9. Dezember 2022

Viele Fernwärmekunden sind wegen der Forderungen von „E.on“ verzweifelt

„E.on soll Übergewinne zurückzahlen“

Rund 300 Fernwärmekunden kamen am Dienstagabend ins Bürgerhaus und machten ihrem Ärger über die hohen Preise von „E.on“ Luft. Foto: Schlosser

Rund 300 Fernwärmekunden drängten sich am Dienstagabend  im großen Saal des Bürgerhauses beim Informationsabend der Interessengemeinschaft (IG) Fernwärme. Die Aufregung war groß, weil Fernwärmeversorger „E.on“ in den vergangenen Wochen hohe Nachforderungen aus der sehr späten Abrechnung für das Jahr 2021 versandt und auch gleich kurzfristig abgebucht hat. Gleichzeitig wurden hohe Vorauszahlungen für die nächsten Monate gefordert. Viele sollen künftig das Vierfache bezahlen.

Arnold Bernhardt und Dr. Rainer Roßberg von der IG Fernwärme erläuterten von der Bühne aus die Situation und berichteten, dass Fernwärme in Schwalbach „deutlich teurer“ ist als in anderen Städten. Mehrere hundert Abrechnungen hat die Interessengemeinschaft zwischenzeitlich ausgewertet und mit anderen Fernwärmegebieten verglichen. „E.on beruft sich dabei auf eine abwegige Preisänderungsklausel, die den Arbeitspreis zu einem hohen Anteil von 40 Prozent an die monatlichen im vergangenen Jahr zeitweise sehr hohen Notierungen an der  Gasbörse bindet. Die wesentlich niedrigeren Gestehungskosten der E.on werden durch eine solche wirklichkeitsfremde Preisformel nicht einmal annähernd zutreffend abgebildet“, erklärte Arnold Bernhardt. Das Versorgungsunternehmen schließe nämlich – nach eigener Darstellung im aktuellen Geschäftsbericht – langjährige Lieferverträge zu wesentlich günstigeren Konditionen ab.

Im Nachgang der Veranstaltung hat die IG Fernwärme eine Presseerklärung veröffentlicht. Danach ist sie überzeugt, das „E.on“ im Abrechnungsjahr 2021 in Schwalbach einen hohen Übergewinn erzielt hat. Die Interessengemeinschaft fordert daher einen „angemessenen Ausgleich dieses Übergewinns“ und die Verrechnung mit den Fernwärmekosten spätestens mit der folgenden Abrechnung für das Jahr 2022.

Auszugleichen ist nach Auffassung der IG Fernwärme auch der Verlust, der den Kunden durch die viel zu späte Abrechnung erst im November entstanden ist. Denn für die „Soforthilfe“ wird voraussichtlich der vergleichsweise niedrige Abschlag für den Monat September herangezogen. Einige Vertreter der IG Fernwärme schätzen, dass allen Schwalbacher Fernwärmekunden dadurch bis zu sechs Millionen Euro an staatlichen Hilfen verloren gehen könnten. „Sollte sich das Versorgungsunternehmen jeglicher Ausgleichszahlung verweigern, wäre die Basis einer guten Zusammenarbeit ernsthaft in Frage gestellt“, sagt Arnold Bernhardt.

Zusätzlichen weiteren Ärger gibt es um die als chaotisch empfundene Reaktion des Versorgungsunternehmens auf die zahlreichen Widersprüche der Schwalbacher Fernwärmekunden zu den utopisch hohen Vorauszahlungsforderungen ab Januar. Die Interessengemeinschaft hatte einen Widerspruch empfohlen. In vielen Fällen hat „E.on“ zwar ohne Umstände die monatlichen Vorauszahlungen auf ein Zwölftel des Jahresabrechnungsbetrages für das Jahr 2021 reduziert. Andere Kunden stoßen mit ihrem Wunsch auf Korrektur der viel zu hohen Monatspauschale aber immer noch auf Ablehnung. „Diese Ungleichbehandlung ist eine besondere Zumutung“, heißt es in der Mitteilung der IG Fernwärme. E.on müsse auch ohne ausdrücklichen Widerspruch der Kunden die zu hohen Vorauszahlungen für das Jahr 2023 rasch und komplikationslos reduzieren. Für viele Betroffene gehe es um mehrere hundert Euro monatlich, die nach der bisherigen Abrechnungspraxis erst im Herbst des Jahres 2024 abgerechnet würden.

Die Interessengemeinschaft weist auf die Möglichkeit hin, dass Kunden bereits eingezogene Forderungen aus der Abrechnung für das Jahr 2021 zurückfordern und in einem angemessenen Umfang kürzen können. Die Interessengemeinschaft bietet allen, die das tun möchten, ihre Unterstützung an. red

 

 

2 Gedanken zu „„E.on soll Übergewinne zurückzahlen“

  1. Bisher drehte sich die öffentliche Diskussion fast ausschließlich um die Abrechnung 2021 und um die Vorauszahlungen für 2023.
    Die Abrechnung 2021 erreichte die Abnehmer zumeist im November 2022. Da war oder besser ist es für Korrekturen der Vorauszahlungen für das laufende Jahr 2022 eigentlich zu spät.
    Die deutlichen Preissteigerungen für das Jahr 2021 wurden von Eon im Preisblatt bereits im Februar 2022 hinterlegt. Hiervon ausgehend, und mit Blick auf die laufende Preisentwicklung in diesem Kriegsjahr, wäre es womöglich besser gewesen, exorbitante Kostensteigerungen früher zu kommunizieren als im Oktober 2022:
    „Ausblick auf die Wärmepreise 2022:
    Aufgrund des nochmals weiter gestiegenen Preisniveaus während des laufenden Jahres auf den Energiemärk-
    ten, prognostizieren wir nach derzeitigem Kenntnisstand noch weiter steigende Wärme-Arbeitspreise für das
    Jahr 2022. Im gemeinsamen Interesse des Vermeidens hoher Nachzahlungen im kommenden Jahr, haben wir
    die Abschlagshöhe bereits mit der Jahresrechnung 2021 erhöht.
    Wie hoch das Preisniveau in Ihrem erdgasbasierten Wärme-Arbeitspreis für den Abrechnungszeitraum 2022
    am Ende ausfällt, hängt auch von den folgenden Faktoren im 4. Quartal 2022 ab:
    ▪ der Verfügbarkeit russischer Gas-Lieferungen bzw. der Verfügbarkeit alternativer Gasmengen
    ▪ dem Füllstand der Erdgasspeicher vor dem Winter (Stand 24.08.2022: 81,28 Prozent)
    ▪ dem Wetter und
    ▪ der Reduzierung des (Strom-) und Wärmeverbrauches. Hier können Alle mitmachen.
    Informationen zum Energiesparen finden Sie unter: http://www.energiewechsel.de
    Leider zeigen die aktuellen Gaspreisprognosen, dass die bereits im laufenden Jahr 2022 von Ihnen gezahlten
    Abschläge nicht ausreichend sein werden, um die voraussichtlichen Kosten der Wärmerechnung 2022 auszu-
    gleichen. Auch im nächsten Jahr werden Sie mit Erhalt der Wärmerechnung 2022, mit einer deutlichen Nach-
    zahlung rechnen müssen. Hierzu werden wir Sie noch gesondert informieren. Wir empfehlen daher dringend,
    weitergehende Vorsorge zu treffen. Dies kann z.B. durch eine freiwillige, weitere Erhöhung Ihrer Abschlagszah-
    lungen erfolgen und: Sparen Sie bitte Wärme ein.“

    Für das Jahr 2022 gibt es keinen Gas- oder Fernwärmepreisdeckel. Die Einmalzahlung der Bundesregierung und die Übernahme des Dezemberabschlags reichen wohl bei weitem nicht aus die Abrechnung des Jahres 2022 „erträglich“ zu gestalten.
    Für das kommende Jahr bewegt sich die Arbeitspreishöhe je kwh aus der Abrechnung 2021 in etwa im Bereich des Preisdeckels. So kann die Abrechnung 2021 in etwa Anhalt für das Jahr 2023 sein. Zumindest für 80% des Verbrauchs.
    Auffälig ist, dass zumindest in dem Wohnblock in dem ich wohne, für das Jahr 2021 ein fast 20% höherer Verbrauch abgelesen wurde als in Vorjahren. Es sollte auch Transparenz über den Zeitpunkt der Ablesung des Hausübergabepunktes hergestellt und in den Jahresrechnungen hinterlegt werden. Der Abrechnungszeitraum muss nicht zwangsläufig mit dem Ablesezeitraum identisch sein. So können durch frühes oder spätes Ablesen bis zu 4 oder mehr Wochen Differenz zu Vorjahren entstehen und Vergleiche des Jahresverbrauchs erschwert werden.

  2. „E.on beruft sich dabei auf eine abwegige Preisänderungsklausel, die den Arbeitspreis zu einem hohen Anteil von 40 Prozent an die monatlichen im vergangenen Jahr zeitweise sehr hohen Notierungen an der Gasbörse bindet. Die wesentlich niedrigeren Gestehungskosten der E.on werden durch eine solche wirklichkeitsfremde Preisformel nicht einmal annähernd zutreffend abgebildet“, erklärte Arnold Bernhardt. Das Versorgungsunternehmen schließe nämlich – nach eigener Darstellung im aktuellen Geschäftsbericht – langjährige Lieferverträge zu wesentlich günstigeren Konditionen ab.“
    Jeder Vermieter muss und darf bei der Abrechnung die „Gestehungskosten“ für Heizenergie abrechnen. In der Regel belegt durch die Abrechnung der Gaslieferung oder des Heizöls. Hierbei gibt s keinen Gewinn auf Vermieterseite.
    Nur bei Fernwärme ist dies über unterschiedliche Preisgleitklauseln offenbar anders. Nach der Heizkostenverordnung „Mieterschutz“ ist vorgegeben, in welchem Rahmen abgerechnet werden kann. Dies wird in der Verteilung auch in Schwalbach berücksichtigt, nicht jedoch eine transparente Offenlegung des tatsächlichen Energieeinkaufs, Übergewinne hin oder her. Mit dem tatsächlichen Einkauf der Energie darf im Interesse der Mieter, in Schwalbach der Anschlussnehmer, auf Seiten des Wärmelieferanten kein Gewinn erzielt werden.
    Das Fernheizwerk wurde ursprünglich von Esso errichtet und betrieben. Mit Heizöl. Bereits damals gab es eine solche Preisgleitklausel. Gedacht auch als Schutz der Anschlussnehmer, da Heizöllieferant und Wärmelieferant eins waren. Hier diente die Preisgleitklausel zur Transparenz über marktnahe Heizölpreise, bereits damals blieb nichtöffentlich, wie die konzerninterne Verrechnung von Heizöllieferungen abgerechnet wurde.
    Jetzt aber sind Gaslieferant und Wärmelieferant nicht mehr eins, die Anschlussnehmer sollten an den niedrigeren Beschaffungskosten durch langfristige Gaslieferverträge des Wärmeerzeugers teilhaben. Die Nassauische Heimstätte hat das für viele ihrer Liegenschaften außerhalb Schwalbachs gerade kommuniziert, sie erhöhen dank langfristiger Lieferverträge die Nebenkosten (inkl. Wärmeabrechnung) „nur um knapp 60%. Die Wirren in der Welt lassen sich ja nicht ausblenden.
    Zusätzlich gilt, dass die Stadt Schwalbach die Angemessenheit der Wärmekosten im Benehmen mit dem Betreiber feststellt. So BGM Immisch im Januar 2021 bei der Vertragsverlängerung mit dem Betreiber.
    Eine Aufgabe, die seit Errichtung der Limesstadt und bis zum Verkauf des Grundstücks an die Stadt eigentlich der Nassauischen Heimstätte oblag. Dem Generalunternehmen für Bau und Erschließung dieser Modellstadt.
    Jetzt hat es die Stadt selbst in der Hand, für die über einen Anschluss -und Benutzungszwang öffentlich rechtlich angebundenen Eigentümer und Mieter als Interessenwahrer einzutreten. Auch wenn die Abnahmeverträge für Fernwärme privatrechtlicher Natur sind. Die Stadt selbst ist Fernwärmeabnehmerin mit ihrem Rat- und Bürgerhaus.

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