Wenige Wochen vor Weihnachten 2023 verkündete der Vorstand der Continental AG auf einem Kapitalmarkttag seine Vorstellungen zur Neustrukturierung seiner Automotive-Sparte. Erst kurz vor Ostern äußerte sich Continental zu seinen Absichten und zur Aufgabe von Standorten. Davon betroffen sind nach den aktuellen Planungen der Continental AG die Standorte in den Städten Wetzlar und Schwalbach. Wetzlars Oberbürgermeister Manfred Wagner und sein Schwalbacher Amtskollege, Bürgermeister Alexander Immisch, beide SPD, üben deutliche Kritik an dem Agieren des Konzernvorstandes und den Verantwortlichen auf der Managementebene.
Von den Vorstellungen des Konzerns, wie man die Umsetzung dieser diskussionsbedürftigen Strukturentscheidung angehen wolle, was das für die einzelnen Mitarbeitenden bedeutet, welche Überlegungen es zu den Liegenschaften in Wetzlar und Schwalbach gibt, hüllt man sich in der Konzernzentrale bis zum heutigen Tage in Schweigen.
„Einwohnerinnen und Einwohner unserer Städte und aus der Region sind zugleich auch Arbeitnehmer von Continental, die sich mit den Zielen des Unternehmens bisher in hohem Maße identifiziert und zum Unternehmenserfolg beigetragen haben. Sie sind inzwischen mehr als verunsichert“, heißt es in der gemeinsamen Presseerklärung der beiden Stadtoberhäupter.
Und für viele Beschäftigte aus dem mittelhessischen Wetzlar sei auch heute schon klar, dass sie dem Arbeitgeber Continental nach Babenhausen oder Frankfurt nicht folgen würden. Damit wiederum gefährde Continental selbst Vorzeigeprojekte, wie „Aurora“, mit dem das autonome Fahren von Lastkraftwagen in den USA 2027 in Serie gehen solle. Werden die Zeitvorgaben verfehlt, dürften Schäden für Conti zu befürchten sein.
Manfred Wagner und Alexander Immisch erklären weiter: „Zunehmend müssen wir den Eindruck gewinnen, dass es Conti mit seinem Vorstand für die Automotive-Sparte, Herrn von Hirschheydt, in aller erster Linie um den Abbau von Arbeitsplätzen im Inland geht, während in den zurückliegenden Jahren international gut 5.000 Arbeitsplätze neu geschaffen wurden. Letztere benötigen nach unseren Informationen aber regelmäßig den Support von Beschäftigten der hiesigen Standorte.“
Die Senkung von Standortkosten werde als Begründung für den Restrukturierungsprozess immer mit ins Feld geführt, spiele aber bei genauerem Nachfassen keine wirkliche Rolle. So berichtete der Wetzlarer Oberbürgermeister einmal mehr von den Angeboten der Stadt an Conti, im Falle dessen klaren Bekenntnisses zu dem mittelhessischen Entwicklungsstandort durch Maßnahmen des Bauplanungsrechts und durch das Vermitteln von potentiellen Interessenten bei der Nachnutzung und Verwertung der seit Jahren leerstehenden und ungenutzten Hallen und Flächen nachhaltig zu unterstützen. Damit könnten massiv Standortkosten gesenkt werden. Allerdings müsse Conti aber auch seine Anlagenbuchhaltung auf Vordermann bringen, denn die Liegenschaften seien zu Werten geführt, an denen in der Vergangenheit eine Vermarktung gescheitert ist.
Schwalbachs Bürgermeister Alexander Immisch verweist auf die in der Vergangenheit stets gute Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Auf dem Weg, den Traditionsstandort zukunftsfähig weiterzuentwickeln, stehe man als Kommune auch weiterhin gerne als Gesprächspartner zur Verfügung. Darüber hinaus wirft er die Frage auf, ob und was Continental bisher unternommen habe, um mit dem Hessischen Wirtschaftsminister konstruktiv über Maßnahmen des Landes zur Sicherung der Standorte zu verhandeln. Nach seiner Einschätzung sei das Wirtschaftsministerium für Gespräche offen.
Abschließend betonen die beiden Stadtoberhäupter, dass Schwalbach und Wetzlar von der Continental AG ein Überdenken der Entscheidung erwarten, die ganz offensichtlich auch im Aufsichtsrat zunehmend kritisch gesehen wird. red