21. Juni 2017

Rund 30 Gäste lauschten einem geschichtsträchtigen Vortrag des AK WiTechWi

Vom Gaskrieg zur Gaskammer

Historiker Wolfgang Metternich, der langjährige Leiter des Archivs der Hoechst AG, sprach im Bürgerhaus über die Entwicklung und die Geschichte des Giftgases Zyklon B. Foto: AK WiTechWi

Dr. Wolfgang Metternich referierte im Rahmen der Reihe des AK WiTechWi über die Entwicklung und die Geschichte des Giftgases Zyklon B. Etwa 30 Zuhörer waren in den kleinen Saal des Bürgerhauses in Schwalbach gekommen, um sich über ein wenig angenehmes Thema der Geschichte informieren zu lassen.

Der Historiker Wolfgang Metternich, lange Jahre Leiter des Archivs der Hoechst AG, berichtete von den Anfängen des Gaskriegs im ersten Weltkrieg und wie damals eine Entwicklung begann, die später zum Einsatz von Zyklon B zur fabrikmäßigen Tötung von Gefangenen im Konzentrationslager Auschwitz führte. Fritz Haber, später Nobelpreisträger für Chemie, war im ersten Weltkrieg einer der Verantwortlichen für den Einsatz von chemischen Kampfstoffen. Nach dem Krieg war es Deutschland verboten, weiter Giftgase militärisch einzusetzen.
Trotzdem gab es geheime Pläne für eine erneute Aufrüstung Deutschlands, die auch den Einsatz von Chemiewaffen vorsahen. Hier war auch wieder Fritz Haber maßgeblich beteiligt. Zur Tarnung dieser Pläne wurde die „Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH“ (Degesch) gegründet. Unter Mitwirkung von Firmen des IG Farben Konzerns wurden Produkte entwickelt, die vordergründig den möglichst risikolosen Einsatz von Cyanwasserstoff oder „Blausäure“ zur Schädlingsbekämpfung zum Ziel hatten, insgeheim aber auch der Erforschung von Chemiewaffen dienten.
Zyklon B, ein Feststoff, der leicht Cyanwasserstoffgas freisetzen konnte, war ein Ergebnis dieser Arbeit. Cyanwasserstoff verhindert die Sauerstoffaufnahme im Blut und führt zum Tod durch Ersticken. Tatsächlich wurde dieses Produkt später während des zweiten Weltkriegs überwiegend zur Entlausung und Entwesung eingesetzt. Zwar wurden im zweiten Weltkrieg von Seiten der Wehrmacht keine Chemiewaffen eingesetzt, weil man befürchtete, der Gegner würde Gleiches tun. Trotzdem entdeckte die SS ab 1941 Zyklon B als ideales Mittel zur Massenvernichtung von Menschen.
Das überwiegend in den Dessauer Werken für Zucker und chemische Industrie produzierte Gift wurde hauptsächlich in Auschwitz Birkenau aber auch in anderen Konzentrationslagern zum Massenmord in Gaskammern verwendet. Wolfgang Metternich zeigte in seinem Vortrag, dass die Geschichte von Einsatz und Entwicklung von Giften zur Vernichtung von Menschen bis hin zu den Massenvergasungen in den Konzentrationslagern möglich war, weil Viele im Ausland, die von den Vorgängen wussten, die Augen vor dem Offensichtlichen verschlossen. Selbst nach dem zweiten Weltkrieg wurden Menschen, die diese Verbrechen durch die Produktion und Lieferung des Gifts ermöglichten oft nicht zur Rechenschaft gezogen.
Fritz Haber, der den Gaskrieg im Ersten Weltkrieg mit erfunden hatte, musste als Jude 1933 emigrieren und starb 1934. Wie aktuell diese Problematik ist, zeigen die Giftgaseinsätze im Syrien-Krieg.
Der nächste WiTechWi-Vortrag wird am 4. Oktober stattfinden. red

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