In diesem Jahr konnte der Arbeitskreis Behindertenarbeit auf 30 Jahre Engagement zurückblicken. Er wurde 1993 im Diakonischen Werk auf Initiative der Behinderten-Selbsthilfe Schwalbach gegründet.
Es war die Idee Liane Lückfelds, die unterschiedlichen Aufgaben der Organisationen, die mit Behinderten Kontakte hatten, in einem Arbeitskreis zusammen zu führen. Der Arbeitskreis Behindertenarbeit bringt somit die verschiedenen Blickwinkel und Zuständigkeiten auf lokaler Ebene zusammen und bildet eine Plattform und eine Lobby für die Interessen behinderten Menschen in Schwalbach. Ziel war und ist, mit vereinten Kräften die Anliegen behinderter Menschen in die öffentliche Aufmerksamkeit zu rücken und Schritt für Schritt eine barrierefreie Umwelt zu schaffen.
Liane Lückfeld, die selbst im Rollstuhl sitzt, hatte bereits die Erfahrung machen müssen, dass die Belange behinderter Menschen auch in Schwalbach wenig oder gar keine Berücksichtigung fanden: „Es gab keine abgesenkten Bordsteine, keine Rampen, keine Geländer an den Treppen, öffentliche Verkehrsmittel waren nicht barrierefrei und es gab auch keinen bezahlbaren Behindertenfahrdienst – von Wohnungen ganz zu schweigen. Es gab keine Behindertentoilette und das Bürgerhaus war auch nicht barrierefrei.“
Deshalb hatte sie schon 1986 eine Selbsthilfegruppe für Körperbehinderte gegründet. „In diesen Jahren war ein Aufbruch in der Selbstbestimmung der Behinderten. Sie gründeten als ‚Experten in eigener Sache‘ Selbsthilfegruppen und -organisationen und krankheitsspezifische Vereine. Sie wollten mitreden und mitbestimmen“, berichtet Liane Lückfeld. Eine lange Liste mit Mängeln wurde verfasst. Doch es war damals in Schwalbach nicht leicht, sich für die Interessen Behinderter einzusetzen: „Die Barrieren in den Köpfen schienen ebenso unüberwindbar wie die Bordsteine. Nur mit Beharrlichkeit kamen wir weiter“, erinnert sich die Arbeitskreis-Gründerin.
Ebenfalls positiv wirkte sich die Einsetzung eines Behindertenbeauftragten im Jahr 1996 aus. Seit 2003, also seit nunmehr 20 Jahren, nimmt dieses Amt ebenso engagiert wie pragmatisch Robert Kaufmann wahr. Ihm ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Lebensqualität, die für behinderte Menschen erreicht wird, allen dienen kann. So nützen abgesenkte Bordsteine auch Menschen, die einen Kinderwagen schieben. „In den vergangenen Jahren hat sich die Situation für Menschen mit Behinderung glücklicherweise ins Positive gewandelt. Es gibt heute ganz allgemein mehr Verständnis für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung. Die Gesetzeslage in Richtung Barrierefreiheit hat sich wesentlich verbessert. Und auch im Bau- und Sozialamt wird der Schwerpunkt immer mehr auf Barrierefreiheit gelegt“, erklärt der Behindertenbeauftragte.
Zuletzt war Robert Kaufmann im Spätsommer daran beteiligt, die Festlegungen für die Handläufe und Absturzsicherungen entlang der Rampen am unteren Marktplatz festzulegen. Die Barrierefreiheit für behinderte Menschen ist eine der Verbesserungen, die im stetigen Dialog mit den Betroffenen bei der Umgestaltung des unteren Marktplatzes erreicht wurde. „Um nicht nur die gesetzlichen Regelungen und entsprechenden DIN-Normen umzusetzen, sondern um auch die Betroffenen mit einzubinden, werden bei allen öffentlichen Bauvorhaben der Behindertenbeauftragte und der Arbeitskreis gehört und ihre Sicht in die Gestaltung miteinbezogen“, erläutert Bürgermeister Alexander Immisch.
Der Arbeitskreis Behindertenarbeit nimmt in Schwalbach die Funktion eines Beirates wahr und beschäftigt sich sowohl mit baulichen Aspekten der Barrierefreiheit, als auch mit dem Thema Inklusion. Er setzt sich zusammen aus Vertretern der Kirchengemeinden, der Arbeiterwohlfahrt, dem Sozialverband VdK, dem Diakonischen Werk, der Behinderten-Selbsthilfe, der Stadtverwaltung und dem Behindertenbeauftragten. Weitere Informationen zum Arbeitskreis Behindertenarbeit und weiteren Angeboten für Menschen mit Behinderung gibt es auf der städtischen Webseite unter schwalbach.de im Bereich „Bildung und Soziales“ unter der Rubrik „Menschen mit Behinderung“.
In Schwalbach leben, Stand Ende 2022, etwa 1.000 Personen mit einer leichten und rund 1.750 Personen mit einer schweren Behinderung. Ab einem Grad der Behinderung von 50 Prozent wird man als Schwerbehindert eingestuft. Bei etwa 15.500 Einwohnern betrifft dies knapp ein Fünftel der Bevölkerung. red