29. März 2022

Gedenkwanderung der „Eulen“ und der „Wilden Rose“ zum Bad Sodener Eichwald

Ein entsetzliches Verbrechen

Neun Schwalbacher wanderten am Samstagnachmittag zum Gedenkstein von zwei 18-Jährigen, die am 26. März 1945 als Deserteure im Sodener Eichwald hingerichtet wurden. Foto: Ludwig

Auch in diesem Jahr lud Herbert Swoboda anlässlich des Jahrestages der Ermordung zweier junger Männer durch Angehörige der SS wieder zu einer Gedenkwanderung zum Schauplatz des Verbrechens ein. Und so machte sich am Samstagnachmittag eine kleine Gruppe von neun Leuten von der Stadtinsel auf den Weg durch die Schwalbacher Altstadt und weiter über Feld und Flur nach Bad Soden.

Dort wurden am 26. März 1945 zwei 18jährige hingerichtet, die zuvor als Deserteure zum Tode verurteilt worden waren. Nicht zuletzt den hartnäckigen Recherchen des Bundes Deutscher Pfandfinder Main-Taunus seit den 80er Jahren ist es zu verdanken, dass wir heute wenigstens Namen und Geschichte eines der beiden Nazi-Opfer kennen: Wendelin Bauer, geboren am 11. März 1927, stammte aus einem kleinen Dorf im Hunsrück. Er war als 17jähriger in ein Wehrertüchtigungslager in Weimar eingezogen worden, um nach vier Monaten Grundausbildung in einer nordhessischen Flakeinheit zur Luftabwehr eingesetzt zu werden. Ein in den letzten Kriegsmonaten durchaus typisches Schicksal zahlloser Jugendlicher.
Doch im Unterschied zu vielen seiner Alters- und Leidensgenossen hatten Wendelin und sein Bataillon einen vernünftigen und verantwortungsvollen Befehlshaber. Angesichts der völlig aussichtslosen Lage schickte der Infanterieoffizier seine Jungs im März 1945 nämlich kurzerhand nach Hause. Wendelin Bauer war also nicht einmal ein Deserteur gewesen.
In Zivilkleidung gelang es ihm immerhin, sich bis nach Assmannshausen durchzuschlagen. Der Heimat schon ganz nahe, war jedoch der Rhein ein Hindernis, das es zu überwinden galt. Während auf der anderen Seite bereits die Amerikaner waren, kontrollierten letzte fanatische Nazis noch das hessische Rheinufer und nahmen Wendelin Bauer nach einem entsprechenden Hinweis fest. Gemeinsam mit weiteren angeblichen Deserteuren wurde der junge Eisenbahner-Sohn nach Bad Soden gebracht, um dort der Fahnenflucht angeklagt, zum Tode verurteilt und schließlich im Eichwald erschossen zu werden – in den allerletzten Tagen eines bereits verlorenen Krieges.
Zwei unterschiedliche Gedenksteine erinnern vor Ort an die Gräueltat: Eine Informationstafel steht direkt an einem der Waldwege und wird von vielen Spaziergängern wie Radfahrern beachtet. Ein alter Stein ohne Inschrift steht dagegen abseits der Wege im Unterholz und ist weniger bekannt. Ihn hatte nach der Tat ein Förster am Ort des Geschehens zur Erinnerung aufgestellt.
Die Gruppe um Herbert Swoboda machte an beiden Stellen Halt, um der beiden jungen Opfer zu gedenken. Auf dem zweiten Stein lagen bereits zahlreiche bunte Erinnerungskiesel. Hier packte Herbert Swoboda seine Gitarre aus. Und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sangen Lieder und lasen Texte. Gerade vor dem aktuellen Hintergrund, dass nach Jahrzehnten des Friedens in unseren Tagen wieder ein furchtbarer Krieg in Europa tobt, gewann eine kleine Veranstaltung große Bedeutung. cl

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