Am 12. September fand die erste Veranstaltung der Jubiläumswochen anlässlich des 20jährigen Bestehens des Arbeitskreises Wissenschaft-Technik-Wirtschaft (WiTechWi) statt. Im kleinen Saal des Bürgerhauses konnten über 50 Besucher erleben, wie Jazz auf Kunst und Wissenschaft traf.
Gemäß den Zielen des Arbeitskreises, die wissenschaftliche Breitenbildung zu fördern und Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Kunst als Teile einer Kultur zu betrachten, erlebten die Zuschauer eine erstaunliche Synthese aus Jazz, Malerei und Astronomie. Die Sängerin Ute Jeutter, begleitet von Georg Boeßner am Klavier und Florian Werther am Kontrabass umrahmten mit swingenden Liedern zum Thema Sonne, Mond und Sterne einen spannenden Vortrag von Professor Dr. Bruno Deiss, Astrophysiker und Wissenschaftlicher Direktor des Frankfurter Physikalischen Vereins, über die Sternenbilder von Vincent van Gogh.
Im ersten Teil des Vortrags wurde der Maler, sein Leben und seine Kunst vorgestellt und eine wichtige Frage zu seiner Grundeinstellung zur Malerei behandelt: War van Gogh Visionär, Träumer oder war er eigentlich ein Realist? Er selbst hat sich immer als Realist bezeichnet, viele Interpretationen seiner Gemälde, auf denen Sterne und andere Himmelserscheinungen zu sehen sind, betonen bis heute die angeblich symbolische Bedeutung dieser Darstellungen.
Bruno Deiss griff im zweiten Teil seines Vortrags aber van Goghs eigene Aussage, er sei Realist, auf und versuchte den wahren Grundlagen der Sternengemälde auf die Spur zu kommen. Man weiß bei den Gemälden von van Gogh auch durch viele Briefe an seinen Bruder sehr gut, wann sie entstanden sind. Bruno Deiss recherchierte möglichst genau die Orte, an denen der Maler gestanden haben muss, als er seine Landschaften und Gebäude mit den Sternenhimmeln malte. Mit Hilfe einer Software, die Stellung von Sternen und Planeten, Sonne und Mond in Abhängigkeit vom Ort der Betrachtung auf der Erde und des Datums sowie der Uhrzeit zeigen kann, bewies er in eindrucksvollen Bildern, dass van Gogh tatsächliche Himmelsansichten in den Gemälden dargestellt hat.
Er kombinierte Fotos der Orte mit den jeweiligen Gemälden und den Himmelsansichten des Programms so, dass es für die Zuschauer offensichtlich wurde, welche Himmel van Gogh an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit gemalt hatte. Die Himmel mit ihren Sternen, dem Mond und sogar Planeten sind in den Bildern van Goghs also keineswegs der Phantasie des Malers entsprungen sondern bilden sehr genau tatsächlich Ansichten ab. Das Gleiche gilt auch für die gemalten Landschaften und Gebäude, die weitgehend der Realität mit nur wenigen künstlerischen Freiheiten gepaart entsprechen. Kombiniert mit Zitaten aus van Goghs Briefen und interessanten biografischen Informationen ergab sich für Viele durch den unterhaltsamen Vortrag ein ganz neues Bild von van Gogh.
Die Besucher des Abends waren sehr beeindruckt von der Art der Veranstaltung und der für fast alle neuen Betrachtungsweise der Gemälde van Goghs. Vielfach hörte man Aussagen wie: „Ich dachte, ich würde van Gogh kennen. Aber dieser Vortrag hat mir viele neue Erkenntnisse gebracht.“ Die Veranstaltung konnte erst nach einer genial improvisierten Bluesnummer der Musiker als Zugabe beendet werden. red