In den nächsten Wochen erhalten die Fernwärmekunden ihre Jahresabrechnungen für 2022. Die IG Fernwärme rechnet mit einer Verdopplung des Arbeitspreises und auch die Stadtverwaltung geht davon aus, dass der Preis wie schon 2021 „signifikant“ über dem hessischen Durchschnitt liegen wird.
Die Stadt Schwalbach hat das Grundstück des Fernheizwerks in der Adolf-Damaschke-Straße im März 2021 von der Nassauischen Heimstätte gekauft und ist damit in den bestehenden Erbpachtvertrag mit „E.ON“ eingetreten.
In dem Vertrag ist geregelt, dass der Fernwärmepreis in Schwalbach für ein Referenzhaus im Durchschnitt der Fernwärmepreise von vergleichbaren hessischen Fernwärmeversorgern für ein solches Referenzhaus liegen muss. Das Referenzhaus ist dabei ein Mehrfamilienhaus mit 2.000 Quadratmetern Wohnfläche, das einen jährlichen Wärmeverbrauch von 288 Megawattstunden hat.
Vergleichbar sind laut Stadt Fernwärmeversorgungen in Hessen, die ebenfalls mit Gas betrieben werden und die eine technisch und topographisch vergleichbare Versorgungsstruktur wie die Fernwärmeversorgung in Schwalbach aufweisen. Mit der Vertragsklausel sollten für die Laufzeit des Vertrags bis 2027 eigentlich angemessene Fernwärmepreise sichergestellt werden – „unabhängig von der Entwicklung des Fernwärmepreises, wie er sich jährlich aus den `E.ON´-Preisformeln für den Schwalbacher Grund- und den Arbeitspreis errechnet“, wie die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung betont. Verstößt der „E.ON“-Konzern gegen die Klausel, kann die Stadt versuchen, den Erbpachtvertrag zu kündigen.
Vor dem Kauf des Grundstücks hat sich die Stadt Ende 2020 von einem unabhängigen Gutachter bestätigen lassen, dass der Fernwärmepreis in Schwalbach für das Referenzhaus im Jahr 2019 den vertraglichen Bedingungen entsprach. Auch für das Jahr 2020 habe der Fernwärmepreis in Schwalbach unter dem Durchschnitt der Fernwärmepreise in Hessen gelegen.
Für die Jahre 2021 und 2022 liegt der Preis nach Erkenntnissen der Stadt für das Referenzhaus allerdings „signifikant“ über dem Preis vergleichbarer hessischer Fernwärmeversorger. Genauer will sich die Stadt bisher nicht äußern.
Bürgermeister Alexander Immisch hat „E.ON“ aber über einen Anwalt Anfang Juli 2023 aufgefordert, „diesen Missstand umgehend zu beseitigen“, heißt es in der städtischen Pressemitteilung. Die Stadt ist mit „E.ON“ in Gesprächen, um den Sachverhalt „im Sinne der Schwalbacher Fernwärmekunden“ zu klären. „Dies ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten. Daher ist zu erwarten, dass die Verhandlungen mit `E.ON´ über eine akzeptable Lösung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden“, schreibt der Magistrat.
Morgen Infoveranstaltung
Auch die Interessengemeinschaft (IG) Fernwärme kommt zu dem Schluss, dass die Fernwärmepreise deutlich zu hoch sind. Obwohl schon die Abrechnungen für das Jahr 2021 viele Bewohner der Limesstadt schockiert haben, rechnet die IG damit, dass sich der Arbeitspreis für das Jahr 2022 verdoppeln wird. Bei einer Informationsveranstaltung, die am morgigen Donnerstag um 19 Uhr im Bürgerhaus beginnt, will die IG Fernwärme die betroffenen Bürgerinnen und Bürger aufklären und Rechtsanwalt Peter Knitsch darüber berichten, wie man sich gegen die Abrechnungen juristisch zur Wehr setzen kann.
Die Schwalbacher Grünen fordern unterdessen, dass die Stadt als einer der größten Fernwärmekunden in Schwalbach ihre Rechnungen „angemessen“ kürzen soll. Es gebe „genügend Hinweise“, dass die angekündigten Preise für 2022 einer juristischen Überprüfung nicht standhalten werden. Fraktionsvorsitzende Barbara Blaschek-Bernhardt: „Mit einer Kürzung der Abrechnungen geben wir ein gutes Beispiel und wir stellen uns damit an die Seite der Fernwärmekunden. Und nicht zuletzt zeigen wir, dass wir mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsvoll umgehen.“ red