29. Februar 2024

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

Yandé Seck erzählt in ihrem Debütroman „Weiße Wolken“ von den Ambivalenzen, die wir im Kleinen wie im Großen aushalten müssen. Michael Jensen schildert in seinem Krimi „Blutiges Erbe“ die Zeit der Weimarer Republik aus einem ganz anderen Blickwinkel. In ihrem neuen Buch „Am Meer“ schreibt Elizabeth Strout die Geschichte von Lucy Barton weiter, ihrer feinsinnigen, von den Härten des Lebens nicht immer verschonten Heldin.

 

„Weiße Wolken“

Dieo lebt mit ihrem Mann Simon und drei Söhnen in einer schönen Altbauwohnung im Frankfurter Nordend. Sie leidet unter den unerfüllbaren Ansprüchen der Gesellschaft an sie als Mutter, vor allem aber ist es die ständige Kritik ihrer jüngeren Schwester Zazie an allem und jedem, die an ihren Nerven zerrt. Auch Simon, ein mittelalter weißer Mann und Angestellter in einem Finanz-Start-up, gerät immer wieder ins Visier seiner Schwägerin, die zunehmend an der rassistischen und sexistischen Gesellschaft verzweifelt.

Als der Vater der Schwestern, ein eigensinniger Nietzschefan, der vor mehr als vierzig Jahren aus dem Senegal nach Deutschland kam, unerwartet stirbt, gerät das mühsam kalibrierte Familiengefüge aus dem Gleichgewicht. Für die Beerdigung reisen die Schwestern in das Land ihres Vaters. Der Abschied wird für die beiden zu einem Neuanfang – in vielerlei Hinsicht.

Yandé Seck wurde 1986 in Heidelberg geboren und wuchs dort und in Frankfurt am Main auf, wo sie heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt. Sie arbeitet als Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, lehrt außerdem an der Uni Frankfurt und promoviert zu Mutterschaft, Migration und Psychoanalyse. „Weiße Wolken“ ist ihr erster Roman.

Yandé Seck: „Weiße Wolken“
Kiepenheuer & Witsch, 2024. 352 Seiten, 23 Euro.

 

„Blutiges Erbe“

Herbst 1925. Ein ungewöhnlicher Mord lässt Franz Sass und sein Syndicat aufhorchen. Auf dem Ufa-Gelände in Potsdam ist ein russischer Diplomat ermordet aufgefunden worden, ein Bekannter des Regisseurs Sergej Eisenstein, der gerade seinen Revolutionsfilm „Panzerkreuzer Potemkin“ abgedreht hat. Offenbar sind Spione in Berlin unterwegs, die nach dem „Roten Erbe“, dem Geld russischer Adeliger, suchen. Franz Sass wittert ein Geschäft – warum sollte nicht er sich um das Vermögen der russischen Exilanten kümmern? Doch nicht nur Susanne, die Frau an seiner Seite, sondern auch die anderen Mitglieder des Syndicats ahnen, in welche Gefahr er sich damit begibt.

Michael Jensen wurde im Norden Schleswig-Holsteins geboren. Im Hauptberuf ist er als Arzt tätig und interessierte sich früh für jüngere deutsche Geschichte und deren Folgen für die Nachkriegsgeneration. Für sein literarisches Schreiben hat er ein Pseudonym gewählt. Er lebt mit seiner Familie in Hamburg und im Kreis Schleswig-Flensburg.
Über die Sass-Brüder erschienen im Aufbau Taschenbuch bisher „Blutgold“, „Blutige Stille“ und „Blutiger Schnee“.

Michael Jensen: „Blutiges Erbe“
Aufbau Taschenbuch, 2024. 400 Seiten, 13 Euro.

 

„Am Meer“

Elizabeth Strout schreibt die Geschichte von Lucy Barton weiter, ihrer feinsinnigen, von den Härten des Lebens nicht immer verschonten Heldin. Mit ihrem Ex-Mann William sucht sie während des Lockdowns Zuflucht in Maine, in einem alten Haus am Meer. Eine unvergessliche Geschichte über Familie und Freundschaft, die Zerbrechlichkeit unserer Existenz und die Hoffnung, die uns am Leben erhält, selbst wenn die Welt aus den Fugen gerät.

Sie hatte es so wenig kommen sehen wie die meisten. Lucy Barton, erfolgreiche Schriftstellerin und Mutter zweier erwachsener Töchter, erhält im März 2020 einen Anruf von ihrem Ex-Mann – und immer noch besten Freund – William. Er bittet sie, ihren Koffer zu packen und mit ihm New York zu verlassen. In Maine hat er für sie beide ein Küstenhaus gemietet, auf einer abgelegenen Landzunge, weit weg von allem. Nur für ein paar Wochen wollen sie anfangs dort sein. Doch aus Wochen werden Monate, in denen Lucy und William und ihre komplizierte Vergangenheit zusammen sind in dem einsamen Haus am Meer.

Elizabeth Strout wurde 1956 in Portland, Maine, geboren. Sie zählt zu den großen amerikanischen Erzählstimmen der Gegenwart. Ihre Bücher sind internationale Bestseller. Für ihren Roman Mit Blick aufs Meer“ erhielt sie den Pulitzerpreis. „Oh, William!“ und „Die Unvollkommenheit der Liebe“ waren für den Man Booker Prize nominiert. „Alles ist möglich“ wurde mit dem Story Prize ausgezeichnet. 2022 wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Siegfried Lenz Preis ausgezeichnet. Elizabeth Strout lebt in Maine und in New York City.

Elizabeth Strout: „Am Meer“
Übersetzt von Sabine Roth
Luchterhand, 2024. 288 Seiten, 24 Euro.

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