12. Juli 2024

Diskussion endet nach fünf Jahren – Rudolf Dietz und Julius Brecht verschwinden

Neue Straßennamen stehen fest

Johanna Tesch (links) und Nelly Sachs sollen die neuen Namensgeberinnen für die Julius-Brecht-Straße und den Rudolf-Dietz-Weg werden.

Nach fünf Jahren hat die Stadtverordnetenversammlung gestern Abend das Thema Straßennamen endgültig abgeschlossen. Auch für den Rudolf-Dietz-Weg und die Julius-Brecht-Straße wurden neue Namen gefunden.

Wie berichtet hatte die Stadtverordnetenversammlung im vergangenen Jahr beschlossen, die Namen von drei Schwalbacher Straßen zu ändern, weil diese nach Nazi-Sympathisanten benannt worden waren. Der ehemalige Hans-Bernhard-Reichow-Weg heißt bereits seit einigen Monaten wieder „Mittelweg“. Komplizierter war die Diskussion bei den anderen beiden Straßen. Hier gab es zahlreiche Vorschläge und Ideen, die nach langen Beratungen im Ausschuss für Bildung, Kultur und Soziales (BKS) in zwei von der SPD-Fraktion gestellten Anträgen mündeten. Danach soll der Rudolf-Dietz-Weg künftig Nelly-Sachs-Weg heißen. Die Julius-Brecht-Straße soll in Johanna-Tesch-Straße umbenannt werden. Nelly Sachs war eine deutsche Lyrikerin jüdischen Glaubens, die Anfang der 40er-Jahre vor den Nazis nach Schweden fliehen musste und die 1966 den Literatur-Nobelpreis bekam. Johanna Tesch war eine Frauenrechtlerin und SPD-Politikerin in der Weimarer Republik, die 1945 im Konzentrationslager Ravensbrück ermordet wurde. Beide Vorschläge wurde am vergangenen Donnerstag mit den Stimmen von SPD und Grünen angenommen, wobei es bei den Grünen auch Enthaltungen gab. CDU und FDP stimmten gegen den Antrag.

Vor der Entscheidung gab es noch einmal eine ausführliche Diskussion, bei der es allerdings weniger um die beiden neuen Namen ging, als um Grundsätzliches. SPD und Grüne betonten nochmals, dass es in der heutigen Zeit nicht gehe, dass NS-Sympathisanten und -profiteure durch Straßennamen geehrt werden. Da die meisten Straßen in Schwalbach nach Männern benannt sind, sollten die neuen Namensgeber Frauen sei. Außerdem sei es ein gutes Zeichen, die Nazi-Sympathisanten durch Nazi-Opfer zu ersetzen. Das sah die CDU anders. Jan Welzenbach stellte die sehr steile These auf: „Ehrungen macht man nur gegenüber Helden, nicht gegenüber Opfern“. Thomas Scherer stellte dann allerdings klar, dass die CDU sich nicht für Nazis einsetzen wolle, den Anwohnerinnen und Anwohner aber die Namensumstellung habe ersparen wollen. An der Namensfindung hatte sich die CDU-Fraktion nicht beteiligt.

Für die FDP monierte Stefanie Müller, dass die neuen Namen nicht in einem transparenten Prozess ermittelt worden seien. Auch die Grünen – die die Diskussion 2019 mit einem Antrag in Gang gebracht hatten – hätten sich gewünscht, dass die Anwohner der beiden Straßen in die Namensgebung stärker eingebunden worden wären. Das war allerdings vor Monaten am Widerstand von SPD und CDU gescheitert. An einem inoffiziellen Wettbewerb der Grünen hatten sich die Anwohner allerdings auch nicht beteiligt.

Nach der Entscheidung von gestern werden die beiden Straßen nun in den nächsten Monaten umbenannt. Das genaue Prozedere steht noch nicht fest. Die Stadtverordneten haben aber beschlossen, die betroffenen Anwohner zu unterstützen. MS

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