Mit einem Lächeln und einem freundlichen „Guten Tag“ entstehen schnell kleine Gespräche. Christian Schneider, der neue Schutzmann vor Ort, kennt langsam Schwalbach und seine Bewohner.
Schon seit 17 Jahren und somit fast die Hälfte seiner Lebenszeit ist der 35-Jährige, der in der Nähe von Wiesbaden wohnt, Polizist. Nach seinem Studium ging er zur Bereitschaftspolizei und auch für Asyl- und Integrationsaufgaben sowie Opferschutz war er schon zuständig. Seit Ende Oktober ist Christian Schneider Schwalbachs erster Schutzmann vor Ort.
E-Mails und Anrufe kann er auch unterwegs beantworten, daher sitzt er nicht nur in seinem Büro im ersten Stock des Rathauses, sondern läuft viel und gerne Streife – auch flexibel zu verschiedenen Tages- oder Nachtzeiten. Schließlich sei das „der beste Weg, mit den Leuten in Kontakt zu kommen“. Der Marktplatz ist sein Hauptgebiet, aber auch in Alt-Schwalbach kann man den Mann in Uniform antreffen. Er spricht mit den Leuten, versucht gegebenenfalls Ängste, Ärger oder schlechte Erfahrungen aufzugreifen.
Im vergangenen Jahr kam es in Schwalbach vermehrt zu Sachbeschädigungen. Laut aktueller Kriminalstatistik stieg die Zahl der Fälle wie berichtet innerhalb eines Jahres von 83 auf 128. Eine Menge Scheiben gingen zu Bruch, vor allem im Bereich des Marktplatzes. Es brannten Mülltonnen und flogen Steine. Auch bei verschiedenen Veranstaltungen wie beispielsweise dem Bad Sodener Weinfest kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Schwalbachern und Polizisten. Akzeptanz und Vertrauen gegenüber der Polizei sanken stark und damit auch das Sicherheitsgefühl der Bürger. In einer gemeinsamen Pressemitteilung gaben das Polizeipräsidium Westhessen und die Stadt Schwalbach Ende Juli den sogenannten „7-Punkte-Plan“ bekannt. Neben der Ausweitung der Videoüberwachung war auch die Einführung des Schutzmanns vor Ort Teil der beschlossenen Maßnahmen.
Ende Oktober nahm dann Christian Schneider seine Arbeit auf. Gut einen Monat später war er zudem mit einem Kollegen sechs Tage lang an den Schulen unterwegs um sich vorzustellen und über die vergangenen Geschehnisse und die zukünftig stärkeren Kontrollen zu informieren.
Für den gebürtigen Thüringer steht fest: Es handelt sich um „kein Ausländer-, erst recht um kein Flüchtlingsproblem“. Schwalbach stehe an Stelle 23 der Städte mit der größten Einwohnerdichte in Deutschland. Da sei einfach nicht viel Platz zum Ausbreiten. Verschiedene Herkünfte, Generationen und Weltanschauungen lebten hier auf engem Raum zusammen. Ganz klar, dass es da zu Konflikten komme. Die Sicherheitslage sei aber „guter Durchschnitt“, Schwalbach sei „nicht besonders unsicher“.
Gerade ältere Leute fühlen sich oft unwohl, wenn sie von den Vorfällen am Marktplatz hören, auch wenn sie selbst noch nie betroffen waren. „Schwalbach ist ein Dorf“, erklärt der Ordnungshüter, und die meisten Sorgen und Ängste entstünden erst in der Gerüchteküche.
Ob man Angst haben muss, abends alleine über den Marktplatz zu gehen? „Nein“, sagt Christian Schneider. Er fühlt sich jederzeit sicher in Schwalbach und möchte das auch den Bürgern vermitteln. Dabei hilft es ihm, auf ruhige Art und offen zu kommunizieren. Von Vorurteilen möchte er sich nicht einschränken lassen. Viele Straftaten entstünden durch gruppendynamische Prozesse, doch er glaubt an die Reflexion des Einzelnen.
Jugendräume hält er für eine gute Maßnahme, um der Raumnot entgegenzuwirken, aus der heraus viele Straftaten entstehen. Sie sollten im besten Falle sogar täglich geöffnet sein. Auch die Neueröffnung des Raums des Marokkanischen Kulturvereins und dessen Fußballangebot schätzt er. Dennoch sei wichtig, zu sehen, dass die meisten Auffälligen eher junge Erwachsene bis 30 Jahre seien.
Wenn er am Marktplatz seine Runden dreht und mit den jungen Leuten spricht, versucht Christian Schneider daher, Chancen und Perspektiven aufzuzeigen, statt zu verurteilen. Er plädiert für mehr Verständnis füreinander und bietet auch denjenigen, die schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben an, nochmals ins Gespräch zu kommen.
Von Ermittlungstätigkeiten ist er befreit. Vor allem möchte er Zeugen, die wirklich Vorfälle gesehen haben, Mut machen, auf die Polizei zuzugehen, denn nur so könne ein Strafverfahren eingeleitet werden.
Mittlerweile hat der neue Schutzmann vor Ort ein Gefühl für sein Revier – er kennt Gesichter, Namen und die meisten Straßennamen. Ob sein Einsatz erfolgreich ist, sei schwer zu beantworten: „Prävention ist nicht messbar.“ Das Sicherheitsgefühl der Bürger könne man nicht an Statistiken ablesen, aber er gäbe sich Mühe und habe Spaß an seinem Job.
Natürlich gibt es auch weniger spannende Tage. Wenn ein Schneesturm tobt, ist auch Christian Schneider nicht stundenlang draußen unterwegs. Zu seiner Sprechstunde in seinem Büro im Rathaus ist er aber immer montags, mittwochs und freitags verfügbar. Erst einmal ist er gespannt auf den Sommer, wenn wieder mehr Leute draußen unterwegs sind. Seine Stelle ist nicht befristet und wenn der Bedarf weiterhin da ist, wird er noch eine Weile in Schwalbach bleiben. Johanna Richter