Was in Thüringen – und vielleicht sogar in ganz Deutschland – falsch läuft, konnte man am Sonntagabend in der ARD-Talkshow von Anne Will bewundern. Da droschen die Vertreter von CDU, SPD, FDP und Linken munter aufeinander ein, während Alice Weidel von der AfD ein genießerisches Lächeln aufsetzte und fast gar nichts sagte. Nicht die AfD zerlegt das bürgerliche Lager. Nein, das tut es selbst.
Statt tagelang über Geschäftsordnungsfragen aus der thüringischen Landesverfassung zu debattieren, hätten sich die Protagonisten in Erfurt und Berlin doch lieber einmal fragen müssen, warum eigentlich mehr als die Hälfte der Thüringer extremistische Parteien gewählt hat, obwohl es den Menschen doch eigentlich gut geht.
Die Antwort kann man sogar im Schwalbacher Bürgermeisterwahlkampf entdecken. Wie in der großen Politik versprechen die Kandidaten viel mehr als sie jemals halten können. Die Folge ist, dass die Menschen am Ende enttäuscht sind, selbst wenn die Politiker nach der Wahl eine ordentliche Arbeit abliefern.
Hinzu kommt, dass das ewige Niedermachen des jeweiligen politischen Gegners langfristig dazu führt, dass die Wähler das Gefühl bekommen, dass in den Parlamenten und Regierungen nur Dilettanten und Verbrecher am Werk sind, obwohl die weitaus meisten Politiker rechtschaffende Leute sind, die sich tatsächlich für das Wohl der Allgemeinheit einsetzen wollen.
Die SPD muss nicht nach links rücken und die CDU nicht nach rechts. Sie können genau da bleiben, wo sie sind, müssen aber hart und ehrlich daran arbeiten, ihre verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
12. Februar 2020