10. März 2022

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

Asako Yuzuki legt mit „Butter“ einen universellen Roman über Genuss, Lebenskunst und die Geschichte einer weiblichen Befreiung vor. „Wir waren wie Brüder“ von Daniel Schulz ist eine drastische Heraufbeschwörung der unmittelbaren Nachwendezeit und ein nur allzu gegenwärtiger Roman über die oft banalen Ursprünge von Rassismus und rechter Gewalt. Aharon Appelfeld schreibt in „Sommernächte“ über eine Reise voller Schrecken und Abenteuer, über Freundschaft und Nähe und darüber, wie man allem Dunklen trotz.

 

„Butter“

Rika, eine junge Journalistin in Tokio, recherchiert über die Serienmöderin Manako Kajii, die Männer mit ihren Kochkünsten verführt und anschließend umgebracht haben soll. Manako behauptet, sie verabscheut nichts mehr als „Margarine und Feministinnen“ und hat eine ausgeprägte Leidenschaft für hemmungslosen Genuss und insbesondere Butter. Jetzt, wo sie im Gefängnis sitzt, empfängt sie Rika, unter der Bedingung, nur über ihre Kochkünste zu reden. Für Rika werden die Begegnungen mit Manako zu einer Meisterklasse der Lebenskunst. Ein Roman, der Genuss, Essen und Trinken feiert, vor allem aber die unmöglichen Erwartungen thematisiert, die an Frauen in patriarchalen Gesellschaften heute gestellt werden.

Asako Yuzuki wurde 1981 in Tokio geboren. Sie wurde für ihr Schreiben vielfach ausgezeichnet. Ihr Roman „Butter“ ist in Japan ein Bestseller und verkaufte 200.000 Exemplare.

Asako Yuzuki: „Butter“
Übersetzt von Ursula Gräfe
Blumenbar Verlag, 2022. 442 Seiten, 23 Euro.

 

„Wir waren wie Brüder“

Er ist zehn, als in der DDR die Revolution ausbricht. Während sich viele nach Freiheit sehnen, hat er Angst: vor den Imperialisten und Faschisten, vor denen seine Lehrerinnen ihn gewarnt haben. Vor dem, was kommt und was er nicht kennt. Wenige Jahre später wird er wegen seiner langen Haare von Neonazis verfolgt. Gleichzeitig trifft er sich mit Rechten, weil er sich bei ihnen sicher fühlt. So sicher wie bei Mariam, deren Familie aus Georgien kommt und die vor gar nichts Angst hat. Doch er muss sich entscheiden, auf welcher Seite er steht.

Daniel Schulz wurde 1979 in Potsdam geboren und wuchs in einem brandenburgischen Dorf auf. Er studierte Politikwissenschaft und Journalistik in Leipzig. Nach ersten Stationen bei Zitty, Märkische Allgemeine und Freies Wort ging er zur taz, wo er heute das Ressort Reportage leitet. 2018 erhielt er den Reporterpreis und 2019 den Theodor-Wolff-Preis.

Daniel Schulz: „Wir waren wie Brüder“
Hanser Berlin, 2022. 288 Seiten, 23 Euro.

 

„Sommernächte“

Mitten im Zweiten Weltkrieg: Der elfjährige Michael bleibt auf der Flucht bei Sergei zurück, einem Freund seines Vaters. Der ukrainische Veteran zieht als Landstreicher umher, seit er sein Augenlicht verloren hat. Doch Sergei kümmert sich um den Jungen, nun Janek genannt. Er bringt ihm alles bei, was er weiß, auch, wie man sein eigenes Leben schützt, mit Angst, Hunger und Kälte lebt. Sie ziehen von Dorf zu Dorf, müssen sich durchschlagen, werden von Bauern angegriffen. Doch zusammen überstehen der Junge und der alte Mann jede Gefahr, und sie erleben auch Freuden – Janek träumt von einem Mädchen, eine zarte Liebe. Auf ihrem Weg durch Nacht und Wälder lernen sie, mit der Vergangenheit umzugehen, ohne sich von ihr überwältigen zu lassen, Janek vom Judenhass, den er erleben musste, Sergei von der Erinnerung an eine Frau, die er einst liebte und verließ.

Aharon Appelfeld wurde 1932 in Czernowitz geboren, er starb 2018 bei Tel Aviv. Nach Verfolgung und Krieg, die er im Ghetto, im Lager, dann in den ukrainischen Wäldern und als Küchenjunge der Roten Armee überlebte, kam er 1946 nach Palästina. In Israel wurde er später Professor für Literatur. Seine Romane und Erinnerungen, unter anderem mit dem Prix Médicis und dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet, sind in mehr als fünfunddreißig Sprachen erschienen, auf Deutsch zuletzt „Meine Eltern“.

Aharon Appelfeld: „Sommernächte“
Übersetzt von Gundula Schiffer
Rowolth Berlin, 2022. 224 Seiten, 22 Euro.

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