15. Juni 2022

Leserbrief

„Fehleingeschätzte Narrenfreiheit“

Zum Artikel „Geheimakte Greensill“ in der Ausgabe vom 9. Juni erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Herbert Ochs. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer an info@schwalbacher-zeitung.de.Zunächst vielen Dank an Mathias Schlosser für die kritische Offenlegung bezüglich des Greensill-Verfahrens. Man gewinnt immer mehr den Eindruck, dass nur die Medien, die sogenannte vierte Gewalt also, mit den aufklärenden Recherchen unseren Rechtsstaat wenigstens einigermaßen noch am Leben erhalten und uns so vor Korruption sowie etwaigem schleichendem „Oligarchentum“ schützen.
Vermutlich ist sich auch Alexander Immisch nicht darüber im Klaren, dass der hier zur Disposition stehende Schaden sich nicht auf die verspekulierte Summe von 19 Millionen Euro begrenzt, sondern sein fragwürdiges Geschäftsgebaren unter der geschilderten abstrus-paradoxen Verschleierungstaktik geradezu einlädt, nach (alt bekannten?) „Alternativen“ Ausschau zu halten.
Ausgerechnet auch in Schwalbach, dem Heimatort der aktuellen Bundesinnenministerin, die sich offenkundig dem Kampf gegen die Radikalisierung verschrieben hat, beginnen die mühsam aufgebauten demokratischen, aber schon rissige Mauern wie eine mangelhaft gewartete Autobahnbrücke einzustürzen.
Auch wenn die „Bürgerbrücke“ (wie hier) zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Bürgermeister (oder global zwischen Volk und Volksvertreter) hierzulande weitaus gefestigter ist als die vor 100 Jahren, heißt das noch lange nicht, dass sie unverletzbar oder gar unzerstörbar ist und ehemals demokratisch gewählte sogenannte Vertrauens- und Respektpersonen ihre eigene Arroganz unter fehleingeschätzter Narrenfreiheit dafür benutzen uns als „Untertanen“ ewig zum Narren halten zu können. Aber nicht alle Deutschen heißen Michel.
Bleibt also zu hoffen, dass, wie bereits oben erwähnt, es wenigstens den Medien mit wachsamem Auge unter kontrollierendem Blick auch weiterhin gelingt die „schwarzen Böcke von den weißen“ zu scheiden, damit es nicht abermals andere Staaten sind, die uns den Begriff „Demokratie“ und „Rechtstaatlichkeit“ neu erklären müssen.

Herbert Ochs,
Schwalbach

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