14. November 2023

Schwalbacher Spitzen

Ein gutes Zeichen

von Mathias Schlosser

In den 80er- und 90er-Jahren und auch noch zu Beginn dieses Jahrtausends hatten Städtepartnerschaften eine große Bedeutung. Mindestens einmal im Jahr kamen Gäste aus Frankreich, England oder Polen. Und mindestens einmal im Jahr fuhr eine Delegation in die andere Richtung. Die halbe Stadt schien auf den Beinen zu sein, wenn eine Gruppe aus Avrillé, Yarm und später aus Olkusz zu Gast war.
Mittlerweile sind die Busse deutlich kleiner und die Insassen deutlich grauer geworden. Die Städtepartnerschaften werden vor allem von Älteren gepflegt, die über die Jahre viele echte Freundschaften mit Franzosen, Engländern und Polen geschlossen haben.
Junge Leute sind da eher selten. Das liegt aber nicht daran, dass sie sich nicht mehr für die europäischen Nachbarn interessieren. Im Gegenteil: Die „Generation Z“ hat über das Internet so viele, ganz normale Beziehungen in andere Länder, dass es den formalen Rahmen einer Städtepartnerschaft gar nicht mehr braucht. Nach Frankreich oder Polen zu reisen ist heute genauso normal wie nach Schleswig-Holstein oder Sachsen.
Dass die alten Städtepartnerschaften nach und nach überflüssig werden, ist daher eigentlich ein gutes Zeichen – ein gutes Zeichen dafür, dass die europäische Einigung nun tatsächlich Realität geworden ist.

Lesen Sie dazu auch den Bericht „Trotz Brexit weiterhin enge Kontakte“ und schreiben Sie Ihre Meinung in das graue Feld unten!

Ein Gedanke zu „Ein gutes Zeichen

  1. Wirklich ein gutes Zeichen?
    In den „Schwalbacher Spitzen“ schrieb Herr Schlosser, dass es den Rahmen der Städtepartnerschaften zum Pflegen des interkulturellen Austauschs und der Freundschaft zu den Nachbarländern nicht mehr braucht. Sie werden überflüssig und ihre abnehmende Relevanz sei ein Zeichen für eine erfolgreichere europäische Einigung.
    Wir finden allerdings, dass in Zeiten von Brexit und lauten rechtspopulistischen, EU-kritischen Stimmen in ganz Europa, die Städtepartnerschaften nach wie vor wichtig sind, um den europäischen Gedanken schon im Kleinen zu leben.
    Unsere Partnerschaft mit Avrillé hilft dabei die deutsch-französische Zusammenarbeit auch in der Zivilgesellschaft zu verankern. Dass dies beiden Ländern immer noch wichtig ist, zeigt auch die Aktualisierung des Elysée-Vertrags, die erst vor drei Jahren mit dem Vertrag von Aachen unterschrieben wurde. Es stimmt, dass sich heutzutage mehr ältere Menschen in den Städtepartnerschaften engagieren. Dieses Phänomen ist aber auch in Vereinen oder anderen Ehrenämtern festzustellen. Diesem Trend versuchen wir als Arbeitskreis entgegenzuwirken: wir arbeiten mit dem Jugendbildungswerk zusammen, sodass an der kommenden Bürgerfahrt nach Frankreich eine Jugendgruppe teilnehmen kann. Außerdem ist ein Besuch der Schwalbacher Jugendfeuerwehr in Avrillé in Planung.
    Jeder und jede von uns kann von der Vernetzung im Internet profitieren. Sie bereichert sowohl unseren Alltag als auch unsere Städtepartnerschaft. Einen persönlichen Kontakt oder Austausch kann dies jedoch nie vollständig ersetzen.
    Ein gutes Zeichen wäre es, wenn Europa nicht nur von einzelnen, sondern von der gesamten Gesellschaft gelebt und geschätzt werden würde: im Internet und persönlich!
    Sabine Neumann – AK Avrillé

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