dem wöchentlichen Vollservice beauftragt ist, sollte eigentlich zur Lösung des Problems genügen. Der fehlende Deckel hätte eigentlich bei der kameraüberwachten Leerung und natürlich auch dem Mülllader, der die Tonne am Haus abholt und zurückbringt, auffallen müssen. Der Deckel wurde vermutlich zusammen mit dem übrigen Tonneninhalt entsorgt.

„Knettenbrech + Gurdulic“ verweist im Zusammenhang mit dem fehlenden Mülldeckel auf die Zuständigkeit der Stadt Schwalbach. Also Anruf des Mieters bei der zuständigen Sachbearbeiterin, welche auch, weil sie nicht direkt telefonisch zu erreichen war, tatsächlich zurückruft. Sie verweist meinen Mieter auf den „online“ zur Verfügung stehenden Antrag zur Abfallentsorgung, der allerdings nur durch die Grundstückseigentümer auszufüllen und handschriftlich zu unterschreiben ist.

Die Unterschrift des Mieters reicht nicht. Der Antrag kann weder direkt noch indirekt als E-Mail-Anhang an die Stadt Schwalbach versendet werden. Aber es kommt noch schlechter. Der Antrag lässt sich zwar „online“ mit Umlauten in Straßennamen etc. ausfüllen, aber lediglich die Ankreuzfelder und die Nummernfelder können anschließend als PDF korrekt ausgedruckt werden. Als Ursache vermute ich eine voreingestellte und nicht veränderbare, druckbare Schriftgröße oder zu kleine Feldgrößen. Lediglich ein „verkürzter“ Feldinhalt wird widergegeben – der Ausdruck von Umlauten ist offensichtlich gar nicht vorgesehen.

Wer ist für solche Webinhalte bei der Stadt Schwalbach verantwortlich und wer testet solche „Anwendungen“? Gut, das Zeitalter des Faxes ist unter der Nummer 06196/804-300 in Schwalbach noch nicht zu Ende. Nur welche Privatperson besitzt (noch) ein Fax-Gerät?

Die Lösung des Problems sollte dann mein persönlicher Besuch im Bürgerbüro bringen. Ich hätte mir gerne den Besuch des Bürgerbüros mit dessen Corona-Beschränkungen erspart, denn nachdem ich mich bereits durch meine CovPass-App als dreifachgeimpft ausgewiesen hatte, sollte ich mich auch noch per Ausweis identifizieren. Es geht schließlich um den Ersatz eines fehlenden Mülltonnendeckels.

Zunächst habe ich meinen stets griffbereiten Behinderten-Ausweis mit Bild und meinen Führerschein im Scheckkartenformat vorgezeigt, schließlich werden beide ja auch von anderen offiziellen Stellen anerkannt. Nicht so im Bürgerbüro der Stadt Schwalbach. Da hat Gründlichkeit und gewissenhafte Pflichterfüllung Vorrang. Schlussendlich gelang es mir mich mit meinen auch digital lesbaren Personalausweis als Bürger der Stadt Schwalbach am Taunus zu legitimieren. Ob mit der gleichen Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit größere Geldanlagen durch die Stadt Schwalbach durchgeführt wurden, darüber kann ich nur spekulieren.

Aber zurück zum fehlenden Mülldeckel: Tatsächlich wurde mein Antrag zur Abfallentsorgung nach kurzer Diskussion wegen der fehlenden (besser gesagt nicht ausdruckbaren Infos) per Scan und „Hausdatenleitung“ (quasi als Fax) vom Bürgerbüro in die zuständige Fachabteilung weitergeleitet. Viel umständlicher hätte ich es mir nicht ausdenken können.

Jetzt bin ich gespannt, wann und durch wen der fehlende Mülltonnendeckel oder der Austausch der ganzen Tonne durchgeführt wird? Habe gerade durch die Mitarbeiterin erfahren, dass die komplette Tonne am 8. Februar durch „Knettenbrech + Gurdulic“ ausgetauscht wird. Jetzt also doch durch den Entsorger, unsere erste Anlaufstelle. Das alles wäre bestimmt auch deutlich einfacher und schneller zu erledigen gewesen. Schließlich ist der Austausch eines Müllbehälterdeckels garantiert ein analoger Vorgang.

Nebenbei bemerkt ist es mir gelungen, bei der eigentlich Pandemie-bedingt „geschlossenen“ Zulassungsstelle in Hofheim in einer Nacht von Samstag auf Sonntag mein neues KFZ völlig selbstständig und erfolgreich zuzulassen. Es geht also doch digital. Die Siegelmarken des Landrats des MTK und die TÜV-Plakette wurden dann später noch ganz analog aufgeklebt. Übrigens, viele unserer Nachbarländer verzichten schon seit vielen Jahren auf derartige „Aufkleber“ oder verwendeten sie noch nie. Dieter Gais, Schwalbach

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