Ein halbes Jahr nach der Fertigstellung werden die Stadtverordneten am morgigen Donnerstag erstmals über den Revisionsbericht über die Festgeldanlagen der Stadt Schwalbach bei der insolventen Greensill-Bank beraten. Bürgermeister Alexander Immisch (SPD), gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des 19 Millionen Euro teuren Desasters ermittelt, hat den Bericht zuvor zur Verschlusssache erklären lassen, über die öffentlich nicht geredet werden darf.
Der brisante Bericht aus Hofheim legt wahrscheinlich detailliert dar, wie es dazu kommen konnte, dass Alexander Immisch zusammen mit der Leiterin der Stadtkasse 19 Millionen Euro Steuergelder so angelegt hat, dass sie voraussichtlich für immer verloren sind. Mehrere Monate haben die Revisoren des Main-Taunus-Kreises damit verbracht, die Festgeldanlagen der Stadt zu prüfen, haben E-Mail-Verkehre gelesen und Zahlungsströme ermittelt. Sie haben Fragenkataloge erstellt und die Antworten auf ihre Plausibilität untersucht. Wenn die Prüfer ihre Arbeit richtig gemacht haben, dürften in dem Dokument alle Fehlleistungen und Rechtsverstöße aufgedeckt sein, die die beiden Betroffenen im Zusammenhang mit den Geldanlagen mutmaßlich begangen haben.
Warum der Magistrat den Bericht zur Verschlusssache erklärt hat, wurde bisher nicht genau erläutert. Der Schwalbacher Zeitung erklärt das Hauptamt der Stadt Schwalbach, dass die Revision des Main-Taunus-Kreises dieses Vorgehen empfohlen habe. Dabei beziehen sich die Beamten aus Hofheim allerdings vor allem auf Geschäftsgeheimnisse wie konkrete Angebote von Banken und Anlagevermittlern sowie auf Personalangelegenheiten. Die mutmaßlichen Verfehlungen dagegen sind kein Anlass für eine Geheimhaltung, bleiben durch den Verschlusssache-Stempel aber ebenfalls im Verborgenen.
Bürgermeister Alexander Immisch behauptet, durch die Geheimhaltung werde mehr Transparenz geschaffen. In einem Brief an die Stadtverordneten schreibt er: „Somit sind auch sämtliche Anlagen zu dem Bericht für Sie zugänglich, was bei einer anonymisierten Fassung nicht möglich gewesen wäre. Dieses Verfahren dient somit der besseren Lesbarkeit des Berichtes und damit einhergehend der Transparenz.“
Ob es rechtlich überhaupt zulässig ist, den Revisionsbericht zur Verschlusssache zu erklären, ist fraglich. Der Gesetzgeber legt hohe Hürden vor eine Geheimhaltung. So steht in der Verschlusssachenanweisung des Landes Hessen: „Dabei kommt eine VS-Einstufung grundsätzlich nur bei Informationen in Betracht, die die äußere Sicherheit, auswärtige Beziehungen, innere Sicherheit oder durch die Bundesrepublik Deutschland zu schützende Belange Dritter betreffen.“ Als Beispiele für die Kennzeichnung „nur für den Dienstgebrauch“ nennt die Anweisung unter anderem Fahndungsunterlagen aus den Bereichen Terrorismus/Extremismus oder Abschlussberichte von Sicherheitsüberprüfungen.
Dass der Magistrat den Revisionsbericht trotzdem zur Verschlusssache erklärt hat, führt dazu, dass die Stadtverordneten wahrscheinlich nur nicht-öffentliche darüber beraten werden – es sei denn, sie haben den Mut sich gegen den Willen des Magistrats zu stemmen. Die 37 Parlamentarier haben zwischenzeitlich zumindest die Möglichkeit erhalten, jeweils ein nummeriertes, nur leicht geschwärztes Exemplar des Revisionsberichts zu bekommen. Sie mussten sich aber in einer Vertraulichkeitserklärung schriftlich dazu verpflichten, das Dokument nicht zu kopieren, weiterzugeben oder über den Inhalt zu sprechen.
Die Schwalbacher Zeitung hat über das Hessische Informationsfreiheitsgesetz versucht, Einsicht in den Bericht zu erhalten. Das wurde sowohl von der Stadt Schwalbach als auch vom Main-Taunus-Kreis verweigert. Wegen des außerordentlichen öffentlichen Interesses an einer Aufklärung der Greensill-Affäre wird diese Zeitung dem widersprechen und gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht gegen die Ablehnungsbescheide klagen.
„Peinliches Versteckspiel“
Als einzige Fraktion haben sich bisher die Grünen dazu geäußert, dass der Revisionsbericht zur Geheimsache erklärt worden ist. Stadtverordneter Arnold Bernhardt spricht von einem „peinlichen Versteckspiel“. „Es gibt keinen legitimen Grund, die Öffentlichkeit von den Beratungen auszuschließen“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Dienstag. Die Öffentlichkeit habe bei einem „Schadensfall von historischer Dimension“ einen Anspruch darauf, Einblicke darüber zu erhalten, wie es dazu kommen konnte. Die Grünen fordern, dass der Revisionsbericht zunächst im Haupt- und Finanzausschuss und dann in der Stadtverordnetenversammlung öffentlich beraten wird. MS
Wenn jemand unschuldig ist, der hat auch nichts zu verstecken. Die Berichte unter Verschluss zu halten, beweist das Gegenteil.
Die Wähler und Steuerzahler haben das Recht zu wissen, wie mit deren Gelder umgegangen wurde.
Bravo Herr Schlosser, dass Sie sich für die Aufklärung dieses Desasters einsetzen.
Und Sie, Herr Immisch: Schämen Sie sich!
Es wäre deutlich leichter zu entspannen wenn der Sachverhalt transparent dargestellt würde. Bis dahin kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier krass gemauschelt wird.
Jetzt ist der Erste Stadtrat für die Finanzangelegenheiten zuständig. Zudem ist er Jurist. Wenn er diesem Verfahren nicht widerspricht wird schon etwas dran sein an der Vertraulichkeit
Noch immer läuft ein Verfahren der Staatsanwaltschaft. Dieser sollte eine sachorientierte Arbeit mit Blick auf strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zugetraut werden. Spätestens mit Abschluss dieses Verfahrens wird die interessierte Öffentlichkeit nicht mehr ausgeblendet werden können.
Bleiben wir entspannt.
Ein großes Trauerspiel für die Demokratie! Bleibt zu hoffen, dass die Parlamentarier für echte Transparenz sorgen.
Wird eine Rechnung nur 1 Tag zu spät bezahlt, wird einen Mahngebühren aufgedrückt. Machen Amts./Titelträger Fehler
versucht man es von sich zu weisen!
Ich hoffe die verantwortlichen werden zu Rechenschaft gezogen!