14. November 2018

Leserbrief

„Ein neues öffentliches Wohnzimmer“

Zum Thema Vandalismus in Schwalbach erreichte die Redaktion nachfolgender Leserbrief von Peter alles. Leserbriefe geben ausschließlich die Meinung ihrer Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Wenn auch Sie einen Leserbrief veröffentlichen möchten, senden Sie ihn unter Angabe Ihrer vollständigen Adresse und einer Rückruf-Telefonnummer (beides nicht zur Veröffentlichung) an info@schwalbacher-zeitung.de.

Die Installation der vielen Überwachungskameras auf dem Marktplatz ist eine unzumutbare Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit und Kommunikationswünsche der ortsansässigen Dealer. Auch ihre Kunden und die lichtempfindlichen Geschöpfe, die nur nachts vor die Tür gehen können, lieben das nicht. Aber glücklicherweise wurde ein neues öffentliches Wohnzimmer gefunden, das in geschäftlicher Hinsicht sogar Vorteile bietet, da man hier besser vorfahren oder die Flucht ergreifen kann, wenn andere Gangs mit unfeinem Geschäftsgebaren oder gar grüne Männchen den Frieden stören wollen. Wobei letztere ja gerne ihr Kommen lautstark mit Sirene und Blaulicht ankündigen.
Auch topologisch ist das neue Wohnzimmer besser geeignet. Es bringt durch seine treppenartige Gestaltung natürliche Sitzgelegenheiten mit, die angrenzenden Büsche erleichtern die Entsorgung von Müll, der in großen Mengen anfällt, und die offene Umgebung trägt die nächtlichen Brüllgespräche so weit, dass auch die Nachbarschaft daran teilhaben kann. So ist es für viele interessant, einmal einen unterhaltsamen Abend ohne Fernseher verbringen zu können.
Daher kann man nicht verstehen, dass sich einige Anwohner hierüber aufregen oder sich nicht mehr trauen, die Treppe zu überqueren. Es ist doch schön, dass die freundlichen Herrschaften endlich eine gemütliche Bleibe gefunden haben. Nachdem es die Stadt bisher nicht geschafft hat, ihnen eine alternative Aufenthaltsmöglichkeit zu beschaffen, muss man doch stolz darauf sein, dass junge Leute ihr Schicksal noch selbst in die Hand nehmen und zu dieser großartigen Leistung fähig sind. Nur der freundliche, freilaufende Kampfhund scheint sich manchmal zu langweilen. Auch die neuerdings an der Treppe aufgestellte Mülltonne stört nicht weiter, da sie ja nicht geleert wird.
Wer einmal das Wohnzimmer besuchen möchte, ist bestimmt herzlich dazu eingeladen. Es ist auch sehr leicht zu finden. Es befindet sich an der Treppe zwischen der Wilhelm-Leuschner-Straße und den Hochhäusern der Julius-Brecht-Straße. Es wird allerdings gerne gesehen, wenn große Mengen alkoholhaltiger Getränke und kalorienbeinhaltender Plastikverpackungen mitgebracht werden. Besonders wohl werden sich auch Fakire fühlen können, denn die vielen Glasscherben der zerdepperten Wodkaflaschen laden zum Meditieren ein. Nur dummerweise gefällt es den Vierbeinern der Anwohner nicht, wenn ihre Pfoten beim Überqueren des Scherbenteppichs verletzt werden. Peter Alles, Schwalbach

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