7. Mai 2024

Schwalbacher Spitzen

Garten-Gedanken

von Mathias Schlosser

Warum bauen Menschen in Deutschland eigentlich ihr eigenes Gemüse an? In Lidls oder Rewes Garten herrschen schließlich geradezu paradiesische Zustände. Abends ist alles abgegrast und am nächsten morgen sind von A wie Avocados bis Z wie Zucchini alle Früchte dieser Welt wieder nachgewachsen. Und das alles zu Preisen, die den eigenen Gemüse-Anbau zu einem hoffnungslos ineffizienten Treiben degradieren. Die Radieschen aus dem eigenen Beet sind betriebswirtschaftlich schon teurer, wenn die Führungskraft aus dem Doppelhaus im Steinfeld zum ersten Mal die Gießkanne gefüllt hat.
Es muss also etwas anderes sein, das die Menschen in den Garten zieht. Vielleicht ist es die Illusion, dass man sich im Zweifel doch selbst versorgen kann. Oder es ist es das Wunder, dass aus einem kaum sichtbaren Samenkörnchen erst zartes Grün und dann ein prall gefüllter Tomatenstrauch wird – durchaus sinnstiftend für Menschen, die sonst nur auf flimmernde Bildschirme starren. Sie werden beim Blick ins Hochbeet im wahrsten Sinne des Wortes geerdet.
Wer allerdings den Blick zu lange auf die feine Krume richtet, stellt schnell fest, dass das Böse auch im Garten lauert. Ob Kohlrabi, Radieschen oder Mangold: Niemand ist sicher, schon gar nicht die zarten Kopfsalat-Babys, deren Leben endet, lange bevor sich ihr vorbestimmtes Schicksal mit Essig und Öl erfüllen kann. Kein Weißbier- oder Kaffeesatz-Ritual schützt vor der Macht des silbrigen Schleims. Im Garten hat der Teufel keine Hörner, sondern Fühler. Und der eben noch allmächtige Gärtner muss feststellen, dass er machtlos ist gegen einen Gottseibeiuns, der nicht einmal in der Hölle wohnt, sondern in einem kleinen, runden Häuschen, das er immer mit sich herumträgt.

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