6. Juli 2022

Leserbrief

„Es braucht mehr für die Verkehrswende“

Zum Kommentar „Der Weg ist das Ziel“ in der Ausgabe vom 15. Juni erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Christian Wiener. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer an info@schwalbacher-zeitung.de.Von einer mehrtägigen Fahrradtour mit der Bahn zurückgekehrt, las ich verspätet die Schwalbacher Spitzen. In ihnen heißt es, dass die Ostsee an einem Tag nicht zu erreichen ist. Das stimmt nicht. Bei Abfahrt um 0.55 Uhr in Schwalbach-Limes erreicht man mit dem 9-Euro-Ticket um 13.21 Uhr den Timmendorfer-Strand. Dann bleibt gerade genug Zeit für ein Fußbad in der Ostsee, ehe der Zug um 13.39 Uhr wieder abfährt und Schwalbach um 23.34 Uhr erreicht wird.
So ist, unabhängig von der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens, die Theorie. Doch leider deckt das 9-Euro-Ticket auch gnadenlos die Mängel des Systems Bahn auf. Kaum ein Zug schafft es derzeit pünktlich – das heißt mit maximal sechs Minuten Verspätung – ans Ziel. Bei über einem Dutzend Umstiegen bei einer Ostseereise ist schon rein statistisch ein Zug verspätet. Fällt er ganz aus, ist er auch nicht verspätet. Von zu kleinen Zugeinheiten, geschlossenen Toiletten, Problemen an der Strecke, Personalmangel oder Streitigkeiten zwischen den Betreibern von Netz und Betrieb ganz zu schweigen. 
Da bleibt nur der neidische Blick in die flächenmäßig kleine Schweiz, die seit vielen Jahren pro Kopf erheblich mehr Geld für den ÖPNV ausgibt.
Wenn ich aus beruflichen Gründen verreisen muss – und das tue ich gerne mit der Bahn -, dann nehme ich sowieso schon ein bis zwei Züge früher. Aber: Das Gleiche machen auch Autofahrerinnen und Autofahrer, die zur Sicherheit einen Stau einplanen. 
Für Vergnügungsreisen ist das 9-Euro-Ticket prima, für eine dauerhafte und notwendige Verkehrswende ist es nicht mehr, als ein Anfang. Hier braucht es den politischen Willen und viel Geld für Infrastruktur und Betrieb der Bahn und für attraktive und bezahlbare Angebote.

Christian Wiener,
Schwalbach

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