18. März 2021

Lesestoff

Die Neuübersetzung von Ted Lewis’ bereits 1980 erschienenem Roman „Schwere Körperverletzung“ führt uns in die britische Unterwelt der 1970er Jahre. Zoë Becks neuer Thriller „Paradise City“ ist in seiner Aktualität beklemmend. Das Kinderbuch „Flo, der Flummi und das Schnack“ präsentiert über vierzig Vorlesegeschichten, die in einem angenehmen Sinne modern und zeitgemäß sind.

 

„Schwere Körperverletzung“

George Fowler ist der Kopf eines weit verzweigten Londoner Unterweltimperiums. Pornografie, im Großbritannien der 1970er illegal, ermöglicht ihm unschätzbare Einnahmen; Gewalt und Korruption halten die Maschine in Gang. Dieses hochgefährliche Gemisch droht zu explodieren, als er herausfindet, dass einige seiner Leute in die eigene Tasche wirtschaften. Als die Situation trotz einiger Säuberungsaktionen weiter eskaliert, taucht er für eine Weile in Mablethorpe unter, einem langweiligen Kaff an der Küste, um aus der Schusslinie und aus den Schlagzeilen zu verschwinden. Dies scheint fürs Erste zu gelingen, doch wohin mit den grausamen Erinnerungen, wenn man zu viel Zeit zum Nachdenken hat? George Fowler legt sie auf Eis und gießt Scotch darüber – viel Scotch.

Ted Lewis‘ „Schwere Körperverletzung“ gilt auch heute noch als einer der brillantesten Kriminalromane. Er dringt in die Paranoia und den Wahnsinn der Londoner Unterwelt der späten 1970er ein und entfesselt eine faszinierende Geschichte von Macht, Liebe, Hybris und Verrat.

Ted Lewis wurde 1942 in Manchester geboren. Nach dem Krieg zog die Familie nach Barton-upon-Humber. Sein Englischlehrer, der britische Dichter und Schriftsteller Henry Treece, konnte Lewis in der Hull Art School unterbringen. Danach ging es in die Werbung und Lewis arbeitete als Animations-Spezialist, u.a. für den Beatles-Film „Yellow Submarine“. Sein erster Roman, „All the Way Home and All the Night Through“, wurde 1965 veröffentlicht. Sein internationaler Durchbruch erfolgte mit Get Carter, der, mit Michael Caine in der Hauptrolle verfilmt, zum Bestseller wurde und als Fundament der britischen Noir-Schule gilt. Ted Lewis starb überraschend im Jahr 1982.

Ted Lewis: „Schwere Körperverletzung“
Übersetzt von Angelika Müller
Pulp Master Verlag, 2020. 334 Seiten, 14,80 Euro.

 

„Paradise City“

Deutschland in der Zukunft. Die Küsten sind überschwemmt, weite Teile des Landes sind entvölkert, und die Natur erobert sich verlassene Ortschaften zurück. Berlin ist nur noch eine Kulisse für Touristen. Regierungssitz ist Frankfurt, das mit dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zu einer einzigen Megacity verschmolzen ist. Dort, wo es eine Infrastruktur gibt, funktioniert sie einwandfrei. Nahezu das gesamte Leben wird von Algorithmen gesteuert. Allen geht es gut – solange sie keine Fragen stellen.

Liina, Rechercheurin bei einem der letzten nichtstaatlichen Nachrichtenportale, wird in die Uckermark geschickt, um eine, wie sie glaubt, völlig banale Meldung zu überprüfen. Dabei sollte sie eigentlich eine brisante Story übernehmen. Während sie widerwillig ihren Job macht, hat ihr Chef einen höchst merkwürdigen Unfall, der ihn fast das Leben kostet, und eine Kollegin wird ermordet. Beide haben an der Story gearbeitet, die Liina versprochen war. Anfangs glaubt sie, es ginge darum, ein Projekt des Gesundheitsministeriums zu vertuschen, aber dann stößt sie auf die schaurige Wahrheit: Jemand, der ihr sehr nahesteht, hat die Macht, über Leben und Tod fast aller Menschen im Land zu entscheiden. Und diese Macht gerät nun außer Kontrolle.

Zoë Beck wurde 1975 geboren. Schule und Studium in Deutschland und England. Sie ist Schriftstellerin, Übersetzerin (u. a. von Amanda Lee Koe und James Grady), Verlegerin (CulturBooks), Synchronregisseurin für Film und Fernsehen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Zoë Beck zählt zu den wichtigsten deutschen Krimiautor*innen und wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Friedrich-Glauser-Preis, dem Radio-Bremen-Krimipreis und dem Deutschen Krimipreis, ausgezeichnet.

Zoë Beck: „Paradise City“
Suhrkamp Verlag, 2020. 280 Seiten, 16 Euro.

 

„Flo, der Flummi und das Schnack“

Was haben Juli Zeh, Olli Schulz, Feridun Zaimoglu und Paul Maar gemeinsam? Eine große Fantasie, eine tolle Sprache und einen Platz in „Flo, der Flummi und das Schnack“, dem Vorlesebuch für Kinder und Eltern, die sich nicht langweilen möchten.

„Nido“, die Zeitschrift für junge Familien, räumte Ausgabe für Ausgabe ein paar Seiten frei für Schriftsteller*innen und Musiker*innen, für beliebte und bekannte Künstler*innen, die eine Vorlesegeschichte für Kinder schreiben durften. Entstanden sind wundervolle moderne Märchen, mal lustig, mal nachdenklich, mal zum Träumen.

Sie handeln von Wollmäusen, vom König der Äpfel, vom Elefanten, der lesen lernen wollte, von langsamen Tigern, von Karl Sparka, der nicht malen kann, und von der Schildkröte Roswitha. Martina Liebig hat zu den Geschichten detailreiche Bildwelten geschaffen, die das Buch für sich genommen schon zu einem außergewöhnlichen Kunstwerk und zum perfekten Geschenk machen.

David Rupp (Hrsg.): „Flo, der Flummi und das Schnack“
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2020. 224 Seiten, 22 Euro.

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