22. Dezember 2022

Leserbrief

Schwalbacher Weihnachtsmärchen

Zur Diskussion um die Greensill-Festgelder erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Peter Alles. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.

Einst, als sich die Menschen noch mit ihrer eigenen Hände Arbeit ernähren und im Winter ihr kleines Häuschen heizen konnten, begab es sich einmal, dass sie mit ihrem König immer unzufriedener wurden. Sie glaubten, er habe sie um ihre gesparten Taler gebracht, die sie ihm für die königlichen Aufgaben gerne übereignet hatten, da er doch ihr uneingeschränktes Vertrauen als gütiger Vater besaß. Bei jeder Gelegenheit hatte er sich freundlich lächelnd seinen Untertanen gezeigt, ihnen viel Gutes versprochen, auch manch gutes Werk vollbracht und sogar einen guten Freund in der ihm eigentlich feindlich gesinnten Sippe gefunden, den er aus Dank fleißig mitregieren ließ.

So kam es, dass auch sein Hofstaat, eine Gruppe weiser Frauen und Männer von gesellschaftlichem Rang, kaum gegen ihn aufzumucken wagten. Auch nicht, als ein Teil des Volkes immer aufgebrachter wurde, da es glaubte, dass der König ihr Vermögen in dubiosen Geldspeichern habe verschwinden lassen. Nur einige Grünberockte und Freiheitliche zeigten Sympathie für die unzufriedenen Untertanen.

Schließlich geschah es, dass sich des Königs Herold den Sorgen der Menschen annahm. Er ermöglichte ihnen sogar, ihre Stimme für eine Supplik zur Abwahl des Königs abzugeben. Doch der König grinste nur über diesen ungeheuerlichen Affront und beteuerte, dass er immer nur das Beste für seine Untertanen wollte, nicht wusste, wo er die Taler aufbewahren konnte und sie daher einem freundlichen Hüter des Münzspeichers übertragen habe, und dass er somit auch keine Verantwortung für den Bösewicht habe. Allerhöchstens habe seine Schatzmeisterin versagt. Deswegen habe er mit ihr streng gesprochen, so etwas würde nie weder vorkommen und außerdem sei noch genug vom Schatz übrig.

Jedoch wolle er nun für alle Wohltaten seiner Hofämter, die den Lebendigen und den Toten dargebracht würden, die königlichen Gebühren kräftig erhöhen, damit sich bald wieder der frühere Reichtum im Reich einstelle. Gerade jetzt – man befand sich in der Adventszeit – habe er diese Entscheidung getroffen und itzo eine weitere gute Tat vollbracht.

Dies versöhnte die Mitglieder der Königsfamilie und der ehemals feindlichen Sippe und fast alle seines Hofstaates. Man begann die aufmüpfigen Untertanen zu beschimpfen, zuvorderst auch den königlichen Herold, den sie am liebsten in die Verbannung geschickt hätten. Denn eigentlich sei er derjenige gewesen, der beinahe zum Königsmörder ward.

Aber in dieser hochheiligen Zeit, in der die Liebe alle Untaten versüßt, verzieh man den Unzufriedenen und den Spinnern, so dass sich der König unbeschwert weiter dem Wohle seiner lieben Untertanen widmen, um nicht zu sagen, sich für sie aufopfern konnte. Die Quengler hatten ihr Mütchen kühlen dürfen, doch nun gab es Wichtigeres zu tun. So durfte jeder einmal König spielen, für Arme und Bedürftige spenden, gute Taten vollbringen und natürlich auch die Eigenen mit exotischen Dingen vor allem aus dem fernen Reich der Mitte beglücken. Lang lebe der König! Peter Alles, Schwalbach

Schreiben Sie Ihre Meinung zu dem Thema in das Feld unten!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert