20. Juli 2023

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

„Die Spur der Aale“ von Florian Wacker ist der erste Fall für die Frankfurter Staatsanwältin Greta Vogelsang vom Dezernat für Umweltverbrechen und Artenschutzdelikte. Im Geheimen entstand Liao Yiwus Roman „Die Liebe in den Zeiten des Mao Zedongs“, der den Widersinn Chinas in einem Leben und vier Liebesgeschichten umreißt. T. Kingfisher erzählt in „Wie man einen Prinzen tötet“ ein Märchen für Erwachsene.

 

„Die Spur der Aale“

Frankfurt im Hochsommer. Staatsanwältin Vogelsang wird während eines Bereitschaftsdienstes an den Main gerufen. Die Polizei hat eine Wasserleiche geborgen. Es handelt sich um Lars Mathissen, Zollfahnder am Frankfurter Flughafen.

Die Abteilung für Kapitalverbrechen übernimmt vorerst, doch Vogelsang lässt der Fall nicht los. Immerhin legte ihr Mathissen Hinweise auf ein Schmuggelnetzwerk vor, das von Frankfurt aus mit wertvollen Glasaalen handeln soll, und drängte sie zu Ermittlungen. Jetzt ist er tot. Und Vogelsang plagen Zweifel: Hätte sie seinen Hinweisen intensiver nachgehen müssen?

Sie beginnt, auf eigene Faust und gegen Widerstände aus den eigenen Reihen zu ermitteln, und stößt dabei tatsächlich auf Indizien, die Mathissens Verdacht zu belegen scheinen. Doch ihre Kolleginnen bleiben skeptisch. Erst als eine zweite Leiche gefunden wird und Vogelsang selbst in die Schusslinie gerät, wird allen klar, dass das Netzwerk der Schmuggler weitaus gefährlicher, und ihre Ware heißer ist, als sie dachten.
Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse – und Vogelsang holt ein lang verdrängtes Trauma ein.

Florian Wacker, geboren 1980 in Stuttgart, studierte Heilpädagogik und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Bisherige Veröffentlichungen: „Albuquerque“, „Dahlenberger“ und „Stromland“. Für seinen Roman „Weiße Finsternis“ (2021) wurde er mit dem Robert Gernhardt Preis ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Frankfurt am Main und schreibt Prosa, Dramatik und Code.

Florian Wacker: „Die Spur der Aale“
KiWi Paperback, 2023. 240 Seiten, 17 Euro.

 

„Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs“

Nach dem Erfolg von „Wuhan“ erzählt der Friedenspreisträger und bekannte China-Kritiker Liao Yiwu nun eindrücklich von der Chinesischen Kulturrevolution: die Epoche, in der China zur Diktatur wurde.

Im Geheimen entstand Liao Yiwus Roman „Die Liebe in den Zeiten des Mao Zedongs“, der in großartiger Erzählweise den ganzen Widersinn Chinas in einem Leben und vier Liebesgeschichten umreißt. Yiwus großes Buch wurde noch im Gefängnis in Sichuan fertig gestellt und danach Seite für Seite als Kassiber hinausgeschmuggelt. Erst im Berliner Exil fanden die Einzelteile wieder zueinander.

Dreh- und Angelpunkt der generationenübergreifenden Geschichte ist die Chinesische Kulturrevolution, die in ihrer Erbarmungslosigkeit zu den schwärzesten Perioden im letzten Jahrhundert zählt. Kinder verrieten ihre Eltern, Liebespaare denunzierten einander – die unterschwellige Angst des Verrats wurde zum täglichen Begleiter. So schildert der Autor authentisch und hautnah die Reise zur Entstehung der Willkür, die China heute erstickt.

Liao Yiwu, geboren 1958 in der Provinz Sichuan, wuchs als Kind in großer Armut auf. 1989 verfasste er das Gedicht „Massaker“, wofür er vier Jahre inhaftiert und schwer misshandelt wurde. 2007 wurde Liao Yiwu vom Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrum mit dem Preis „Freiheit zum Schreiben“ ausgezeichnet, dessen Verleihung in letzter Minute verhindert wurde. 2009 erschien sein Buch „Fräulein Hallo und der Bauernkaiser“. 2011, als „Für ein Lied und hundert Lieder“ in Deutschland erschien, gelang es Liao Yiwu, China zu verlassen. Seit seiner Ausreise nach Deutschland erschienen die Titel „Die Kugel und das Opium“ (2012), „Die Dongdong-Tänzerin und der Sichuan-Koch“ (2013), „Gott ist rot“ (2014), „Drei wertlose Vita und ein toter Reisepass“ (2018), „Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand“ (2019) sowie der Roman „Die Wiedergeburt der Ameisen“ (2016). Zuletzt erschien 2022 sein Dokumentarroman „Wuhan“. Für sein Werk wurde er mit dem Geschwister-Scholl-Preis und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Liao Yiwu lebt in Berlin.

Liao Yiwu: „Die Liebe in Zeiten Mao Zedongs“
Übersetzt von Hans Peter Hoffmann und Brigitte Höhenrieder
S. Fischer, 2023. 448 Seiten, 26 Euro.

 

„Wie man einen Prinzen tötet“

Die junge Marra, drittgeborene Tochter eines kleinen Königreichs, muss mitansehen, wie ihre beiden älteren Schwestern nacheinander mit dem sadistischen Prinz Vorling verheiratet werden. Nach dem mysteriösen Tod der Älteren, muss die Jüngere ihren Platz einnehmen, um Vorling endlich einen Erben zu schenken – ein Los, das auch Marra zu drohen scheint.

Es sei denn, sie nimmt ihr Schicksal in die eigene Hand und sucht sich ein paar schillernde Verbündete für ihren Plan – denn Marra will den Prinzen nicht küssen, sondern ihn töten.

T. Kingfisher ist das Pseudonym der bekannten Schriftstellerin Ursula Vernon. In einem anderen Leben schreibt sie Kinderbücher und abseitige Comics und hat u.a. den Hugo-, Sequoyah- und Ursa-Major-Preis gewonnen sowie diverse Junior-Library-Guild-Auszeichnungen eingeheimst. Als T. Kingfisher schreibt sie Bücher für Erwachsene. Wenn sie nicht gerade schreibt, findet man sie im Garten, wo sie vermutlich gerade Augenkontakt mit Schmetterlingen sucht.

T. Kingfisher: „Wie man einen Prinzen tötet“
Übersetzt von Jasmin Schreiber
Eichborn Verlag, 2023. 351 Seiten, 22 Euro.

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