8. März 2022

Der Revisionsbericht zum Greensill-Desaster ist seit drei Monaten fertig

Keine „lückenlose Aufklärung“

Schwalbach hat 19 Millionen Euro bei der mittlerweile insolventen Greensill-Bank angelegt.

Die Aufklärung der Schwalbacher Greensill-Affäre gestaltet sich weiter schwierig. Jetzt wurde bekannt, dass der detaillierte Bericht der Revision des Main-Taunus-Kreis schon seit Monaten im Rathaus liegt, ohne dass ihn Bürgermeister Alexander Immisch (SPD) an die zuständigen Gremien weitergeleitet hat.

Wie berichtet hat der Bürgermeister zwischen Juni 2020 und Februar 2021 Festgelder bei der Bremer Greensill-Bank angelegt, obwohl ihm das ein Beschluss des Magistrats verbot. Als die Bank im März 2021 Insolvenz anmelden musste, hatte die Stadt 19 Millionen Euro auf deren Konten. Das Geld hat die Stadt mittlerweile vollständig abgeschrieben. Wegen der desaströsen Geldanlagen ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen Alexander Immisch. Im vergangenen Sommer tagte ein Akteneinsichtsausschuss.

Der kam mit der Mehrheit der SPD-CDU-Koalition zu dem Ergebnis, dass man nicht nachweisen könne, dass es der Bürgermeister gewesen sei, der die langjährige, konservative Anlagestrategie der Stadt geändert hat. Tatsache ist allerdings, dass dies nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt geschah. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch, ebenso ein Disziplinarverfahren des Main-Taunus-Kreises und diverse Dienstaufsichtsbeschwerden gegen den Bürgermeister. Seit einer Hausdurchsuchung im Rathaus Anfang Mai 2021 schweigt Alexander Immisch und verweigert öffentlich alle Auskünfte zu den Vorgängen rund um die Festgeldanlagen.

Was passiert ist, hat auch die Revision des Main-Taunus-Kreises untersucht. Ende November vergangenen Jahres hat sie ihren Bericht abgeschlossen, der nach Informationen aus dem Kreishaus kurz darauf nach Schwalbach geschickt worden ist. Die Existenz des Berichts bestätigte Alexander Immisch allerdings erst Mitte Februar auf Anfrage der Schwalbacher Zeitung. Der Bericht werde „gegenwärtig analysiert“ und sei auch der Staatsanwaltschaft zugeleitet worden, hieß es vor drei Wochen.

Auf eine weitere Nachfrage erklärte die Rathaus-Pressestelle am Montag dieser Woche: „Der Magistrat hat den Bericht erhalten, aber noch nicht abschließend diskutiert.“ Fakt ist aber, dass das Papier aus dem Landratsamt auch drei Monate nach seiner Fertigstellung noch nicht einmal auf der Tagesordnung des Gremiums gestanden hat. Wortlos sollen die Magistratsmitglieder den Bericht nach der Sitzung am 28. Februar zum Selbststudium erhalten haben.

Ob der mutmaßlich brisante Bericht überhaupt jemals das Licht der Öffentlichkeit erblickt, ist unklar. „Sollte der Magistrat den Beschluss zur Veröffentlichung fassen, so würde der Bericht zunächst von der Revision des Main-Taunus-Kreises datenschutzrechtlich überarbeitet und im Anschluss daran veröffentlicht“, erklärt die städtische Pressestelle. Unklar ist auch, ob und wann das Stadtparlament Einsicht bekommt und über die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Revisoren beraten kann.

Der Umgang mit dem Revisionsbericht reiht sich in die gesamte Kommunikation der Stadtverwaltung zu den Greensill-Anlagen ein. Schon im März 2021 ließ sich Bürgermeister Alexander Immisch fünf Tage Zeit, bis er Gremien und Öffentlichkeit über das Desaster informierte. Von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erfuhren Bürger und Parlamentarier aus der Presse. Der Schwalbacher Zeitung verweigert das Rathaus seit dem vergangenen Sommer die Einsicht in die Akten. Und auch der Akteneinsichtsausschuss sollte ursprünglich nach dem Willen der großen Koalition nichtöffentlich tagen. Eine „lückenlose Aufklärung“, wie sie Alexander Immisch im April 2021 in der Stadtverordnetenversammlung versprochen hat, sieht anders aus. MS

Lesen Sie dazu auch den Kommentar „Recht auf Aufklärung“!

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