7. Juli 2022

Das Evangelische Dekanat Kronberg bereitet sich auf die Zukunft vor

Fusion der Kirchengemeinden?

Für Präses Dr. Volkmar Oberklus und Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp ist es wichtig, dass auch zukünftig das Profil der Kirchengemeinde vor Ort erhalten bleibt. Foto: Ev. Dekanat

Die Dekanate und Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beschäftigt derzeit der Zukunftsprozess „ekhn2030“. Präses Dr. Volkmar Oberklus und Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp berichten, wie das Dekanat Kronberg sich darauf vorbereitet, zu dem auch die beiden evangelischen Kirchengemeinden in Schwalbach gehören.

Das Projekt trägt den sinkenden Kirchenmitgliederzahlen und den damit verbundenen niedrigeren Kirchensteuereinnahmen sowie dem fehlenden Pfarrernachwuchs Rechnung. Dies soll landeskirchenweit unter anderem durch den Zusammenschluss einzelner Kirchengemeinden in Nachbarschaftsräume mit gemeinsamen Verkündigungsteams sowie durch eine Reduzierung der Aufwendungen für den Gebäudebestand umgesetzt werden.

Angesichts der prognostizierten Mitgliederentwicklung sollen die jährlichen Ausgaben der EKHN ausgehend vom Jahr 2020 mit rund 700 Millionen Euro um 140 Millionen Euro ab dem Jahr 2030 gesenkt werden.

Dem Dekanatssynodalvorstand (DSV) als leitendem Gremium ist es wichtig, diesen Prozess frühzeitig anzugehen und zu begleiten. Mitglieder des DSV – darunter der neue Präses Volkmar Oberklus und Dekan Martin Fedler-Raupp – besuchen daher seit Ende Januar nacheinander alle 30 Kirchengemeinden im Dekanat Kronberg. Mit dabei sind meistens die Leiterinnen des kirchenmusikalischen oder gemeindepädagogischen Dienstes. Denn die zu bildenden Verkündigungsteams in den Nachbarschaftsräumen sollen in Zukunft aus Pfarrpersonen sowie aus Mitarbeitenden des kirchenmusikalischen und gemeindepädagogischen Dienstes bestehen. Auf diese Weise soll trotz geringerer finanzieller und personeller Ressourcen auch weiterhin eine flächendeckende kirchliche Versorgung sichergestellt werden.

Bis Ende 2023 sollen sich die Kirchengemeinden zu Nachbarschaftsräumen zusammen finden, bis Mitte 2026 müssen diese ein gemeinsames Konzept zur Nutzung ihrer Gebäude entwickeln. Was das konkret für Schwalbach bedeutet, steht noch nicht fest. Denkbar ist aber ein Zusammenschluss der Friedenskirchen- und der Limesgemeinde sowie eine weitere Fusion mit Gemeinden aus Sulzbach, Bad Soden oder Eschborn. Die ersten Gespräche zwischen den Kirchenvorständen der Gemeinden finden nach Angaben des Dekanats derzeit statt.

Die gesamtkirchlichen Zuwendungen für die Baulasten müssen laut Dekanat bis 2030 um 20 Prozent reduziert werden. Die Kirchengemeinden sind also dazu aufgefordert, ihren Gebäudebestand zu reduzieren oder alternative Finanzierungs- und Nutzungsmodelle zu entwickeln. Auch hier gibt es offiziell noch keine Pläne für die Schwalbacher Gemeinden, die derzeit noch über die Kirche in der Bahnstraße, die Gemeindezentren in der Bahnstraße und am Ostring sowie über die „Kita Mittendrin“ verfügen.

„Das Dekanat sieht sich hierbei als Dienstleister. Wir sehen die Notwendigkeiten, was etwa den Gebäudebestand betrifft. Wesentlich ist für uns dabei eine frühzeitige Einbindung der Kirchengemeinden“, berichtet Präses Volkmar Oberklus. Für das Dekanat Kronberg wurde eine entsprechende Konzeption entwickelt.

„Das eigene Profil der Kirchengemeinden soll erhalten bleiben. Ein Nachbarschaftsraum soll kein profilloser Gemeindekörper werden, sondern ein Zusammenschluss mehrerer Kirchengemeinden mit eigenem Profil, die sich in ihrer Arbeit gegenseitig stützen und ergänzen“, erklärt Martin Fedler-Raupp. „Ortsgemeinden bleiben damit auch Kern christlichen Lebens. Denn dort ist es, wo noch Bindungen zur Kirche entstehen und gepflegt werden können – zum Beispiel in der Kita oder beim Konfirmandenunterricht“, meint der Präses.

Laut dem Dekan wird es voraussichtlich acht bis zehn Nachbarschaftsräume im Dekanat geben. Wichtig sei, dass eine klare Zuordnung der Pfarrpersonen zu den Gemeinden erhalten bleibe. Ein Ziel des Dekanats in diesem Prozess ist die Stärkung des Ehrenamts. „Klar ist: Um die Qualität der Arbeit vor Ort zu sichern, ist es wichtig, dass wir in allen Bereichen auf die Ehrenamtlichen zählen können. Die Lektorinnen und Lektoren, die Prädikantinnen und Prädikanten sowie die nebenamtlichen Kirchenmusikerinnen und -musiker sind wesentlich für das Gemeindeleben vor Ort. Deren Einsatz brauchen wir, um die Qualität des Gottesdienst-Angebotes bei geringerem Pfarrpersonal aufrechterhalten zu können“, betont Martin Fedler-Raupp. red

Ein Gedanke zu „Fusion der Kirchengemeinden?

  1. „Denn dort ist es, wo noch Bindungen zur Kirche entstehen und gepflegt werden können – zum Beispiel in der KiTa oder beim Konfirmandenunterricht“, meint der Präses.“

    Lösung Beschluss Synode Mai 2022 Zusammenfassung
    Mit dem Gebäudebedarfs- und -entwicklungsplangesetz werden rechtlich die Vorgaben und Rahmenbedingungen für die Durchführung dieses qualitativen Konzentrationsprozesses geschaffen. Mithilfe des Konzentrationsprozesses soll eine Verständigung darüber erreicht werden, welche Gebäude künftig gemeinsam mit anderen Kirchengemeinden oder zivilgesellschaftlichen Partner*innen genutzt werden, welche umgenutzt, rückgebaut, erweitert oder veräußert werden und welche Gebäude künftig keine Bauzuweisungsmittel mehr erhalten sollen. Bei der Reduzierung des Gebäudebestands ist so nicht der Bedarf der einzelnen Kirchengemeinde ausschlaggebend, sondern der des zu gründenden Nachbarschaftsraums. Innerhalb dessen sollen die zugehörigen Kirchengemeinden gemeinsam ein Gebäudekonzept entwickeln, das der Einsparvorgabe und ihrem gemeinsamen Gebäudebedarf Rechnung trägt. Dazu sollen sich die Kirchengemeinden eines Nachbarschaftsraums zum Beispiel darüber verständigen, welches Pfarrhaus und/oder welches Gemeindehaus beibehalten werden. Durch das Konzept können sie die Nutzungsmöglichkeiten mit bedenken und durch eine insgesamt geringere Baulast Gebäude nachhaltiger in Stand setzen. Der Kirchensynode war es dabei besonders wichtig, dass bei der Entwicklung der Gebäudekonzeptionen alle kirchlichen Handlungsfelder, insbesondere aber die Jugendarbeit und Belange der Gemeindediakonie, wie z. B. Flüchtlingsarbeit, angemessen Berücksichtigung finden. Vorbereitend wird die Kirchenverwaltung für jedes Gebäude anhand so genannter Gebäudesteckbriefe (z.B. Baujahr, Herstellungskosten, energetischer Zustand) alle entscheidungsrelevanten Daten zusammenstellen.

    Wenn alle Konzeptionen der Nachbarschaftsräume eines Dekanats vorliegen und die Vorgaben zur Reduktion der Baulast mindestens um 20 Prozent insgesamt eingehalten wurden, werden die Dekanatssynoden den Gebäudebedarfs- und -entwicklungsplan für das gesamte Dekanat bis zum 31.12.2026 beschließen. Darin sind alle Gebäude und Flächen der Kategorie A (auf Dauer erhalten), B (bis auf weiteres erhalten) oder C (gesamtkirchlich nicht mehr zuweisungsberechtigt) zuzuordnen. Folgende Fristen sind für die Beratung durch die Kirchenverwaltung vorgesehen:
    1. in den Dekanaten Bergstraße, Vogelsberg, Nassauer Land, Wetterau, Ingelheim-Oppenheim, Odenwald, Biedenkopf-Gladenbach, Vorderer Odenwald, Büdinger Land, Wiesbaden, An der Dill, Worms-Wonnegau bis zum 31. Dezember 2025,
    2. in den Dekanaten Gießen, Kronberg, Westerwald, Alzey-Wöllstein, Groß-Gerau – Rüsselsheim, bis zum 30. Juni 2026 und
    3. in den Dekanaten An der Lahn, Darmstadt, Gießener Land, Hochtaunus, Rheingau-Taunus, Mainz, Dreieich-Rodgau, Frankfurt-Offenbach bis zum 31. Dezember 2026.

    Für den Gebäudebestand in der EKHN bedeutet dies im Ergebnis: Bei den 800 Pfarrhäusern wird sich die Reduktion an den Rückgang der Pfarrstellen anpassen. Bei den 1.200 Kirchen und sakralen Versammlungsstätten wird eine Reduktion von maximal 10 Prozent erwartet. 90 Prozent der Kirchen sind denkmalgeschützt. Um langfristig auf die erforderliche Einsparung zu kommen, wird es bei den rund 900 Gemeindehäusern, von denen viele funktional wie ökologisch sanierungsbedürftig sind, den stärksten Einschnitt geben müssen: Nach derzeitiger Einschätzung werden ca. 44 Prozent der Versammlungsflächen zukünftig keine gesamtkirchlichen Zuweisungen mehr erhalten. Gemeinsame Nutzungen von Versammlungsflächen im Nachbarschaftsraum etwa mit Kommunen, ökumenischen oder zivilgesellschaftlichen Partner*innen sind dabei verstärkt anzustreben und können die Zusammenarbeit in dem Netzwerk zusätzlich unterstützen. An Verwaltungsflächen behält jeder Nachbarschaftsraum Zuweisungen für die Fläche für ein Gemeindebüro. Im Einzelfall kann bei beispielsweise sehr großen Nachbarschaftsräumen die Notwendigkeit für ein zweites geprüft werden. Bei den etwa 390 Gebäuden für Kindertagesstätten sollen die Baulasten bis Ende 2030 sämtlich in kommunale Verantwortung übergeben werden.
    https://unsere.ekhn.de/themen/ekhn2030/arbeitspaket-3-gebaeude.html

    „Gemeinsame Nutzungen von Versammlungsflächen im Nachbarschaftsraum etwa mit Kommunen, ökumenischen oder zivilgesellschaftlichen Partner*innen sind dabei verstärkt anzustreben“

    Vor einer gemeinsamen Nutzung steht zuvorderst die energetische Sanierung dieser Gebäude. Es ist keine gute Idee solche „baulichen Dinosaurier“ der Allgemeinheit mit ihren Unterhalts- und Bewirtschaftungslasten aufzubürden.

    Neben den Gebäuden geht es auch um Gemeindebüros, die ebenfalls zu Verwaltungseinheiten in den Nachnarschaftsräumen zusammengefasst werden.

    Kirche vor Ort wird sich verändern. Wer wachen Auges durch die Stadt geht wird feststellen, dass am Mittelweg bereits seit Jahren ein kirchliches Gemeindehaus leer steht. Es sind jedoch nicht die Gebäude, noch weniger die Zweckbauten, die Kirche ausmachen. Es sind die Menschen, die die Gebäude stetig mit Leben im Glauben füllen. Investieren wir die knappen Mittel in Beziehungs- und Sprachfähigkeit und weniger in Backsteine oder Beton.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert