Wieviel kosmische Dunkle Materie gibt es in Ihrem Wohnzimmer? Diese etwas provokante Frage stellte Professor Dr. Bruno Deiss als Titel seines Vortrags am 8. März im Rahmen der WiTechWi-Vortragsreihe.
Bruno Deiss war schon einmal im September 2022 Gast bei einer Veranstaltung der Arbeitskreises WiTechWi, Kunstkreis und Jazzclub und berichtete damals über erstaunliche astronomische Darstellungen in Gemälden von Vincent van Gogh. Diesmal ging es dem Astrophysiker in seinem Vortrag vor mehr als 30 Zuschauern um die merkwürdige „dunkle Materie“, die es im Kosmos geben soll.
Dazu waren zunächst ein paar Begriffe zu klären. „Kosmos ist das, was uns alle umgibt. Wir und unsere Umgebung, alle Planeten, alle Sterne sind Teil des Kosmos“, erklärte der Astrophysiker. Die „normale“ Materie bestehe aus Teilchen, die irgendwie mit Licht wechselwirken.
Der Begriff „Dunkle Materie“ beschreibe Materie, die man nicht sehen kann. Besser würde das Wort „unsichtbar“ zur Beschreibung dieser Materie passen. Wie kommt man aber dazu, von der Existenz einer Materie auszugehen, die man nicht sehen kann? Bruno Deiss gab zunächst einmal eine Beschreibung des Kosmos, wie er sich zeigt. „Wir leben auf der Erde, die ein Planet unseres Sonnensystems ist. Die Sonne ist ein Stern, wie es viele im Weltall gibt. Unser Stern ist Teil der Milchstraße. Das ist eine Ansammlung vieler Sterne. Es werden etwa 100 bis 200 Milliarden Sterne sein“, beschrieb der Astrophysiker.
Neben der Milchstraße gibt es noch weitere ähnliche Sternenansammlungen, die man alle Galaxien nennt. Man vermutet, dass es etwa 100 Milliarden davon gibt. Außerdem gibt es noch dunkle Staubwolken und interstellare Gaswolken. Alle diese Elemente des Kosmos bestehen aus Materie, die entweder Licht aussendet oder „verschluckt“, also die Lichtausbreitung hindert. Dazwischen gibt es jede Menge „Nichts“, leerer Raum.
Bruno Deiss gab einen einfachen Überblick über die Entstehung des Kosmos, vom Urknall bis heute. Die Wissenschaft vermutet, dass alles aus einem punktförmigen „Nichts“ entstanden ist und sich der Kosmos bis heute ausdehnt. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Gravitation, also die Anziehung der Materie untereinander. Sie sorgt dafür, dass sich Materie zu Planeten oder zu Sternen zusammenballt und dass diese sich zu Galaxien zusammenfinden. Diese Gravitation hat auch einen entscheidenden Einfluss auf die gesamte „Bewegung“ und Ausdehnung des Weltraums, des Kosmos.
Man kann mit Hilfe der bisher bekannten physikalischen Gesetze die gesamte Masse der Materie und ihre Gravitation berechnen. Aber schon ab 1933 entdeckten Wissenschaftler, dass irgendwas bei dem Ganzen nicht stimmt. Viele Messungen der Bewegung von Galaxien, Sternen und weitere Beobachtungen, zeigen, dass diese nur erklärbar sind, wenn man davon ausgeht, dass es mehr Gravitation geben muss, als die, die die bekannte Materie bewirken kann. Also muss es noch mehr Materie geben, um die „benötigte“ Gravitation zu erklären.
Berechnungen zeigen, dass die Modell des Kosmos nur funktioniert, wenn man annimmt, dass es neben der bekannten Materie noch mehr als fünfmal mehr „dunkle Materie“ als „sichtbare Materie“ geben muss. Fast alle Beobachtungen des Kosmos weisen in diese Richtung. Natürlich ist es nicht befriedigend, von einer Materie auszugehen, von der man außer ihrer Gravitation fast nichts weiß.
Die Quantenphysiker, die sich mit dem detaillierteren Aufbau der Materie beschäftigen, haben dazu zwar Ideen entwickelt, aber bisher gibt es dazu keine Experimente, die diese Ideen bestätigen würden. Das große Problem ist, dass die „dunkle Materie“ mit elektromagnetischer Strahlung nicht wechselwirkt. Nun unterstellt man, dass es möglicherweise doch eine äußerst schwache Wechselwirkung geben könnte und hat sich dazu verschiedene aufwendige Experimente ausgedacht, um das nachzuweisen. Bisher leider ohne Ergebnis.
Mangels besserer Ideen erweitert man diese Versuche nochmals um vielleicht doch etwas messen zu können. Solange das aber nicht zu positiven Resultaten führt, bleibt immer noch die Idee, dass das Modell des Kosmos doch irgendwie fehlerhaft ist. Vielleicht ist alles ganz anders?
Doch bisher rechnet man noch mit der „dunklen Materie“. „Normale Materie gibt es ja genug, wir bestehen ja auch daraus. Und wenn es so viel mehr ‚dunkle Materie‘ gibt, wieviel ist es dann hier bei uns? Da die Dunkle Materie im ganzen Weltraum verteilt ist und dieser sehr groß ist, wäre das Teilchen sehr klein und wirklich schwer zu finden“, weiß Bruno Deiss. Nach dem Vortrag schloss sich noch eine lebhafte Diskussion an. red