Väter, die sich um Unterhaltszahlung drücken, verursachen jedes Jahr einen Schaden in Milliardenhöhe. Auch in Schwalbach gibt es zahlreiche Kinder, deren Väter ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.
Trennen sich Eltern, so muss der besserverdienende Teil – meist der Vater – Unterhalt für die gemeinsamen Kinder leisten. Zahlt er nicht, kann der alleinerziehende Elternteil einen „Unterhaltsvorschuss“ beim Jugendamt des Kreises beantragen. Der Vorschussbetrag variiert dabei je nach Alter und kann zwischen 160 Euro und 282 Euro monatlich liegen. Anspruch darauf haben Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.
Eine teure Angelegenheit, auch für den Main-Taunus-Kreis. Alleine für die Stadt Schwalbach wurde 2018 eine Summe von insgesamt 314.521 Euro aufgewendet, betroffen waren 132 Kinder. Da es sich um einen Vorschuss handelt, fordert der Kreis das Geld grundsätzlich von den Vätern zurück. Doch es gestaltet sich sehr schwierig, das Geld wieder zu bekommen. Mit gerade einmal 11,2 Prozent fällt die Rückzahlquote im Main-Taunus-Kreis sehr gering aus. So flossen 2018 aus den Schwalbacher Fällen nur 21.333 Euro wieder zurück in die Kassen. Auf die restlichen Außenstände wird – oft vergeblich – gewartet. Über mehrere Jahre hochgerechnet kommen so alleine für Schwalbach hohe sechsstellige Beträge zusammen. Ein Trost für den Kreis ist da nur, dass dieser am Ende nur 30 Prozent der Kosten übernehmen muss, denn die anderen 70 Prozent tragen der Bund und das Land Hessen.
In vielen Fällen können die säumigen Väter zwar tatsächlich nicht zahlen. Häufig ist aber der allgemeine Zahlungsunwille das Problem, denn bei genannter Rücklaufquote müssten ganze 90 Prozent der betroffenen Väter zahlungsunfähig sein. Bei einer deutschlandweiten Arbeitslosenquote von fünf Prozent sowie 16 Prozent männlichen Niedrigverdienern passt das statistisch gesehen kaum zusammen.
Experten gehen daher davon aus, dass die Väter mit Hilfe zahlreicher Tricks einer Zahlung für ihren Nachwuchs entgehen und die Kosten von mehreren tausend Euro pro Jahr so lieber der Allgemeinheit überlassen. „Die Väter werden teilweise sehr kreativ, wenn es darum geht, die Zahlung zu vermeiden“, berichtet Erster Kreisbeigeordneter Wolfgang Kollmeier (CDU). So gibt es Fälle, in denen Väter häufig den Wohnort wechseln, ohne sich umzumelden. Andere tauchen gleich im Ausland ab. Im vergangenen Jahr entstand für den Staat somit ein Schaden von rund zwei Milliarden Euro.
Der Kreis tut nach eigenen Angaben, was er nur kann. „Kein Fall bleibt unbearbeitet. Jedem Vater wird ausnahmslos nachgegangen“, betont Gert Nötzel, der Leiter des Jugendamts im Hofheimer Kreishaus. „Fälle, bei denen vorrübergehende Zahlungsunfähigkeit tatsächlich festgestellt wird, legen wir lediglich zur Seite und nehmen sie später wieder auf. In den wenigsten Fällen wird eine Forderung vollständig niedergeschlagen.“ So erwirkt der Kreis jedes Jahr zahlreiche Vollstreckungsbescheide gegen säumige Väter, mit denen er die Schulden dann – zumindest theoretisch – 30 Jahre lang eintreiben kann.
Die Rücklaufquote steigert das nur geringfügig. Und der Aufwand für die Wiedereintreibung der Gelder ist hoch. So fallen neben den Personalkosten unter anderem Gerichtskosten, Recherchekosten und vieles mehr an. Das führt laut Wolfgang Kollmeier dazu, dass sich die Schuldeneintreibung aus wirtschaftlicher Sicht in vielen Fällen nicht mehr lohnt. „Es handelt sich dabei ja auch um Steuergelder, mit denen wir sorgsam umgehen müssen.“
Keine Bestrafung
Die Chancen für den Kreis, das vorgelegte Geld wieder zurückzubekommen sind auch deshalb schlecht, weil die Väter bisher keine Strafen fürchten müssen. Zahlungsentzug sehen viele als Kavaliersdelikt an. Strafrechtlich wird er nicht verfolgt. Lediglich durch nachweisbare Falschaussagen im Verfahren macht man sich strafbar. Kurz: Wer falsch parkt, muss ein Bußgeld zahlen, wer seinem Kind den Unterhalt verweigert, hat nichts zu befürchten.
Für das Problem der geringen Rücklaufquote gibt es keine einfache Lösung. Wolfgang Kollmeier: „Eine Zusammenarbeit auf mehreren politischen Ebenen wäre ein guter Anfang. Denn wir als Kreis können auch nur in dem Spielraum agieren, den die Gesetzeslage zulässt.“ Es handle sich letztlich um eine gesamtgesellschaftliche Frage, wo die Grenze zwischen Kindeswohl, Gerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit gezogen wird. „Wenn alle zuständigen Organe der verschiedenen Ebenen sich gemeinsam an einen runden Tisch setzen würden, könnte effizient über mögliche Lösungsansätze diskutiert werden“, sagt der Sozialdezernent des Main-Taunus-Kreis.
Ein maßgeblicher Schritt dabei könne sein, den Druck auf Nicht-Zahler zu erhöhen. „Man könnte durchaus einmal darüber nachdenken, die Verweigerung des Unterhalts als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, so dass die Väter Konsequenzen für ihr Handeln zu befürchten hätten.“ Anna Groh