16. Februar 2023

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

In ihrem neuen Roman „Liebes Arschloch“ nimmt sich Virginie Despentes der Themen unserer Zeit an: #MeToo und Social Media, Drogen, Machtmissbrauch, Feminismus. Marc Sinan erzählt in seinem Romandebüt „Gleißendes Licht“ eine Familiengeschichte voller Glanz, Tragik und Gewalt. In der Graphic Novel „Die Akte Kennedy“ zeichnen Erik Varekamp und Mick Peet den Aufstieg einer ganzen Familie in die höchsten Ränge der Weltpolitik nach.

 

„Liebes Arschloch“

Rebecca, Schauspielerin, über fünfzig und immer noch recht gut im Geschäft. Oscar, dreiundvierzig, Schriftsteller, der mit seinem zweiten Roman hadert, und Zoé, noch keine dreißig, Radikalfeministin und Social-Media-Aktivistin.  Diese drei, die unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen nach einem verunglückten Instagram-Post Oscars aufeinander. Wie? Digital. Und so entsteht ein fulminanter Briefroman des 21. Jahrhunderts, in dem alle wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit verhandelt werden. Rebecca, Oscar, Zoé, alle drei sind vom Leben gezeichnet, voller Wut und Hass auf andere – und auf sich selbst. Aber sie müssen erkennen, dass diese Wut sie nicht weiterbringt, sondern nur einsamer macht, dass Verständnis, Toleranz und sogar Freundschaft erlernbar und hin und wieder sogar überlebenswichtig sind.

Virginie Despentes, Jahrgang 1969, zunächst bekannt als Autorin der „Skandalbücher“ „Baise-moi – Fick mich“ und „King Kong Theorie“, hat sich spätestens mit ihren Vernon-Subutex-Romanen in den Olymp der zeitgenössischen französischen Schriftstellerei geschrieben. Despentes war mehrfach für den Prix Goncourt nominiert.

Virginie Despentes: „Liebes Arschloch“
Übersetzt von Ina Kronenberger und Tatjana Michaelis
Kiepenheuer & Witsch, 2023. 336 Seiten, 24 Euro.

 

„Gleißendes Licht“

Als der Berliner Komponist Kaan für einen längeren Aufenthalt nach Istanbul reist, wird er mit Gewalt auf die verschüttete Geschichte seiner Familie gestoßen. Deutlich und unerwartet überkommt ihn das Trauma seiner Großmutter, die durch den Völkermord an den Armeniern zur Waise wurde.

Kaan beginnt, sich zu erinnern: an seine Großeltern, sie Armenierin, er Türke, die in den Jahren der Republik unter Atatürk zu Wohlstand kamen, um am Ende doch alles zu verlieren. An seine Mutter, die ihre türkische Heimat für einen deutschen Mann hinter sich ließ. An seine eigene Kindheit, Besuche bei den Großeltern am Schwarzen Meer, die nach grünen Bohnen und salzigem Fisch schmeckten, nach der Wärme der Bağlama klangen und in den Farben der Wellen leuchteten. Und während Kaan erzählt, erfasst ihn ein Wunsch nach Rache. Und nach Vergebung.

Marc Sinan wurde 1976 als Sohn einer türkisch-armenischen Mutter und eines deutschen Vaters geboren. Er ist Komponist und Gitarrist. Täter und Opfer und Völkermord: darum geht es in Marc Sinans Werk, u.a. dem Musiktheater „Komitas“, der Konzertinstallation „Hasretim (Meine Sehnsucht) – eine anatolische Reise“ und dem Oratorium „Gleißendes Licht“. In seinem ersten Roman, der ebenfalls den Titel „Gleißendes Licht“ trägt, greift er diese Themen auf und verarbeitet sie zum ersten Mal literarisch. Marc Sinan lebt in Berlin.

Marc Sinan: „Gleißendes Licht“
Rowohlt Buchverlag, 2023. 272 Seiten, 24 Euro.

 

„Die Akte Kennedy 1: Ich werde Präsident“

Dies ist der Auftakt zu einer dreibändigen Reihe über den amerikanischen Kennedy-Clan. Lange bevor John F. Kennedy Präsident der USA wurde, begann sein Vater Joseph P. Kennedy seinen Einstieg in die Politik zu planen. Als Geschäftsmann fasste er den Plan, der erste katholische Präsident der USA zu werden. Doch Roosevelt fürchtete die Konkurrenz und entsandte ihn 1938 als Botschafter nach Großbritannien, wo er in die Wirren des Zweiten Weltkriegs hineingezogen wurde. Diese Comic-Reihe zeichnet den spannenden Aufstieg einer ganzen Familie in die höchsten Ränge der Weltpolitik nach. Spannend erzählt, historisch korrekt

Erik Varekamp und Mick Peet haben bereits Erfahrung mit historischen Stoffen gesammelt und setzen die Geschichte des Kennedy-Clans gekonnt als Comic um. Packend erzählt, aber immer auf Fakten beruhend, erzählen sie die Geschichte einer der schillerndsten Familien in der US-amerikanischen Politik. Abgerundet wird der Band mit einem ausführlichen historischen Nachwort, das die Ereignisse im Comic in einen größeren Zusammenhang einordnet.

Erik Varekamp & Mick Peet: „Die Akte Kennedy 1: Ich werde Präsident“
Carlsen Comics, 2023. 176 Seiten, 24 Euro.

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