21. Juni 2023

Leserbrief

„Demokratie muss gehegt und gepflegt werden“

Zum Kommentar „Alarmzeichen“ in der Ausgabe vom 14. Juni erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Herbert Ochs. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer an info@schwalbacher-zeitung.de.Nun, wenn nur 25 Prozent zur Landratswahl gehen und bundesweit 18 Prozent für die AfD stimmen, muss das ja etwas zu bedeuten haben – denn nichts geschieht ohne Grund. Vielleicht haben viele Menschen die Meckereien der sogenannten etablierten Parteien satt, oder sind von deren Halbwahrheiten und uneingelösten Wahlversprechen über den Tisch gezogen worden. Vielleicht sind viele Menschen über die mangelnde Aufmerksamkeit auf allen Ebenen bezüglich ihrer Befindlichkeiten frustriert, ohnmächtig und schließlich wütend geworden.
Auch ich weiß aus eigener Erfahrung, wie man allein hier im Rathaus in so mancher Abteilung mit vagen Argumenten sowie in teils schroffer Manier abgefertigt wird; Erfahrungen, die in Gesprächen von vielen Schwalbacherinnen und Schwalbachern geteilt werden. Wenn also hier in der untersten politischen Ebene bereits die Hürden für konstruktive Gespräche zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Behörde hochgesteckt werden, wie soll es dann auf Kreis- oder gar auf Bundesebene funktionieren.
Machen wir uns also nichts vor. Es kommt am Ende alles so wie es kommen soll. Das instinktlose und unsensible Verhalten gegenüber uns selbst steckt seit Ur-Zeiten in unseren Genen. Es wird hauptsächlich gespeist durch entsprechende Stimmungen, welche vom Naturgesetz des Rückenmarks in unsere Reflexbahnen fließen, die wie gesagt älter sind als alle (nachsteinzeitliche) Vernunft. Natürlich gehören diese evolutionspsychologischen Grundkenntnisse nicht zum Grundwissen eines Staatsdieners (m/w) – sollte es aber. Die von Menschen (künstlich) ersonnenen sowie aufoktroyierten Gesetzmäßigkeiten und Verhaltensregeln, können uns nur so lange im Zaum halten, wie die entsprechenden äußeren Zustände es zulassen und das Vertrauensverhältnis gegenüber unseren Volksvertreterinnen und -vertretern nicht übermäßig leidet.
Das heißt, auch ein Grundgesetz oder eine Staatsform ist eben kein Naturgesetz, sondern nur ein äußerst zartes vom Menschen erst gezüchtetes Pflänzchen, das behutsam, und zwar ganzjährig unter Volkseinbindung (nach Art. 20 GG) gehegt und gepflegt, und nicht nur alle vier bis fünf Jahre mit „giftsprühendem Mundwasser“ gegossen werden muss. Alles weitere regeln, wie gesagt, die Jahrmillionen alten Naturgesetze.

Herbert Ochs,
Schwalbach

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