7. März 2024

Die Buchtipps der Schwalbacher Zeitung

Lesestoff

Sex, Intrigen, gefährliche Langeweile und ein sehr tiefer Sturz in der City of London sind die Zutaten zu Jonathan Lees neuem Roman „Joy“. „Der Sohn des Friseurs“ von Gerbrand Bakker ist ein Buch über Sehnsucht, das Bedürfnis nach Nähe und die Notwendigkeit, die Grenzen des Bekannten zu durchbrechen. Katja Hoyer zeichnet in „Im Kaiserreich. Eine kurze Geschichte 1871 – 1918“ die Geschichte des Deutschen Kaiserreichs von seinen gewaltsamen Anfängen bis zu seinem verhängnisvollen Ende.

 

„Joy“

Joy Stephens‘ Leben lässt wenig zu wünschen übrig: Mit Mitte dreißig steht sie kurz vor der Ernennung zur Partnerin in ihrer Londoner Anwaltskanzlei, sie ist der Inbegriff einer erfolgreichen, attraktiven Karrierefrau und führt eine offene, aber verlässliche Ehe. Trotzdem bereitet Joy ihren Abgang bei Hanger, Slyde & Stein vor – bis sie bei ihrer Dankesrede vor aller Augen zehn Meter in die Tiefe stürzt. Hat ihr Anwaltskollege und Ex-Lover Peter etwas damit zu tun? Oder übt dieser funkelnde Glaspalast inmitten der flirrenden Lichter Londons einen ganz eigenen Abwärtssog aus?

Jonathan Lee, 1981 in Surrey, England, geboren, studierte Literatur, lebte eine Zeit lang in Südamerika und arbeitete sieben Jahre in einer Anwaltskanzlei in London. Inzwischen lebt er in New York, wo er sich nach Stationen bei renommierten Verlagen der Arbeit an Romanen und Drehbüchern widmet. Der „Guardian“ nennt Jonathan Lee „eine bedeutende neue Stimme der englischen Literatur“.

Jonathan Lee: „Joy“
Übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann
Diogenes, 2024. 384 Seiten, 25 Euro.

 

„Der Sohn des Friseurs“

Simon, Mitte vierzig, führt ein ruhiges Leben. Wie bereits sein Vater und Großvater ist er Friseur. Er möchte nicht unbedingt zu viele Kunden, und wenn er mal einen Espresso braucht, dann geht er rasch in seine Wohnung über dem Salon. Zwei Poster von Schwimmern an der Wand erinnern an seine Jugendhelden, und dreimal die Woche zieht er selbst Bahnen – Simon mag seinen unaufgeregten Alltag und wenn er zwischendurch eine Strähne Einsamkeit an sich entdeckt, dann stört ihn das nicht weiter.

Als einer der Stammkunden, ein Schriftsteller, sich für die Geschichte seines Vaters interessiert, wird auch Simon neugierig. Er hatte den Vater nie kennengelernt, weil dieser, wie es hieß, 1977 bei einem Flugzeugunglück auf Teneriffa ums Leben gekommen war. Aber warum weiß Simon eigentlich so wenig darüber? Und noch etwas anderes treibt ihn um: Als Simon seiner Mutter beim Schwimmunterricht für Jugendliche hilft, lernt er den stummen Igor kennen – und verliebt sich in ihn.

Gerbrand Bakker, 1962 in Wieringerwaard geboren, ist Autor und Gärtner, hin und wieder auch Eisschnelllauftrainer. Für seine Romane, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden, hat er zahlreiche Preise erhalten. Bakker lebt in Amsterdam und in der Eifel.

Gerbrand Bakker: „Der Sohn des Friseurs“
Übersetzt von Andreas Ecke
Suhrkamp, 2024. 285 Seiten, 25 Euro.

 

„Im Kaiserreich. Eine kurze Geschichte 1871 – 1918“

Vor 1871 war Deutschland noch keine Nation, sondern lediglich eine Idee. Otto von Bismarck stand vor einer gewaltigen Aufgabe. Wie sollte er neununddreißig Einzelstaaten unter das Joch eines einzigen Kaisers bringen? Konnte der junge europäische Staat nach seiner Vereinigung genug Macht ausüben, um es mit den Imperien Großbritanniens und Frankreichs aufzunehmen – ohne sich dabei selbst zu zerstören? In einer einzigartigen Erzählung über fünf Jahrzehnte, die den Lauf der modernen Geschichte veränderten, zeichnet Katja Hoyer die Geschichte des Deutschen Kaiserreichs von seinen gewaltsamen Anfängen bis zu seinem verhängnisvollen Ende. Ein Buch, das Geschichte auf brillante Weise zum Leben erweckt.

Katja Hoyer, geboren 1985, ging nach ihrem Geschichtsstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena nach England. Dort kommentiert sie u.a. für die BBC, den Telegraph und den Spectator geschichtliche und politische Themen. Heute forscht sie am King’s College London und ist Fellow der Royal Historical Society. Als Kolumnistin der Washington Post schreibt sie regelmäßig über deutsche und europäische Gesellschaft und Politik. Ihr erstes auf Deutsch erschienene Buch „Diesseits der Mauer“ war direkt ein Spiegel-Bestseller.

Katja Hoyer: „Im Kaiserreich. Eine kurze Geschichte 1871 – 1918“
Hoffmann und Campe, 2024. 272 Seiten, 26 Euro.

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